Zeitlos
dass er bei seiner Internetrecherche auf die Kristallschädelmythologie der Mayas gestoßen war. Das war das Stichwort für Brayasil, an den er nun übergab. Dessen schwarze Kohlenaugen hatten bereits zuvor einen nach dem anderen in der Runde lange taxiert.
»Dieses hier ist unsere erste von, wie ich hoffe, vielen Zusammenkünften, die folgen werden. Ich gehöre zum Stamm der Pipiles, einem Unterstamm der Tolteken, dessen Vorfahren die Mayas sind. Das Wort Maya heißt übersetzt: die, deren Heimat jenseits von Raum und Zeit liegt. Wir, die heutigen Nachfahren der Mayas, sind in 440 Stämmen untergliedert, die jeweils einen Ältesten zum Großen Ältestenrat der Mayas abordnen, der somit aus 440 Mitgliedern besteht und zentrales Sprachrohr und Koordinator für alle Stämme ist. Ich gehöre diesem Rat an und bin in einer Mission hier, die dringlich ist. Nach mehr als einem halben Jahrtausend erheben wir vom Großen Maya-Rat das erste Mal wieder öffentlich unsere Stimme um aller Welt mitzuteilen, dass wir nach unserem Jahrtausende alten Kalender kurz vor dem Ende einer Epoche stehen, die in den alten Prophezeiungen als das Ende der Zeit beschrieben wird. Es ist wichtig, dass alle Kulturen dieser Welt wissen, worum es geht. Dazu möchte ich Ihnen nun eine kurze Einführung geben.« Er hatte die Worte mit Bedacht gewählt und während seiner Rede niemanden mehr angesehen, vielmehr sprach er diese ersten Sätze mit nach innen gekehrtem Blick mit monotoner, fast singender Stimme, die deutlich höher als seine Sprechstimme klang. Es war, als lausche er dabei einer inneren Eingebung, die er lediglich übersetzte.
Markus konnte in den Gesichtern der Freunde vielerlei Regungen entdecken, von spöttischer Belustigung bei Simon, über kritischer Skepsis bei Kerstin, gespannter Aufmerksamkeit bei Edelgard Vanheugen und abwartender Aufgeschlossenheit bei Lars Hoefner. Birtes Gesicht zeigte Unbehagen, gepaart mit Furcht. Er kannte sie zu gut, als dass er ihre Stimmung nicht sofort intuitiv einzuschätzen gewusst hätte.
Ohne weitere Geste nahm der Gast seine monotone Singsang-Rede wieder auf, man musste sehr konzentriert sein, um alles zu verstehen. »Wie Sie alle wissen, stehen wir davor, in ein neues Zeitalter einzutreten. Die westlichen Kulturen sprechen vom Eintritt in das Zeitalter des Wassermannes . Es ist ein Zeitalter, das große Veränderungen bringen wird, daher ist es erforderlich, dass die Menschen auf dieser Erde wissen, was geschehen wird, damit sie nicht vor Angst und Furcht sterben, sondern sich auf diesen Übergang vorbereiten und ihn in gelöster Freude erwarten. Nun ist es so, dass dieser Vorgang für die Mayas ein altvertrauter ist. Da er periodischer Natur ist, haben wir diese Epochen schon viele Male erlebt. Man muss aber wissen, dass es sich um sehr lange Zeitperioden handelt, über die wir hier sprechen. So dauert es rund 26000 Jahre bis ein Zeitalter in ein anderes übergeht. Um auf das, was schon begonnen hat, vorbereitet zu sein, bedarf es aber des Wissens der alten Kulturen, um zu verstehen. Durch den Einfall der spanischen Conquestadoresas wurde bei den Mayanachkommen das alte überlieferte Wissen immer mehr zurückgedrängt. Es ist nicht mehr so einfach wieder herzustellen. Es gibt jedoch einen letzten Weg, den die weisen Führer unserer Ahnen ersonnen und vorausgesehen haben, der uns nun in die Lage versetzen wird, uns dieses alten Wissensschatzes wieder zu erinnern. Das ist wichtig! Nur durch das Erinnern des alten Wissens, gepaart mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen der heutigen Zeit, wird es den Menschen möglich sein, sich vorbereitet auf die nun folgende nächst höhere Bewusstseinsstufe der Menschheit zu begeben.
Alles was wir jetzt als normal und alltäglich betrachten, wird nach dem Übergang dramatisch verändert sein. Alte Weisheit und modernes Wissen müssen sich paaren, gehören zusammen, sind keine Gegensätze, wie viele bisher annahmen. Wir kennen das aus der Natur, die Wissenschaft nennt es die Fibonacci-Zahlenreihe, nach deren Gesetzmäßigkeit zum Beispiel die Sumpf-Schafgarbe oder Kieferzapfen wachsen. Zuerst ist bei der Schafgarbe ein Blütenblatt da, dann folgen zwei, dann drei, dann fünf, dann acht, dann dreizehn, einundzwanzig und so weiter. Woher weiß die Pflanze, wie viele Blütenblätter als nächstes aufgebaut werden müssen? Sie erinnert sich, dass in der Vorgeneration zum Beispiel fünf Blätter ausgebildet wurden und dass danach acht gebildet wurden. Beides
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