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Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition)

Titel: Zeitspuren: Mit einem Vorwort von Wolfgang Jeschke - Meisterwerke der Science Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Finney
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Leben zu erwecken.
    Was war sein Anliegen? Ein hohes Lied auf die »gute alte Zeit« anzustimmen? Die Sehnsucht seiner Leser nach einer heilen Welt zu bedienen? Uns eine Möglichkeit zum Eskapismus zu eröffnen? Keineswegs. Das ausgehende 19. Jahrhundert war für die Zeitheimischen hart und für die sozial Benachteiligten geradezu brutal. Es gab weder eine Alterssicherung noch eine nennenswerte medizinische Versorgung für sie. Jack Finney hat das genau gesehen und bringt auch diese Aspekte ein. Lesen Sie aufmerksam den Dialog, den der Protagonist Si Morley mit dem Pferdekutscher der Trambahn führt, ein Mann, der von früh bis spät bei eisiger Kälte im nassen Stroh der Plattform stehend seine Pflicht tun, jedem Wetter trotzen muss, wenn er seinen Job behalten und seine Familie durchbringen will. Hier wird nichts beschönigt, keine heile Welt vorgegaukelt. Und dennoch … dennoch sehnt sich Si Morley so sehr nach dieser Zeit (und ich nehme an, Jack Finney teilte diese Sehnsucht mit seinem Protagonisten), dass er beschließt, in der Vergangenheit zu bleiben und das Zeitreiseprojekt durch einen winzigen Eingriff in die historischen Ereignisse im Keim zu ersticken.
    Nein, die Welt vor dem Ersten Weltkrieg war keine heile Welt, aber dieser vollkommen überflüssige, von politischen Dilettanten gedankenlos begonnene Krieg hat unsere Welt ruiniert – so der Autor. Er hat nicht nur Millionen Soldaten das Leben, sondern uns auch unsere Umwelt gekostet, durch die hektisch forcierte Industrialisierung für die Kriegsrüstung, die nötig wurde durch den Kriegseintritt der USA. Er hat irreparable Schäden verursacht, an der Natur, an den Menschen des 20. Jahrhunderts.
    Was Wunder, dass der zweite Teil des Romans, den Jack Finney im hohen Alter in Angriff nahm und erst kurz vor seinem Tod vollendete, dem Projekt gewidmet ist, diesen Krieg aus den Annalen der Geschichte zu tilgen.
     
     
     
     
     
     
    Wolfgang Jeschke ist einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren Deutschlands und selbst ein passionierter Zeitreisender  – nachzulesen in dem wunderbaren Erzählungsband »Der Zeiter« sowie den preisgekrönten Romanen »Der letzte Tag der Schöpfung« und »Das Cusanus-Spiel«.

VON ZEIT ZU ZEIT

1
    Wie gewöhnlich arbeitete ich in Hemdsärmeln; ich saß an der Zeichnung eines Stücks Seife, das auf dem oberen Rand meines Zeichenbretts lag. Die Goldfolie, in die es gewickelt war, hatte ich sorgfältig zurückgeschlagen, sodass der größte Teil des Markennamens, der darauf stand, noch zu lesen war. Ich hatte die Folien von einem halben Dutzend Seifen zerreißen müssen, um schließlich diesen Effekt zu erzielen. Zugrunde lag die neue Idee, das Produkt einem, wie es das Begleitblatt verhieß, ›duftenden, schaumgebadeten, liebenswerteren du ‹ so verführerisch wie möglich zu präsentieren, und mir war die Aufgabe zugefallen, es in eine Reihe unterschiedlicher Layouts einzufügen, wobei das Seifenstück jeweils in einem leicht veränderten Winkel gezeigt werden sollte.
    Es war genauso langweilig, wie es sich anhört, und so unterbrach ich die Arbeit und blickte aus dem Fenster. Vom zwölften Stockwerk aus sah ich die Köpfe der Menschen in größter Eile auf den Gehwegen der 54th Street hin und her laufen. Es war ein sonniger, ganz klarer Tag Mitte November, und ich wäre auch gerne draußen bei ihnen gewesen, dabei lag noch der ganze Nachmittag vor mir und ich hatte nichts zu tun; jedenfalls nichts wirklich Wichtiges, so wie es aussah.
    Drüben am Schneidetisch stand Vince Mandel, unser Mann für die Schriften, ein dünner Schwarzer. Wahrscheinlich fühlte er sich an diesem Tag genauso eingesperrt wie ich. Er arbeitete mit dem Airbrush; Mund und Nase waren mit einer baumwollenen Schutzmaske bedeckt, und er sprühte gerade einen fleischfarbenen Film auf das Life- Magazine-Foto eines Mädchens im Badeanzug. Wenn er fertig war, würde von dem Badeanzug nichts mehr zu erkennen sein, doch das Mädchen würde aussehen, als sei sie ganz nackt – mit Ausnahme des Bandes, das sich von der Schulter bis zur Hüfte zog und auf dem Miss Büromaschinen zu lesen war. Diese Retuschen waren, wie er selbst zugab, Vinces liebste Beschäftigung während seiner Arbeitszeit. Das retuschierte Bild fügte er dann einer Sammlung ähnlicher Bilder hinzu, die sich am Informationsbrett des Art Department befanden und die sich Maureen, unsere neunzehnjährige Praktikantin und Botin, hartnäckig weigerte anzuschauen, so oft sie auch dazu

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