Zeugin am Abgrund
Äußerste angespannt und wirbelte herum, als die Tür geöffnet wurde. Erleichtert erkannte sie Detective Morgan, der sich freundlich und verständnisvoll verhalten hatte. Der Lieutenant dagegen war barsch gewesen und hatte sich ihre Geschichte mit unverhohlener Skepsis angehört.
Die Nervosität kehrte sofort wieder zurück, als sie sah, dass fünf Männer dem Detective ins Zimmer folgten. Einer von ihnen war Lieutenant Dumphries, während sie die anderen noch nicht gesehen hatte. Drei der Fremden trugen Anzug und Krawatte, aber ihre Aufmerksamkeit weckte der vierte Mann, der größer war als die anderen.
Sein volles Haar war schwarz wie die Nacht und passte damit genau zu seinen dunklen, unergründlichen Augen. Er war unrasiert, und sein Gesicht hatte durch die ausgeprägte Nase etwas von einem Falken. Er wirkte knallhart.
Sein durchdringender Blick ließ sie noch nervöser werden, woraufhin sie wieder zu Detective Morgan sah.
“Detective, ich bin ja so froh, dass Sie wieder da sind. Haben Sie Mr. Giovessi schon festgenommen? Kann ich jetzt nach Hause gehen?”
“Nein, noch nicht. Nehmen Sie doch bitte wieder Platz, Miss Brownley. Das ist Special Agent Sam Rawlins und die Agenten Todd Berringer, Roy O’Connor und Dave Owens vom FBI. Sie würden Ihnen gerne einige Fragen stellen.”
“Das FBI? Ich verstehe nicht. Warum interessiert sich das FBI für einen Mordfall?”
“Kein Grund zur Sorge”, erwiderte einer der FBI-Leute und lächelte freundlich. “Normalerweise tun wir das auch nicht, aber hier kommen andere Faktoren ins Spiel.”
“Was Agent Berringer sagen will, ist, dass wir von einem Kapitalverbrechen sprechen, wenn ein bekannter Mafiaboss verdächtigt wird, mit Drogen zu handeln.”
“Setzen Sie sich doch bitte”, sagte Berringer und zog einen Stuhl für sie zurück. Nachdem sie Platz genommen hatte, schenkte er ihr ein Glas Wasser ein und sagte freundlich: “Am besten erzählen Sie uns von Anfang an, was geschehen ist.”
Laurens Hand zitterte, als sie das Glas nahm, um einen Schluck zu trinken. Ihr Blick kehrte zurück zu Detective Morgan. “Ich verstehe nicht. Ich bin das doch schon zweimal mit der Polizei durchgegangen.”
“Und jetzt werden Sie es mit uns noch einmal durchgehen”, sagte der Mann mit der Hakennase ohne eine Spur von Mitgefühl. “Am besten geben Sie uns erst einmal ein paar Hintergrundinformationen. Wie lange arbeiten Sie bereits im Club Classico?”
“Etwas mehr als zwei Monate.”
“Und seit wann kennen Sie Mr. Giovessi?”
“Ich … na ja, ich bin ihm vor etwa zwei Jahren zum ersten Mal begegnet.”
“Wie kam es zu der Begegnung?”
“Er besuchte mich im Krankenhaus, nachdem ich einen Unfall gehabt hatte.”
Sam sah von dem Notizblock auf. “Wenn Sie ihn vorher nicht kannten, warum hat er Sie dann besucht?”
“Er kannte mich. Sie müssen wissen, dass ich zu der Zeit Konzertpianistin war. Mr. Giovessi ist ein Fan von klassischer Musik, der meine Karriere aufmerksam mitverfolgt hatte. Ich war in Denver auf Tournee, als sich der Unfall ereignete. Er las darüber in der Zeitung, und als er erfuhr, dass ich mir eine Hand gebrochen hatte und vielleicht nie wieder Klavier würde spielen können, da ist er ins Krankenhaus gekommen, um mir Trost zu spenden und mir beizustehen.”
Agent Rawlins sah auf ihre linke Hand, die von einem Muster dünner heller Linien überzogen war. Lauren legte ihre rechte Hand darüber, um die Narben zu verbergen.
“Und Sie wussten nicht, wer er war?”
“Nein. Ich sagte ja schon, ich war auf Tournee. Bis zwei Tage vor dem Unfall war ich in meinem ganzen Leben noch nicht in Denver gewesen.”
“Und warum sind Sie hier geblieben? Sie haben ja offensichtlich nicht die Kontrolle über Ihre Hand verloren, schließlich spielen Sie immer noch Klavier.”
Laurens Gesichtsausdruck wurde traurig. “Ja, nach etlichen Operationen und einem Jahr Physiotherapie konnte ich wieder spielen, aber nicht auf dem Niveau, das für Konzerte nötig ist. Die Hand ist nicht mehr so flexibel. Zugegeben, ich kann besser spielen als die meisten anderen Menschen, aber nicht mehr so virtuos. Ich bin mein Leben lang auf Tournee gewesen, und ich fühlte mich nie mit einem bestimmten Ort besonders verbunden. Denver war nicht besser und nicht schlechter als jede andere Stadt, also bin ich geblieben.”
Dabei verschwieg sie, dass sie nicht einmal mehr das Geld für eine Busfahrkarte gehabt hatte, um in die nächste Stadt zu fahren. Es war ihr
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