Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
die Tachyonenwelle signifikante Wirkung auf das ganze Universum. Aber wie konnte man dann feststellen, dass es geschehen war? Was war das erkennbare Merkmal? Wie fand das Universum einen Weg, das Paradox aufzulösen? Sie wussten, sie hatten die Vergangenheit erreicht – Peterson hatte es bewiesen. Aber was konnte sonst noch geschehen?
Markham spürte, wie ihm schlagartig eine Einsicht kam. Wenn das Universum ein im Ganzen verknüpftes System war, ohne den klassischen Beobachter, der die Wellenfunktion zusammenbrechen ließ, dann brauchte die Wellenfunktion gar nicht zusammenzubrechen. Sie …
Ein heftiger Ruck. Überrascht schaute Markham hinaus und sah den Erdboden sich plötzlich drehen. Vor ihm lagen die eintönig grünen Felder Marylands. Unter den Tragflächen flog ein Waldstück vorbei. Stimmengewirr im Passagierraum. Schreie. Ein kratzendes Surren. Der Wald jagte vorbei. Die Bäume waren scharf umrissen, präzise, von der Klarheit guter Ideen. Er sah sie vorbeirasen, während das Flugzeug ganz leicht wurde, ein Spinngewebe aus Metall, das mit ihm hinabstürzte, stumme Materie, von der gekrümmten Geometrie der Schwerkraft angezogen. Skrieeee . Im schräg hereinfallenden Sonnenlicht waren die Bäume bleiche Stäbe, auf jedem von ihnen explodierte eine grüne Kugel. Immer schneller jagten sie vorbei, und Markham dachte an ein Universum mit einer einzigen Wellenfunktion, die in die neuen Zustände des Seins zerstob, als sich in ihr ein Paradox wie der Kern einer Idee bildete … Wenn die Wellenfunktion nicht zusammenbrach … Welten lagen vor ihm, und Welten lagen hinter ihm. Ein peitschendes Krachen, und plötzlich sah er, was hätte geschehen müssen.
32
Langsam wachte Peterson auf. Er hielt die Augen geschlossen. Sein Körper signalisierte ihm, sich nicht zu bewegen, aber er konnte sich nicht erinnern, wieso. Um ihn herum das Summen von Bewegungen, unterdrückte Stimmen, irgendwo in der Ferne ein metallisches Klappern. Kurz öffnete er die Augen, sah weiße Wände, eine verchromte Stange. Wirbelnde Benommenheit. Jetzt fiel ihm ein, wo er war. Behutsam erkundete er seinen Körper. Ein taubes, wattiges Gefühl. Sickernder, kalter Schmerz. Die Stange an der Seite des Bettes verschwamm. Zuckend drehte er den Kopf und sah eine Flasche über sich hängen. Er versuchte, den Röhrchen mit den Augen zu folgen, es gelang ihm aber nicht. Irgendetwas steckte in seiner Nase. Ein auf seinen Arm geklebtes Röhrchen juckte, als er sich bewegte. Er versuchte, die Krankenschwester zu rufen. Aus seiner Kehle drang ein röchelndes Krächzen.
Sie hörte ihn trotzdem. Ein rundes Gesicht mit einer Brille und einer weißen Haube sprang in sein Blickfeld.
»Nun, werden wir wach? Das ist gut. Jetzt wird es Ihnen besser gehen.«
»Kalt …« Er schloss die Augen, spürte, wie Decken um ihn festgezurrt wurden. Der Pfropfen in seiner Nase wurde entfernt.
»Können Sie ein Thermometer im Mund halten?«, fragte die helle Stimme. »Oder sollen wir es am anderen Ende versuchen?«
Er blinzelte sie an, verfluchte sie insgeheim.
»Mund …« Seine Zunge fühlte sich pelzig und geschwollen an. Etwas Kaltes glitt in seinen Mund. Kühle Finger griffen um sein Handgelenk.
»Na also, es geht schon besser. Sie gehören noch zu den Glücklichen. Haben eine Dosis Infalaithin-G bekommen, bevor es ausbrach.«
Er runzelte die Stirn. »Noch mehr?«
»O ja«, sagte sie munter. »Wir sind überfüllt. Keine Betten mehr frei. Sie bringen sie jetzt schon in die Ambulanz. Die wird auch bald voll sein, wette ich. Sie haben ein Einzelzimmer, aber Sie sollten mal das Stöhnen auf Station E hören. Sechzig Betten haben sie da. Alle dieselbe komische Lebensmittelgeschichte wie Sie. Aber meist schlimmer. Wie gesagt, Sie haben noch Glück gehabt. So, und jetzt ist Zeit, dass Sie etwas essen.«
»Essen?«, fragte er entsetzt. Die Erinnerung an seine letzte Mahlzeit mit Laura ließ Übelkeit in ihm aufsteigen. »Schwester!«
»Müssen Sie sich erbrechen?« Sie klang so heiter wie immer. Geschickt brachte sie die nierenförmige Schale unter seinem Kinn an und stützte seinen Kopf. Er würgte. Grünlicher Schleim rann über sein Kinn und hinterließ einen bitteren Geschmack in seinem Mund. Sein Magen schmerzte höllisch.
»Nichts mehr drin, sehen Sie. So, und jetzt bleiben Sie ganz ruhig liegen und regen sich nicht mehr auf!«
»Sie sagten ›essen‹«, keuchte er vorwurfsvoll.
Sie lachte vergnügt. »Ja, das habe ich, aber ich habe nicht Essen
Weitere Kostenlose Bücher