Zerstörte Seelen
gewesen.
«Wurde seine Leiche je gefunden?»
Darby schüttelte den Kopf. Sie dachte noch immer an jenen Morgen in der Küche der Rizzos. Hinter den Eltern standen Charlies ältere Schwestern – blauäugige, blondgelockte Zwillinge namens Abigail und Heather. Sie waren groß für ihr Alter und trugen enganliegende bunte T-Shirts, die sich über ihre Rundungen und Reste von Babyspeck spannten. Abigail hatte einen Cindy-Crawford-Schönheitsfleck neben der Oberlippe. Sie wischte sich mit zitternder Hand über die nassen, geröteten Augen und berührte dann die massige Schulter ihres Vaters.
Das hier
, sagte sie. Sie griff nach dem Bild eines Jungen mit Zahnlücke, tiefschwarzem Haar und dunklem Teint.
Das ist das neueste Bild, das wir von Charlie haben.
Trent brüllte: «Wann haben Sie zum letzten Mal mit den Eltern gesprochen?»
«Damals, als sie noch in Massachusetts lebten – in Brookline. Muss etwa … zwei Jahre nach Charlies Verschwinden gewesen sein. Sie wollten Informationen über einen Privatdetektiv, der ihnen Hilfe angeboten hatte. Der Vater dachte daran, einen Teil seiner Altersrücklagen zu opfern, und wollte wissen, ob ich den Typen kenne und was ich von ihm halte. Ich sagte ihnen, sie sollten ihr Geld lieber sparen.»
«Haben sie den Mann engagiert?»
Darby nickte. «Es kam nicht viel dabei heraus. Zwei neue Hinweise. Ich glaube, sie beauftragten später noch einen weiteren Detektiv – einen, der auf Kindesentführungen spezialisiert war. Aber ganz sicher bin ich mir nicht. Wann sind die Rizzos denn nach New Hampshire gezogen?»
«Als die Mädchen ihr Studium an der University of North Hampshire begannen. Sie stehen jetzt beide kurz vor dem Abschluss. Die zwei wohnen zu Hause, nicht auf dem Campus. Nach dem, was mit dem Jungen passiert ist, wollten die Eltern die Mädchen vermutlich nicht aus den Augen lassen.»
«Sie brauchen einen Verhandlungsspezialisten.»
«Schon vor Ort. Der Mann heißt Billy Lee. Er steht bereits in Kontakt mit der Zielperson.»
«Weshalb bin ich dann hier?»
«Der Kerl, der die Familie als Geiseln genommen hat, besteht darauf, mit Ihnen zu sprechen. Er will nur Sie und niemanden sonst.»
«Kennen wir seinen Namen?»
Trent nickte. «Der Typ behauptet, er sei ihr Junge. Ihr Sohn – Charlie Rizzo.»
3. Kapitel
Darby starrte Trent ungläubig an. Die Zeit schien einen Moment lang stillzustehen.
«Sie haben richtig gehört», schrie Trent. «Der Kerl behauptet, er könne es beweisen.»
«Wie?»
«Verrät er nicht. Dieser Typ – nennen wir ihn der Einfachheit halber Charlie – sagt, er redet nur mit Ihnen. Er meinte, wenn wir Sie dazu bringen, nach New Hampshire zu kommen und allein unter vier Augen mit ihm zu sprechen, lässt er die Geiseln frei. Ich kaufe ihm das nicht ab. Er hat bereits jemanden angeschossen.»
«Wissen wir Genaueres?»
«Den Namen des Opfers kennen wir nicht. Hatte keine Papiere bei sich. Es handelt sich um eine weiße, männliche Person irgendwo in den Fünfzigern. Charlie hat den Mann in den Rücken geschossen. Zweimal. Die Rettungssanitäter waren vor uns am Haus und haben das Opfer in den Sträuchern gefunden. Dem letzten Bericht nach ist der Mann noch am Leben, aber nicht bei Bewusstsein. Er hat viel Blut verloren.»
«Woher wissen Sie, dass Charlie der Schütze war?»
«Er hat die Notrufnummer angerufen und es der Leitstelle gesagt.»
«
Charlie
hat dort angerufen?»
Trent nickte. «Er hat sich der Telefonistin mit seinem Namen vorgestellt, ihr dann von den Schüssen erzählt und dass er den Verletzten aus dem Fenster geworfen hätte. Erklärte ihr
genau
, wo er lag. Dann sagte er, er hätte die Rizzo-Familie als Geiseln genommen, und – jetzt halten Sie sich fest – dann
verlangte
der Mistkerl ein SWAT -Team. Er sagte, er würde nicht eine einzige Geisel freilassen, solange kein Sondereinsatzkommando in irgendeiner Art von kugelsicherem Fahrzeug vor der Haustür stünde. Oh, und der Verletzte in den Sträuchern? Der Telefonistin erklärte er, das sei ein Geschenk. Für Sie.»
Darby rutschte auf der Bank nach vorn. «Hat er das wortwörtlich gesagt?»
Trent nickte und warf einen Blick auf die Uhr.
«Sagte er auch, warum er ausgerechnet mit mir sprechen will?»
«Nein. Haben Sie eine Vermutung?»
Darby schüttelte den Kopf. «Hat er sonst noch irgendwelche Forderungen gestellt?»
«Nein. Er will nur Sie.»
Darby brauchte einen Augenblick, um das zu verdauen. Dass Charlie Rizzo am Leben war und in diesem Haus auf
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