Werwolf - Der Verfall (German Edition)
1.Kapitel
Die Sonne schien und ließ vereinzelte Regentropfen der letzten
Nacht auf den Gräsern glitzern.
Gelächter von Kindern
schallte durch die Luft, während die Erwachsenen ihren
morgendlichen Tätigkeiten nachgingen. Lorrdien war ein von der
Natur stark geprägtes Land:
Wälder und Seeen zogen sich
durch das ganze Gebiet und wurden durch ein Gebirge an der Ostgrenze
abgeschlossen. Inmitten dieser Idylle lag Magrai, eines der
urältesten Dörfer und seit jeher eine der Lernstätten
für junge Werwölfe. Oberhauptes des Dorfes war Walerion.
Er galt als der weiseste von ihnen und sollte zu Zeiten der Not
den Rat einberufen, um über die Zukunft aller zu entscheiden.
Der Rat war eine bunte Mischung von Gelehrten, Kämpfern und
Vertrauten, welche vom Volk gewählt wurden und für die
Erhaltung jahrelanger Traditionen und das Wohl ihrer Stammesgefährten
zu sorgen hatten.
Für ihr Volk war es eigentlich typisch
immer mal wieder Alphatierkämpfe auszutragen. Doch zu Walerions
Zeiten, erstickten diese Gerüchte immer mehr im Keim. Er wollte für seine Wölfe herrschen, nicht über sie. So kam es, dass Rangkämpfe
immer mehr ausblieben und schließlich auf Raufereien zwischen
den Jungen beschränkt wurde. Kaum einer wusste, dass sich
zwischen den vielen Menschen weltweit massenhaft Wölfe nur so
tummelten. Was jedoch nur dem genauen Beobachter aufgefallen wäre,
da sie sich in Menschengestalt kaum von ersteren unterschieden.
Und
auch Wolf war nicht gleich Wolf.
Früher einmal, waren sie ein
starkes und großes Rudel gewesen. Ihre Kräfte hatten zwar
nur bedingt abgenommen, aber der Zusammenhalt war nicht mehr
derselbe. Zwiespältigkeit innerhalb der Stämme hatte sich
so lange zugespitzt, bis als letzter Schritt nur noch eine Trennung
möglich gewesen war. So teilten sich die Wölfe mittlerweile
in Werwölfe und Wolfsmenschen, da letztere sich beharrlich
weigerten, nach wie vor Menschen zu töten. Sie fraßen
mittlerweile ausschließlich niedere Lebewesen wie Hirsche und
Eber.
Zum Wohle aller und weil auch Wölfe nicht unsterblich
waren, ganz gleich welche Rasse,
wurde auf offene Kriegshandlungen
verzichtet solange es keine besonderen Vorkommnisse gab.
Allgemein
lebte jedes Volk für sich und vermied unnötige
Aufmerksamkeit.
Walerion nun, war nicht nur Anführer des
Dorfes, sondern gleichzeitig der Urvater der Werwölfe. Dadurch
herrschte er so gesehen über alle. Jeder Stamm hätte ihn
mit Freude aufgenommen, aber er bevorzugte es seinem Dorf treu zu
bleiben und in Ruhe und Stille zu leben. Da Zeiten der Not schon
lange zurück lagen, diente er nun als Lehrmeister der Jungen.
Mittlerweile war er 500 Jahre alt und damit einer der ältesten –
der durchschnittliche Wolf wurde 400. Mit seiner langjährigen
Erfahrung, konnte er nicht nur Fakten vermitteln, sondern den Kindern
auch Moral und die Richtigkeit ihres Kodex beibringen.
Die Jahre
hatten sein langes, schwarzes Haar immer grauer werden lassen und
seine grünen Augen waren mittlerweile von vielen Fältchen
umgeben, blickten aber immer noch wachsam auf ihre Umgebung. Seine
Gestalt war schlank, aber trotz des Alters immer noch sehr drahtig,
was vielleicht auch an ihren Genen liegen mochte.
„Also
wiederholen wir nochmal. Die eigene Charakterstärke ist nicht zu
unterschätzen. Es gilt trotz des Gruppenverhaltens, einen
unabhängigen Blick zu entwickeln und zu hinterfragen und dennoch
das Gleichgewicht zu behalten, stets das Beste für den Stamm zu
tun. Allein sind wir schwach, doch zusammen nahezu unbesiegbar.
Gerade zu Kriegszeiten kommt es uns zugute, dass wir stets
Zusammenhalt gewahrt haben und als Einheit aufgetreten
sind.“
Walerions Augen blieben an einem Jungen haften,
dessen Arm wild durch die Luft ruderte.
„Ja, Myrac?“
„Sie betonen doch, wie sehr innerhalb des Rudels die eigene
Meinung dennoch zählt und dass man hinterfragen soll.“
„Ja das ist korrekt.“
„Warum dürfen
wir dann nicht allgemein Menschen fressen?“
Die anderen
Kinder kicherten, während Walerion seufzte. Natürlich war
Myrac das wohl aufgeweckteste Kind seit langem. Allerdings auch einer
der größten Unruhestifter.
Zu störrisch um in die
richtige Richtung gelenkt zu werden und zu aufmüpfig um von
seiner Natur aus ins Rudel zu passen.
„Du benutzt unsere
Richtlinien eines guten Zusammenlebens als Argument für eine
erneute Grundsatzdiskussion.“, tadelte Walerion während
die Kinder noch mehr kicherten.
Auch ihm fiel es schwer ernst zu
bleiben. Widerwillig war er
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