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Zirkuskind

Zirkuskind

Titel: Zirkuskind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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Farrokh.
    »Schon am Verblassen«, wiederholte John D. »Ist das besser?«
    »Ja, das ist perfekt«,
sagte Dr. Daruwalla.
    »Schon am Verblassen«,
sagte der Schauspieler.
    »Schluß jetzt«,
sagte der ehemalige Drehbuchautor.
    [951]  Endlich darf er den Aufzug benutzen
    Als ehemaliger
Ehrenvorsitzender des Mitgliederausschusses kannte Dr. Daruwalla die Vorschriften
des Duckworth Club und wußte, daß die zweiundzwanzigjährige Wartefrist für die Anwärter
eine heilige Kuh war. Der Tod eines Duckworthianers – beispielsweise Mr. Dogars
tödlicher Schlaganfall, der der Nachricht, daß die zweite Mrs. Dogar von ihren Bewachern
zu Tode geprügelt worden war, auf dem Fuß folgte – beschleunigte das Verfahren nicht
unbedingt, denn der Mitgliederausschuß nahm den Tod eines Duckworthianers nicht
automatisch zum Anlaß, um ein neues Mitglied aufzunehmen. Nicht einmal der Tod von
Mr. Dua würde für ein neues Mitglied »Platz schaffen«. Übrigens wurde Mr. Dua schmerzlich
vermißt; seine Taubheit auf einem Ohr war bereits Legende – der unvergessene Tennisunfall,
der sinnlose Treffer mit dem weggeschleuderten Schläger seines Doppel-Partners (der
einen Doppelfehler gemacht hatte). Im Tod endlich war der arme Mr. Dua auf beiden
Ohren taub; eine neue Mitgliedschaft jedoch erwuchs daraus nicht.
    Aber Farrokh wußte,
daß nicht einmal die Regeln des Duckworth Club vor einem einzelnen, höchst interessanten
Hintertürchen gefeit waren. In den Statuten stand, daß beim offiziellen Rücktritt
eines Duckworthianers, im Gegensatz zu einem Ausschluß, spontan ein neues Mitglied
auf dessen Platz berufen werden konnte. Bei einer solchen Berufung wurden das normale
Verfahren der Nominierung und Auswahl sowie vor allem die zweiundzwanzigjährige
Wartefrist umgangen. Wäre diese Ausnahmeregelung überstrapaziert worden, hätte man
sie sicher kritisch überdacht und abgeschafft, aber Duckworthianer traten nicht
aus dem Club aus. Selbst wenn sie von Bombay wegzogen, zahlten sie weiterhin ihre
Beiträge und behielten ihre Mitgliedschaft bei. Duckworthianer blieben ihr Leben
lang Duckworthianer.
    [952]  Drei Jahre nachdem
Dr. Daruwalla Indien verlassen hatte – »endgültig«, jedenfalls behauptete er das –, zahlte er noch immer getreulich seine Beiträge an den Duckworth Club. Und selbst
in Toronto las er das monatlich erscheinende Mitteilungsblatt des Clubs. John D.
jedoch tat das Unerwartete, nie Dagewesene, Unduckworthianische: Er legte seine
Mitgliedschaft nieder. Anstelle des pensionierten Inspector Dhar wurde Kommissar
Patel »spontan berufen«. Den Platz des ehemaligen Filmstars nahm der echte Kriminalbeamte
ein, der sich (darin waren sich alle einig) als »führende Persönlichkeit des öffentlichen
Lebens« hervorgetan hatte. Falls es Einwände gegen die kräftige blonde Frau gab,
die den geschätzten Detective überallhin begleitete, wurden diese nie allzu offen
ausgesprochen, obwohl Mr. Sethna nicht umhin konnte, sich an Nancys pelzigen Nabel
und an jenen Tag zu erinnern, an dem sie auf den Stuhl gestiegen war und in den
Mechanismus des Deckenventilators gegriffen hatte – ganz zu schweigen von jener
Nacht, in der sie mit Dhar getanzt und weinend den Club verlassen hatte, oder vom
Tag danach, an dem sie den Club (mit Dhars Zwerg) erzürnt verlassen hatte.
    Dr. Daruwalla kam
zu Ohren, daß Detective Patel und Nancy als neue Mitglieder nicht unumstritten waren.
Aber der altehrwürdige Duckworth Club war eben noch so eine Oase – ein Ort, an dem
Nancy vielleicht hoffen konnte, sich in den Griff zu bekommen, und der Kommissar
sich eine kurze Ruhepause von den Strapazen seines Berufs gönnen konnte –, und das
wußte Farrokh. Und er stellte sich die Patels gern so vor – ruhig und gelassen im
Ladies’ Garden sitzend, wo sie ein geruhsameres Leben an sich vorbeiziehen sahen
als das, das sie selbst führten. Sie hatten wirklich eine Ruhepause verdient. Und
obwohl es drei Jahre gedauert hatte, war der Swimmingpool endlich fertig; in den
heißesten Monaten, vor der Monsunzeit, würde Nancy den Pool sicher als angenehm
empfinden.
    [953]  Es wurde nie
offen zugegeben, daß John D. für die Patels die Rolle des Wohltäters gespielt hatte
und für Nancy die des Schutzengels. Zum einen hatte sein Austritt aus dem Duckworth
Club den Patels zur Mitgliedschaft verholfen, zum anderen war es seine Idee gewesen,
daß Nancy die Aussicht vom Balkon der Daruwallas guttun würde. Ohne die Beweggründe
des Doktors zu hinterfragen,

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