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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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ich mich jetzt umziehe.«
    Cairns nickte. »Sie sollen sich am Ende der ersten Hundewache 7 beim Kommandanten melden. Er ist zur Zeit nicht in Stimmung, auch nur die kleinste Nachlässigkeit durchzulassen, das kann ich Ihnen versichern.«
    Pünktlich um vier Glasen trat Kapitän zur See Pears aus der Kajütstür, in großer Uniform, den Degen an der Seite. Das glitzernde Gold auf dunkelblauem Grund und die weiße Kniehose ließen ihn jünger und größer erscheinen.
    Bolitho, ebenfalls in seiner besten Uniform, den Degen statt des im Alltag üblichen Dolches am Gürtel, erwartete ihn am Fallreep.
    Er hatte Boot und Besatzung bereits inspiziert und alles in Ordnung befunden. Es war ein prächtiges Boot, dunkelrot mit weißem Dollbord, der Name Trojan leuchtete in Goldbuchstaben am Bug, die Hecksitze waren mit roten Kissen ausgelegt. Die Crew in rotweiß karierten Hemden und schwarzen Hüten hielt die Riemen hoch, genau ausgerichtet in zwei schnurgeraden Reihen. Gut genug für einen Kaiser, dachte Bolitho.
    Cairns eilte herbei und sagte etwas zum Kommandanten, was Bolitho nicht verstand. Da jedoch Molesworth, der nervöse Zahlmeister, ebenfalls in der Nähe des Fallreeps wartete, nahm er an, daß Cairns an Land fahren wollte, um den Handel mit dem Proviantlager abzuschließen.
    Hauptmann d’Esterre musterte kurz seine Wache und kommandierte: »Präsentiert das Gewehr!«
    Die aufgepflanzten Bajonette der hochschnellenden Musketen berührten mit ihren Spitzen fast das Sonnensegel, und Bolitho sah im Geiste wieder die Marineinfanteristen vor sich, wie sie mit de rselben Präzision die Enterer auf der Faithful niedergemäht hatten.
    Pears schien Bolitho zum ersten Mal zu sehen. »Ah, Sie sind es.«
    Er ließ den Blick über Bolithos Erscheinung wandern, über den neuen Hut, den frischgebügelten Rock mit leuchtend weißen Aufschlägen, und sagte anerkennend: »Ich dachte, ich hätte einen neuen Offizier an Bord.«
    Bolitho lächelte. »Danke, Sir.«
    Pears nickte ihm zu. »Weitermachen!«
    Bolitho lief die Fallreepstreppe hinunter zum Boot, wo Hogg, der stämmige Bootssteurer, bereitstand, den Hut unterm Arm.
    Die Bootsmannsmaatenpfeifen trillerten, dann bekam das Boot unter Pears Gewicht Schlagseite, als er an Bord stieg und zum Hecksitz balancierte. »Absetzen! Riemen bei!« Hogg war sich der beobachtenden Fernrohre auf den umliegenden Kriegsschiffen bewußt. »Ruder an!«
    Bolitho saß steif da, den Degen zwischen den Knien. Es war ihm unmöglich, sich in Gegenwart des Kommandanten zu entspannen, deshalb beobachtete er intensiv die Trojan, ihre sich nach unten verjüngenden Linien, die lustlos über die Heckreling baumelnde Flagge, das Glitzern der Goldbronze und polierten Messingbeschläge.
    Alle Stückpforten standen offen, um die schwache, ablandige Nachmittagsbrise einzulassen. Aus jeder Öffnung blickte die schwarze Mündung einer Kanone, so sauber und blank wie d’Esterres Silberknöpfe.
    Bolitho betrachtete verstohlen Pears grimmiges Profil. Die Ne uigkeiten vom Kriegsschauplatz waren schlecht: bestenfalls Pattsituation, Verluste auf beiden Seiten. Doch was Pears auch von der augenblicklichen und künftigen Lage halten mochte, eins war sicher: Nie würde er auf seinem Schiff die geringste Schlamperei dulden.
    Unter ihren Vierkant gebraßten Rahen mit den sorgfältig festgemachten Segeln, glänzend in Schwarz und Lederfarbe, war die Trojan wirklich ein Anblick, der auch das verzagteste Herz höher schlagen ließ.
    Pears fragte plötzlich: »Haben Sie von Ihrem Vater gehört?«
    Bolitho erwiderte: »In letzter Zeit nicht. Er ist kein eifriger Schreiber.«
    Pears blickte ihn voll an. »Es tat mir leid, vom Tode Ihrer Mutter zu hören. Ich habe sie einmal in Weymouth gesehen, Sie selbst waren damals auf See. Eine so reizende und hübsche Dame.
    Ich komme mir alt vor, wenn ich mich an sie erinnere.«
    Bolitho blickte starr achteraus. Kein Wunder, daß Pears sich alt vorkam. Angenommen, die Trojan hätte wirklich zu kämpfen, und zwar mit einem Schiff ihrer eigenen Größe und Feuerkraft, welche Offiziere würde Pears dann in die Schlacht führen? Probyn wurde von Tag zu Tag schwieriger und mürrischer. Dalyell war fröhlich und freundlich, aber kaum imstande, seine neuen Aufgaben als Vierter Offizier voll zu erfüllen. Der arme Quinn, schmal geworden und noch ständig unter Schmerzen leidend, war nur bedingt einsatzfähig und vorläufig höchstens zu leichter Tätigkeit unter Aufsicht des Arztes freigestellt. Dann

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