ZEITLOS (German Edition)

anderen erging es anscheinend ganz genau so. Es war, als bemächtige sich ihrer ein Gefühl von Zeitlosigkeit, ein starkes Empfinden von Frieden und tiefem Glück schien sich durch die Rückenmarkskanäle der Runde unaufhaltsam ihren Weg nach oben zum Scheitel-Chakra zu bahnen.
    Sehr genau verfolgte Brayasil die Wirkung in den Gesichtsausdrücken der Sitzenden. Lars begann, noch immer mit gesenkten Liedern, plötzlich einen leise klagenden Ton anzustimmen, ein unheimliches Geräusch, fast einem Summen gleich. Wie unter einem magischen Zwang hatten sie nun alle das drängende Gefühl mit einstimmen zu müssen. Der Ton, zunächst ganz leise, gewann an Stärke, er versetzte ihre Brustbeine in wohltuende Resonanz. Verursachten sie wirklich selber diesen Ton? Kam er von außen? Markus hörte, fühlte sich summen, sah es bei den anderen ebenfalls und es wurde  immer stärker, schien Harmonie und Resonanz mit dem pulsierenden Energiefeld um sie herum zu suchen und zu finden. Das Bild des Schädels auf dem Esstisch schwand vor Markus' Augen, er sah nun Meeresbrandung, weite türkisfarbene Meeresbrandung unter sich in unendlicher Gleichförmigkeit und völliger Harmonie zu ihrem gemeinsamen Atemrhythmus. Eine fahle Sonne stand über diesem Bild, er wünschte, sich der Sonne entgegen schwingen zu können und sah im gleichen Augenblick in seinen Augenwinkeln mächtige Schwingen, die sich entfalteten und ihn empor trugen, dem Licht entgegen. Ihm wurde wärmer, sein Herz fühlte sich heiß an, er wusste, dass er nicht allein war, er war Teil eines Ganzen, Größeren, ein Teil nur, aber unendlich wichtig, wie alle anderen Teile auch. Das Summen in seiner Brust verstärkte sich noch immer, schwoll an, heiße Tränen liefen ihm übers Gesicht, dann hörte er eine Stimme. Eine Stimme? Waren es Worte? Nein, es schien in seinem Kopf stattzufinden, die Ohren waren unbeteiligt. Er lauschte, es war eine fremde Sprache, seltsamerweise verstand er sie trotzdem:
    »Ich bin Coratscha, die Erste der Zwölf, die mir folgen. Höret was kommen und geschehen wird: Ein neuer Himmel und eine neue Erde werden geboren, ihr seid der Schlüssel. Schließt das Tor weit auf für die, die euch zu folgen bereit sind. Bewahrt euer Wissen und paart es mit der Weisheit eurer Herzen, die schon immer in euch ruhte, aber bisher verschüttet wurde. Verschüttet unter eurem erwachenden Intellekt. Doch euer Verstand ist nur ein Werkzeug, ihr seid viel mehr als euer Gehirn und euer Körper. Ihr werdet euch erinnern, wer ihr wirklich seid, von Anbeginn der Zeit an. Ihr seid Schöpfer und Erschaffene, zwei Seiten derselben  Medaille, ihr erschafft fortwährend, doch unbewusst. Ihr tretet nun in naher Zukunft in eine neue Bewusstheit ein, in ein  neues Gewahrwerden eurer selbst, das euch anfangs buchstäblich um den Verstand zu bringen droht. Deshalb müsst ihr euch vorbereiten, euch und die anderen, die euch begleiten werden. Es werden aber nicht alle sein, sondern nur die, die bereit sind, die alten Grenzen zu überwinden und neue Dimensionen zu erfahren. Es ist wichtig, dass ihr die Skepsis eures Verstandes, der euch bisher eingeredet hat, von allen und allem getrennt zu sein, zunächst beiseite lasst und nur der Stimme eures Herzen folgt. Diese Stimme kann nicht fehl gehen. Wenn ihr euer Herz weitet, dann werdet ihr Verbindung aufnehmen können zu den Herzen aller Menschen, allen Seins und zum Herzen eures gesamten Universums. Höret meine Worte und lasst euch führen. Gesegnet sei eure Liebe.«
    Die Stimme in seinem Kopf schwang hallend aus, das Feld schwächte sich ab, die Vision schwand, vor ihnen lag wieder der Schädel, jetzt jedoch bedeckt von einem gazeartigen Schleier, den Brayasil darüber gedeckt haben musste. Die Wirkung des Feldes war noch im Raum zu fühlen, jetzt aber nur noch schwach.
    Markus fühlte den Druck von Birtes Hand in seiner Linken, rechts hielt er noch immer die Hand von Brayasil. Hatte der ihn zwischendurch losgelassen, oder wie war der Schleier über Corona de Luz gekommen? Mystisch!
    »Nun, meine Freunde, habt ihr Coratscha gehört, die die Erste ist unter den Zwölf, die ihr folgten?« Alle nickten gleichermaßen mit ihren Köpfen, und nun ließen sie ihre Hände los und schauten sich verwirrt an.
     
     
     

09.04.2011; Samstag; 16:24 Uhr/MEZ; Eckernförde; nördl. Ortsrand; Schnaaper Aue
     
     
    Aufregende Monate lagen hinter ihnen. Markus musste bei dem Gedanken an die erste Zusammenkunft der Freunde mit Brayasil lächeln. Zu