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Zerfetzte Flaggen

Zerfetzte Flaggen

Titel: Zerfetzte Flaggen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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verschwanden.
    … Auslaufen mit der Ebbe, nach Antigua mit Kurierpost. Was es doch bedeutete, frei zu sein, von diesem schwimmenden Durcheinander hier wegzukommen!
    Der Unteroffizier erschien wieder und betrachtete ihn zweifelnd.
    »Ich habe einen Spitzel draußen, Sir.« Er deutete mit dem Daumen zur Tür. »Kenne ihn schon länger, ein Gauner, aber zuverlässig. Er behauptet, ein paar Leute seien von der Brigg Diamond desertiert, kurz bevor sie vorgestern auslief.«
    Bolitho stand auf und griff nach seinem Dolch. »Was hat die Diamond hier gemacht?«
    Der Unteroffizier grinste breit. »Keine Sorge, Sir. Sie hatte keinen Freibrief, bracht e nur Stückgut von London.«
    Bolitho nickte. Eine englische Brigg, das verhieß erfahrene Se eleute, Deserteure oder nicht.
    »Bringen Sie den – äh – Spitzel herein.«
    Der Mann war typisch für sein Gewerbe: klein, schmierig, hinterhältig.
    Sie waren in allen Häfen der Welt gleich, diese Besitzer von Absteigequartieren, die an die Preßkommandos Informationen über Seeleute verkauften, die angeblich greifbar waren.
    »Nun?«
    Der Mann jammerte: »Es ist doch nur meine Pflicht, Sir, des Königs Marine zu helfen.«
    Bolitho musterte ihn kalt. Der Schurke sprach noch immer den Dialekt der Londoner Slums. »Wie viele?«
    »Sechs, Sir!« Seine Augen glitzerten. »Feine, kräftige Kerle allesamt.
    «
    Der Unteroffizier bemerkte beiläufig: »Sie stecken in Lucys Haus.« Er zog eine Grimasse. »Vermutlich inzwischen mit Syphilisblattern bis über die Augen besät.«
    »Lassen Sie meine Leute antreten, Sergeant.« Bolitho versuchte, nicht an die dadurch entstehende Verzögerung zu denken. Wahrscheinlich wurde es nichts mehr mit Schlaf.
    Der Gauner ließ sich vernehmen: »Kommen wir ins Geschäft, Sir?«
    »Nein. Du wartest hier. Kriegen wir die Leute, bekommst du dein Geld. Wenn nicht –«, er blinzelte den grinsenden Marineinfanteristen zu –, »gibt es eine Tracht Prügel.«
    Er trat hinaus in die Nacht und verfluchte insgeheim sowohl den Seelenverkäufer wie überhaupt diese erbärmliche Methode, Seeleute zu pressen. Trotz der Härte des Bordlebens meldeten sich viele Freiwillige, jedoch niemals genug, um die Verluste durch Tod oder Verwundung auszugleichen.
    Stockdale fragte: »Wohin, Sir?«
    »Zu Lucys Haus, dem Bordell.«
    Einer der Seeleute kicherte. »Ich kenne es, Sir, bin schon dort gewesen.«
    »Dann führen Sie uns, vorwärts!«
    Als sie in der engen, abschüssigen und übelriechenden Gasse angekommen waren, teilte Bolitho seinen Trupp in zwei Gruppen.
    Die meisten Leute der Stammbesatzung hatten schon an ähnlichen Aktionen teilgenommen, und selbst die gepreßten Leute machten mit, sobald sie sich einmal an ihr neues Leben gewöhnt hatten.
    Wenn ich dienen muß, warum nicht auch du? Dies schien ihre Maxime zu sein.
    Stockdale war auf der Rückseite des Hauses verschwunden; das Messer hatte er im Gürtel stecken lassen und statt dessen einen Knüppel in der Hand.
    Bolitho starrte auf die verschlossene Tür, hinter der er Stimme ngewirr und trunkenen Gesang hörte. Er wartete noch ein wenig, dann zog er seinen Dolch und schlug mehrmals mit dem Knauf gegen die Tür, wobei er mit lauter Stimme rief: »Im Namen des Königs – öffnet!«
    Drinnen hörte man Getrappel und unterdrückte Schreie, das Splittern von Glas und einen schweren Fall, als sei jemand, der zu fliehen versuchte, von Stockdales Knüppel getroffen worden.
    Plötzlich sprang die Tür auf, aber an Stelle der erwarteten Me nschenmenge sah sich Bolitho einer Riesin gegenüber, vermutlich der berüchtigten Lucy. Sie war so groß und breit wie ein Seebär und benutzte auch dieselben unflätigen Ausdrücke, als sie jetzt drohend die Faust erhob.
    Lichter flammten ringsum auf, und aus den Fenstern beugten sich Gestalten, die gierig auf die Szene herabstarrten und sehen wollten, wie Lucy die Marine in die Flucht schlug.
    »Du pickeliger, grüner Lausejunge, wie kannst du behaupten, ich hätte hier Deserteure versteckt?« Sie stemmte die Arme in die Hü ften und funkelte Bolitho wütend an.
    Andere Frauen, einige halbnackt, hasteten die wackelige Treppe im Hintergrund herunter, um zu sehen, was sich abspielte. Ihre bemalten Gesichter glühten vor Aufregung.
    »Ich tue meine Pflicht.« Bolitho widerte das höhnische und verächtliche Benehmen der Frau an.
    Stockdale tauchte mit grimmiger Miene hinter ihr auf und keuchte: »Wir haben sie, Sir: Sechs, wie er gesagt hat.«
    Bolitho nickte. Stockdale hatte also den

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