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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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verdammte Zeug eingefangen. Im menschlichen Verdauungstrakt richtete es bei allen möglichen metabolischen Prozessen Unheil an – oft tödlich, wenn man es nicht behandelte.
    Niemand wußte, welche schwieriger erkennbare Sekundäreffekte sich in der Nahrungskette ergeben konnten. Die Biologen prophezeiten eine düstere Zukunft.
    Hinzu kam, daß die Wolken die Blüte so schnell verbreiteten. Jetzt erschienen im Nordatlantik die ersten rötlichen Punkte.
    Mit erstaunlicher Energie organisierte Sir Martin die Mittel des Rats, aber selbst er schien ernsthaft besorgt. Sie hatten es mit einem sich exponential entwickelnden Prozeß zu tun, und niemand wußte, wo der Sättigungspunkt lag.
    Zum letztenmal blickte Peterson sich in dem Zimmer um. Hier war jedes Detail auf seine Gewohnheiten zugeschneidert, von den eleganten, akkordeongleichen Schuhregalen bis zu der kunstvoll zusammengestellten Bücherwand mit ihrem verborgenen Kommunikationszentrum. Wirklich schade, das aufzugeben. Aber es kam darauf an, vor dem großen Ansturm aufzubrechen und dennoch einen plausiblen Grund zu haben, dem Rat einige Tage fernzubleiben. Genesungskur in einer Landklinik, das klang gut. Sir Martin hatte ihn einen langen Augenblick prüfend angeschaut, als Peterson seine Abreise ankündigte, aber das war ein unvermeidliches Risiko. Wahrscheinlich verstanden die beiden Männer einander ziemlich gut. Schade, daß die Dinge sich zwischen ihnen nicht besser entwickeln konnten, dachte Peterson und öffnete vorsichtig die Schlafzimmertür.
    Ein Rücken, jemand, der nach dem Gang zur Toilette wieder auf dem Weg nach unten war. Peterson wartete, bis der Mann durch die Marmorhalle verschwunden war. Mit den Schultern stieß er die Tür auf und trug die beiden Koffer durch den Korridor zur Treppe. Herrgott, waren die schwer. Er hatte die Möglichkeit nie erwogen, daß er krank sein könnte, wenn er diesen Schritt ausführen müßte.
    Mit leisen Schritten ging er die Treppe hinab, vor jeder Stufe prüfte er genau sein Gleichgewicht. Sorgfältig setzte er Fuß vor Fuß. Die Treppe war ungeheuer lang. Er begann zu keuchen. Plötzlich klang lateinamerikanische Musik in blecherner Fülle auf, überflutete seine Ohren und zerstörte seine Konzentration. Aus den Augenwinkeln nahm er eine Bewegung wahr. Ein Mann und eine Frau, die aus dem Salon kamen. Die letzten drei Stufen nahm er mit hastigen Schritten und wäre auf dem glatten Boden beinahe ausgerutscht.
    »Ian! Sieh mal einer an! Ich meinte, Sarah hätte gesagt, du wärst noch im Krankenhaus.«
    Seine Gedanken rasten. Lächeln, das war es. »Bin ich eigentlich auch noch«, entgegnete er und ging gleichzeitig um die Ecke zu einem kleinen Einbauschrank. Er mußte die Gepäckstücke loswerden, bevor jemand anders vorbeikam. »Aber es wird immer voller, da wollte ich mich ein bißchen zurückziehen. Ich ziehe ein Stück aus der Stadt hinaus, um dort wieder zu Kräften zu kommen.«
    »Aber klar doch«, sagte der Mann. »Die Häuser in der City sind am schlimmsten. Kann ich dir tragen helfen?«
    »Nein, nein, nur ein paar Kleidungsstücke.« Er hatte sie in dem Schrank verstaut und schloß jetzt die Tür.
    »Ach ja, wir suchen gerade nach einem Plätzchen, wo wir, du weißt schon, eine Zeit unter uns sein können.« Die Frau blickte ihn erwartungsvoll an. Sie war eine von Sarahs Freundinnen, eine von der Art, an die er sich nie bis zur nächsten Begegnung erinnern konnte. Sie wandte sich um und wies nach oben; zweifellos traute sie ihm nicht viel Vorstellungskraft zu und glaubte, er brauchte eine Planskizze. Da sah sie die offenstehende Tür zu seinem Schlafzimmer. »Oh, das wäre ja großartig. Sie hat ein Schloß, nicht wahr?«
    Peterson spürte kalte Wut. »Ich würde meinen, es gäbe…«
    »Ich glaube nicht, daß wir lange bleiben. Du hast doch nichts dagegen, oder? Doch, du hast was dagegen. Er hat was dagegen, Jeremy.« Sie setzte einen Fuß auf die unterste Stufe und schaute den Mann an. Mit ihrem Blick gab sie das Problem an ihn weiter.
    »Ich, es wäre wirklich sehr entgegenkommend von dir, Ian, wenn du uns hier ein wenig hilfst.«
    Plötzlich fühlte Peterson sich heiß und schwach. Er mußte sich von all dem lösen. Er hatte automatisch auf die Vorstellung reagiert, daß irgend jemand sein Schlafzimmer für seine Brunftspiele benutzte, aber jetzt sah er die Sinnlosigkeit seiner Reaktion. Schließlich hatte er dem Zimmer gerade erst Lebewohl gesagt. »Ja, sicher, geht nur rauf. Ich habe nichts dagegen.«

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