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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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brachte. Das war die Welt des Menschen. Nur das kindliche Spiel unendlicher Ebenen und glatter Körper, einer faltenlosen Realität, warf ein Netz tröstlicher Ordnung, unendlicher Bahnen, harmonischen Lebens. Es war immer erforderlich, sich aus dieser Zerrbildwelt zurückzuziehen, indem man heitere Fluchten in einen ehrbaren, sich ergebenden Stil kleidete. Aber das hieß nicht, dass man, wenn die Aufsätze im Kostüm ihrer Begrifflichkeiten und germanischen Manierismen erschienen, nicht an jenem anderen Ort gewesen war, jenem Ort, von dem man selten sprach.
    Er hielt in der komprimierten Stille inne und fuhr dann fort.
    Entrückt fragte er sich, ob seine erste Vermutung richtig war: Die neuen Wickham-Gleichungen erlaubten keinen Weg aus dem Paradox hinaus, weil das ganze Universum in das Experiment einbezogen war. Die Konsequenz aus der Bildung der stehenden Welle war, Tachyonen in der Zeit vor und zurück zu senden, ja, aber auch, sie mit Überlichtgeschwindigkeit durch das ganze Universum zu verbreiten. Im Nu erfuhr jedes Materiestück im Universum von dem Paradox. Die Gesamtstruktur der Raumzeit wurde innerhalb eines Moments zu einem Stück verwoben. Das war das neue Element der Tachyonen; vor ihrer Entdeckung hatte die Physik angenommen, Störungen in der Raumzeit-Metrik müssten sich mit Lichtgeschwindigkeit nach draußen fortpflanzen.
    Markham bemerkte, dass er vorgebeugt saß und mathematische Aussagen über diese Ideen niederschrieb. Sein Rücken durchbohrte ihn mit kleinen, glühenden Messern. Seine schreibende Hand protestierte mit einem angenehmen Schmerz. Er lehnte sich zurück, kippte die Lehne des Sitzes. Unter ihm lag die schiefergraue Ebene des Ozeans wie eine riesige Tafel für Gottes müßige Gleichungen. Ein Frachter pflügte durchs Wasser, sein silbrig schimmerndes Kielwasser krümmte sich mit den Meeresströmungen. Sie näherten sich Dulles International in einer sanften, langen Parabelbahn.
    Markham lächelte entspannt müde. Die Probleme ergriffen einen Menschen und trugen ihn fort, unbeeinflusst von Strömungen. Gab es eine Möglichkeit, das Paradox aufzulösen? Intuitiv wusste er, dass dort der Kern der Physik lag; der Beleg, dass man die Vergangenheit auf exakte Weise erreichen konnte. Petersons knappe Notiz aus der Bank bewies, dass etwas geschehen war. Aber was?
    Markham rutschte unruhig in dem engen Sitz. Fliegen wurde wieder zum Transportmittel der Reichen, diesmal nur ohne die kleinen Annehmlichkeiten. Dann steuerte er seine Gedanken wieder von den Mahnungen einer mitleidslos realen Welt fort. Das Problem war nicht gelöst, und er hatte noch Zeit.
    Aber ist das Paradox überhaupt zu entscheiden?, dachte er. Der deutsche Mathematiker Gödel hatte aufgezeigt, dass selbst einfache arithmetische Systeme Dinge enthielten, die wahr, aber unbeweisbar waren. Man konnte nicht einmal belegen, dass die Arithmetik selbst in sich logisch sei – das heißt, keine Paradoxe enthalte. Gödel hatte die Arithmetik dahin gebracht, sich in ihrer eigenen Sprache zu beschreiben. Er hatte sie in ihre eigene Schachtel gesteckt, sie davon entbunden, sich stets durch Bezug zu den Dingen draußen selbst zu beweisen. Und das galt für die Arithmetik, das simpelste logische System, das man kannte! Was war mit dem Universum, durchbohrt von Tachyonen, die sich durch das Gewebe der Raumzeit wanden? Wie konnten alle Schnörkel auf allen gelben Blöcken in der Welt dieses gewaltige Gewebe in die alten Schachteln von Ja/Nein, Richtig/Falsch, Vergangenheit/Zukunft stecken? Markham entspannte sich in wohliger Wärme. Das Flugzeug neigte sich der Erde zu.
    Die Frage, die ständig an ihm nagte, ob Renfrew überhaupt eine Botschaft absenden musste, um ein Paradox zu erzeugen. Tachyonen wurden dauernd durch Kollisionen hochenergetischer Teilchen produziert – so waren sie ja entdeckt worden. Wieso erzeugten diese natürlichen Tachyonen kein Paradox? Er kam ins Grübeln. Das Flugzeug neigte sich noch mehr, vermittelte die Illusion, mit baumelnden Beinen am Rand eines Abgrunds zu sitzen. Natürliche Tachyonen … Die Antwort musste lauten, dass es eines minimalen Impulses bedurfte, ein Paradox auszulösen. Ein kritisches Volumen der Raumzeit musste angestoßen werden, und dann würde die Störung sich sofort mit ausreichender Amplitude nach draußen fortpflanzen. Man konnte die Vergangenheit willkürlich verändern, ja, solange man keine Paradoxe mit breiter Amplitude schuf. Sobald man die Schwelle überschritten hatte, hätte

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