ZEITLOS (German Edition)
zusammen ergibt die Zukunft, nämlich dreizehn. Dies ist nur ein vereinfachtes Beispiel, wie aus Vergangenheit und Gegenwart Zukunft entsteht. Eine buchstäbliche Dreifaltigkeit, die auch in Ihrer Hauptreligion immer wieder betont wird.
Die Mayas haben das alte Wissen der vergangenen dreizehntausend Jahre in dreizehn Kristallschädeln konserviert, beginnend mit dem Zeitalter von Atlantis . Stark vereinfacht gesagt, handelt es sich darum, dass alle eintausend Jahre eine große Schädelzeremonie bei den Mayastämmen zelebriert wurde, in deren Verlauf besonders geweihte und ausgebildete heilige Personen mit ihrer Seele und mit Hilfe des gesamten Stammes ihren menschlichen Körper aufgaben, um als neue physische Existenz in den Kristallschädel einzugehen. So gesehen, speichern diese Schädel, die überwiegend aus Siliziumoxid bestehen, auch Bergkristall genannt, alles Wissen der vorangegangen Tausend Jahre.
Wir nennen diesen Stoff das Heilige Eis , weil es sehr spezielle Eigenschaften aufweist. Die moderne Technik könnte auf ihn zurzeit schwerlich verzichten, denn neunzig Prozent aller Computerchips bestehen zu großen Teilen aus eben diesem Heiligen Eis . In den Kristallschädeln werden jedoch nicht nur Erinnerungen an vergangene Geschehnisse, also Daten, gespeichert, sondern auch Gefühle, und das ist der Schlüssel, um auf die anstehende Zeitenwende vorbereitet zu sein. Die modernen Menschen müssen ihren Verstand mit ihrem Herzen paaren. Dieser Vorgang, den wir Initialisierung nennen, muss trainiert werden wie ein Muskel, deshalb bin ich hier, denn in dieser Gruppe herrscht ein starkes Potenzial und Markus hat durch die Beobachtung seiner eigenen Siliziumwechselwirkungen gezeigt, dass bei ihm bereits starke Grundvoraussetzungen vorliegen. Es bleibt kaum Zeit, deshalb muss das Initialisierungstraining vorangetrieben und möglichst umgehend begonnen werden.«
Alle sahen sich an, Unruhe machte sich breit, Fragen drängten und flogen nur so durch den Raum. Brayasil hob die Hand und sofort kehrte wieder Ruhe ein. »Bevor Sie Ihre Fragen stellen, möchte ich Sie mit einem dieser Kristallschädel bekannt machen. Er wird hier in Deutschland gehütet und heißt Corona de Luz. Bitte machen Sie Ihre Herzen weit und fühlen Sie Corona de Luz. Er stand auf und öffnete den Deckel des Aluminiumkoffers sehr langsam. Diesmal war Markus auf die Wirkung besser vorbereitet. Er kniff die Augen etwas zusammen und versuchte, sich auf sein Herz zu konzentrieren. Er konnte das Energiefeld sofort fühlen, es schien ihn zu durchfluten wie warme Meeresbrandung. Die anderen waren ebenso beeindruckt wie Birte und er gestern auch. Edelgard stand halb vornüber gebeugt am Tisch, Kerstin, den Koffer mit dem Kristallschädel ganz dicht hinter sich, erschauerte sichtbar, ihre Lippen schienen murmelnd irgendwelche unhörbaren Worte zu formulieren, Simons spöttischer Gesichtsausdruck wich schlagartig einem grenzenlosen Erstaunen. Nur Lars Hoefner schien unbeeindruckt. Fast teilnahmslos saß er da mit gesenkten Lidern.
Birte fasste Markus bei der Hand, und auch er fühlte jetzt, wie das warme Feld sich zu langsamem Pulsieren transformierte. Der Deckel stand weit offen, in dem dunkelblauen Samtbeschlag des Koffers schimmerte geheimnisvoll der Schädel im Lampenlicht. Fast schien es, als leuchtete er von innen heraus, aber das mochte eine optische Täuschung sein. »Bitte setzen Sie sich und fassen Sie sich nun an den Händen, so dass wir einen Kreis bilden. Fühlen Sie in Ihre Herzen hinein! Beobachten Sie, was mit Ihnen geschieht!« Sie taten es.
Brayasil nahm behutsam den Schädel aus seinem Samtbett und stellte ihn mittig auf den Tisch. Er stand nun direkt unter der Esstischlampe. Durch das von oben einfallende Licht schien er zu erschreckender Lebendigkeit zu erwachen. Auf seiner Stirn leuchtete nun sogar ein heller Fleck, das dritte Auge. Faszinierend!
Dann setzte sich Brayasil und ergriff die Hände von Kerstin an seiner Rechten und Markus zu seiner Linken. Damit schloss er den Kreis. Das Feld begann stärker zu pulsieren, niemand sagte etwas, nur das Atmen der Freunde war zu hören, das sich ebenfalls einander anglich und schließlich in völliger Harmonie war, als wären sie ein gemeinsamer Organismus, der da atmete. Markus sah zu Birte, sah, wie sich Tränen in ihren Augenwinkeln bildeten. Auch er kämpfte gegen das brennende Gefühl in seinen Schleimhäuten an, wusste aber zugleich, dass dieser Kampf aussichtslos war. Den
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