Zeitlos
gut erinnerte er sich ihrer Verblüffung, nachdem Coratscha das erste Mal aus dem Kristallschädel zu ihnen gesprochen hatte. Brayasil war klug genug ihnen ausreichend Zeit zu geben, um diese neue und für ihre westlich konditionierten Gehirne ganz und gar ungewöhnliche Erfahrung verarbeiten zu können.
Es stellte sich in der anschließenden Diskussion heraus, dass alle dieselbe Vision hatten, alle hörten diese merkwürdige, körperlose Stimme, die sich einer ihnen unbekannten Sprache bediente. Trotzdem verstanden sie die Botschaft und wurden von denselben Gefühlen überwältigt.
Von dem Kristallschädel ging eine mysteriöse Kraft aus, die es ihnen erlaubte, sich in der Gruppe vollständig zu harmonisieren und aufeinander einzustellen. Corona de Luz wirkte wie ein Katalysator. Brayasil erklärte ihnen, dass schamanisch ausgebildete Personen dieses Katalysators nicht bedurften um Gruppenbewusstsein zu erzeugen.
Diese Kundigen verstanden es mithilfe spezieller Zeremonien Vernetzungen zu allem was ist herzustellen, weil nach ihrer Überzeugung hinter jeder sichtbaren Erscheinung der Natur eine Geisteskraft beziehungsweise Wesenheit stand, die von diesen Personen kontaktiert und um Rat gefragt werden konnte. Eine Ausbildung zum schamanisch Wirkenden dauerte jedoch Jahrzehnte.
Am längsten hatte Lars Hoefner gebraucht um seine anfängliche Skepsis zu überwinden. Er glaubte bis heute nicht, dass er damals mit dem Summen angefangen hatte. Er erinnerte sich lediglich daran, sich wie in Trance gefühlt zu haben und aufgewühlt von etwas gewesen zu sein, das ihm sehr vertraut vorgekommen war. Er konnte sich jedoch partout nicht genauer erinnern.
Brayasil tauchte von da an fast wöchentlich mit dem Leihwagen bei ihnen auf, um sie zu instruieren. Fliegen kam mit dem Schädel nicht infrage, wegen der Durchleuchtungsgeräte auf den Flughäfen. Er ließ es offen, ob die Strahlung dem Schädel Schaden zufügen konnte oder ob er neugierigen Fragen der Sicherheitsleute entgehen wollte.
Ihre Zusammenkünfte fanden unregelmäßig und an wechselnden Orten statt, oft in freier Natur. Sie gewöhnten sich sogar an das Schlagen seiner Trommel, die nicht selten von Tanz und dramatischen Beschwörungen Brayasils begleitet wurden.
Die größten Probleme mit diesen Zusammenkünften hatte Kerstin, die als Pastorin ständig mit einem schlechten Gewissen hinsichtlich ihres Glaubens kämpfte, den sie vor den Menschen ihrer Borbyer Kirchengemeinde vertrat. Es bedurfte einiger Zeit bis sie diesen inneren Kampf mit dem Widerspruch schließlich dadurch auflösen konnte, indem sie sich eingestand, noch niemals zuvor in ihrem Leben derart starke Wirkungen metaphysischer Art erlebt zu haben.
Lange drei Monate brauchte die Gruppe, bis es erstmalig gelang, einen sichtbaren Beweis für die gezielte Erhöhung ihres Wahrnehmungsvermögens durch Weiten ihrer Herzchakren zu erbringen. Markus erinnerte sich so lebhaft daran, als sei es gestern gewesen:
Mit Hilfe Coratschas gelang es ihnen, das Vitalfeld eines in ihre Gruppenmitte gestellten Ficus Benjamini wahrzunehmen. In ihrem erweiterten Bewusstseinszustand, in den Brayasil sie durch den monotonen Klang seiner Trommel versetzte, konnten sie das fluoreszierend wirkende Feld, das die Pflanze umgab erkennen – ja, es war ihnen sogar möglich, die gestärkte Vitalenergie buchstäblich zu sehen, wenn sie dem Benjamini mit aller Inbrunst liebevolle Gedanken widmeten. Es war unglaublich schön, und es erschien ihnen so, als ob die Kraft ihrer liebevollen Gedanken wie ein Echo auf sie alle zurück fiel.
Wieder und wieder erklärte Brayasil die Wirkungen dieser Energiemuster, die wie ein Spiegel auf alles Bewusstsein reagierten. Kerstin fiel dazu ein Satz aus der Bibel ein: Was ihr säet, werdet ihr ernten! Alle nickten zustimmend.
Markus gestand sich ein, dass sein wissenschaftlich geschulter Verstand sich sicher niemals auf diese obskure Geschichte eingelassen hätte, wenn nicht Coratscha aus dem Kristallschädel solch unerhörte Wirkungen auf sie alle gehabt hätte. Den anderen erging es ähnlich wie ihm, außer Edelgard, die sich schon seit langer Zeit mit fernöstlichen Meditationstechniken befasste und sich allen esoterischen Fragen mit Hingabe widmete. Eine ihrer erklärten Lieblingsautorinnen war Dr. Elisabeth Kübler-Ross und sie sah sich nun in ihrer aufgeschlossenen Geisteshaltung bestätigt. Sie schwärmte von ihren neuen Erfahrungen und riss die anderen der Gruppe mit ihrer
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