Ziel erfasst
zweit über eine Viehkoppel. Sie passierten ihr Scharfschützenteam am Rand der Ansiedlung und schlichen dann zwischen den Gebäuden hindurch, einem Futterschuppen, einem Klohäuschen, einem Einfamilienhaus und einem aus Ziegeln errichteten Traktorschuppen mit Wellblechdach. Dabei hatten sie jede Ecke, jeden Weg und jedes dunkle Fenster mit ihren Nachtsichtgeräten fest im Blick.
Sie trugen AK-105-Gewehre und Hunderte von zusätz lichen 5,45x39-mm-Patronen in flachen Magazinbrust gurten, die es ihnen erlaubten, sich flach auf den Boden zu legen, um sich vor den Augen eines Wächters oder feindlichem Beschuss zu verbergen. Ihre grünen Feldjacken und gleichfarbigen Schutzwesten waren schlammverschmiert, mit Grasflecken übersät und von geschmolzenem Schnee und dem Schweiß durchnässt, den sie trotz der Kälte bei ihrem anstrengenden Vormarsch vergossen.
An ihren Gürteln hingen Holster mit russischen Varjag-MP-445-Pistolen, Kaliber 9 mm. Einige trugen daneben noch schallgedämpfte 5,45-mm-Pistolen, um eventuelle Wachhunde mit einem 45-Grain-Hohlspitzgeschoss in den Kopf schlagartig ruhigzustellen.
Sie fanden den mutmaßlichen Aufenthaltsort ihrer Zielperson und bemerkten dabei Bewegungen vor der Scheune. Wachen! In den danebenliegenden Gebäuden würde es sicher noch mehr geben. Einige waren bestimmt auch noch wach, obwohl ihre Aufmerksamkeit in dieser frühen Morgenstunde sicher nicht mehr die größte war.
Sie umgingen den Zielbereich in einem weiten Bogen, wobei sie zuerst eine Minute lang mit dem Gewehr in den Armbeugen auf ihren Ellbogen krochen, um sich dann zwei weitere Minuten auf Händen und Knien vorwärtszubewegen. Ein Esel wurde unruhig, ein Hund bellte, und eine Ziege meckerte, was jedoch alles für den frühen Morgen in einem Bauerndorf nichts Ungewöhnliches war. Schließlich verteilten sich die acht Soldaten in vier Zweiergruppen entlang der Rückseite des Gebäudes, wobei jede ein vorherbestimmtes Schussfeld abdeckte. Hilfreich war, dass ihre russischen Gewehre mit einem amerikanischen holografischen Laservisier der Firma EOTech ausgerüstet waren. Die Männer visierten sorgfältig durch ihr rotes Fadenkreuz die ihnen zugewiesenen Fenster, Türen oder Gebäudedurchgänge an.
Dann, und erst dann, flüsterte der Teamführer in sein Funkgerät: »Sind in Stellung!«
Ein gewöhnlicher Angriff auf einen Terroristenstützpunkt hätte ganz anders ausgesehen. Die Alpha-Truppe wäre mit großen Mannschaftstransportpanzern oder Hubschraubern angerückt. Flugzeuge hätten das Dorf mit Raketen angegriffen, während die Teams von ihren Schützenpanzern abgesprungen wären oder sich von den Transporthubschraubern abgeseilt hätten.
Aber das hier war kein gewöhnlicher Einsatz. Sie hatten den Auftrag, ihre Zielperson – wenn irgend möglich – lebend zu fangen.
Laut FSB-Quellen kannte der Mann, hinter dem sie her waren, die Namen, Aufenthaltsorte und Verbindungen praktisch aller dschihadistischen Führer in Dagestan, Tschetschenien und Inguschetien. Bekam man ihn in die Finger und konnte seine Kenntnisse »abschöpfen«, dann könnte der islamistischen Sache ein annähernd tödlicher Schlag versetzt werden. Die acht Mann, die jetzt fünfundzwanzig Meter von der Rückseite des Zielgebäudes entfernt in der Dunkelheit kauerten, sollten dabei als Sperreinheit jeden Ausbruch der Muslime verhindern. Die eigentlichen Angreifer näherten sich gleichzeitig zu Fuß von Westen her durch das Tal. Laut Operationsplan sollten sie die Zielperson in die Falle hinter der Scheune treiben.
Der Operationsplan der Alpha-Gruppe beruhte auf deren Kenntnis der Taktiken, die die Aufständischen hier im Kaukasus gewöhnlich anwandten. Wenn sie von überlegenen Kräften angegriffen wurden, versuchten die jeweiligen Anführer sofort zu entkommen. Dabei waren die Dagestaner und Tschetschenen auf keinen Fall Feiglinge. Nein, Mut besaßen sie sogar im Überfluss. Aber ihre Anführer mussten auf jeden Fall geschützt werden. Die Fußsoldaten nahmen dabei Stellungen in vorgeschobenen Gebäuden und durch Sandsäcke geschützten Bunkern ein, um von dort aus den Angreifern Widerstand zu leisten. Ein einzelner Mann konnte dabei mit einer einzigen Waffe eine ganze Eingreiftruppe so lange aufhalten, bis der Anführer und seine persönliche Wachmannschaft in die umliegenden, unwegsamen Berge geflohen waren, die sie wahrscheinlich genauso gut kannten wie die Körperformen ihrer Geliebten.
Die acht Mann der Speznaz-Sperreinheit warteten also
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