Zirkusluft
gehabt, das er mit anderen gemeinsam ausgeübt hat?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Nein. Seine große Leidenschaft war das Laufen, aber er ist nie mit anderen unterwegs gewesen, außer im Wettkampf. Von Vereinsmeierei hat er nicht viel gehalten.«
»Außerdem hat er die Zeit zwischen Jogging und Arbeit ohnehin am Computer verbracht«, mischte sich Margarete Ellwert ein. Ihre Tochter bedachte sie mit einem bösen Blick.
»Das stimmt so nicht, Mutter. Reinhold hat sicher viel Zeit am Computer verbracht, aber er hat auch andere Dinge wichtig genommen.«
»Was genau hat er denn gemacht, wenn er sich mit dem Computer beschäftigt hat?«, wollte Hain wissen.
»Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Diese Kisten haben mich nie interessiert, das wusste er. Also haben wir darüber nicht gesprochen. Und weil man viel Zeit am Computer verbringt, wird man doch noch lange nicht erschossen, oder?«
»Nein, vermutlich nicht. Aber wir müssen, wie gesagt, jedem noch so vagen Anhaltspunkt nachgehen.«
Lenz rutschte nervös auf seinem Stuhl herum.
»Der Chef Ihres Mannes hat erwähnt, dass Sie schwanger seien, Frau Fehling.«
Sofort brach sie wieder in Tränen aus, nickte dabei aber energisch mit dem Kopf.
»Im vierten Monat«, erklärte ihre Mutter leise.
7
»Wer erschießt einen joggenden Architekten, der nach unseren bisherigen Erkenntnissen nichts und niemandem etwas getan hat?«, fragte Lenz mehr sich selbst als seine Kollegen.
»Wer erschießt ihn auf diese brutale und grausame Art?«, präzisierte Hain den Gedanken und nippte an seinem Kaffee.
Die beiden Polizisten saßen mit Uwe Wagner in dessen Büro und hatten den Pressesprecher in den vergangenen 15 Minuten mit den Details des Mordes an Reinhold Fehling vertraut gemacht.
»Dass seine Frau schwanger ist, setzt der ganzen Geschichte die Krone auf«, bemerkte Wagner.
»Sie hat noch gar nicht begriffen, inwieweit ihr Leben sich mit diesem Mord verändert hat«, ergänzte Lenz. »Auch als wir ihr auf Anraten von Aumüller hin angeboten haben, sich in die Obhut eines Therapeuten oder in eine Klinik zu begeben, hat sie nur den Kopf geschüttelt und gemeint, es würde schon gehen. Das böse Erwachen kommt wahrscheinlich in den nächsten Tagen.«
Hain nahm einen weiteren Schluck Kaffee und stellte die Tasse auf den Tisch.
»Als wir bei ihr in der Wohnung saßen, hat mich für einen Moment der Gedanke durchzuckt, dass das Kind von einem anderen sein könnte, der seinen Nebenbuhler aus dem Weg geräumt hat. Aber dann habe ich der Frau ins Gesicht gesehen und war mir sicher, dass ich Movies mache.«
Lenz nickte.
»Den Gedanken hatte ich natürlich auch, habe ihn allerdings genauso schnell verworfen wie du. Sie hat nichts damit zu tun, in welcher Form auch immer, da bin ich mir absolut sicher.«
»Also habt ihr einen Verdächtigen weniger. Leider könnt ihr im Moment gar niemanden vorweisen, der als Verdächtiger infrage kommt. Wie ihr die Sache geschildert habt, sieht das für mich wie ein Auftragsmord aus. Aber wer beauftragt einen Killer damit, einen völlig harmlosen Typen wie diesen Fehling umzubringen? Und, noch wichtiger, aus welchem Grund?«
»Und steckt ihm dann diesen Zettel in die Unterhose.
›Ruhe sanft, du Arschloch‹.
Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man gepflegt darüber lachen.«
Lenz stand auf, stellte seine Kaffeetasse neben die von Hain und sah auf die Uhr.
»Vielleicht hat er doch irgendwelchen Dreck am Stecken, den wir bis jetzt nur noch nicht entdeckt haben. Also machen wir uns auf die Socken und suchen danach.«
Er machte eine auffordernde Geste zu seinem Kollegen hin, der ihm ungerührt zusah.
»Komm, Thilo, erheb dich, du bist wieder im Dienst. Wir haben einen Mörder zu finden.«
Hain sah seinen Vorgesetzten irritiert an.
»Was siehst du denn, wenn du auf die Uhr guckst, Herr Hauptkommissar?«
»15 Uhr. Also noch reichlich Zeit, dem Bösen auf die Füße zu treten und der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen.«
Hain und Wagner schüttelten synchron die Köpfe.
»Deine Uhr braucht wahrscheinlich eine neue Batterie«, vermutete Hain. »Auf meiner ist es nämlich 16.15 Uhr, und ich habe eine Automatik, die geht immer richtig.«
Nun nickte Wagner. »Da hat der Thilo ausnahmsweise mal recht. Es ist wirklich so.«
Lenz sah erneut auf seine Uhr und dann durchs Fenster zum dunklen Abendhimmel.
»Tja, wenn ihr das sagt…Dann gehen wir eben morgen wieder auf Mörderjagd und machen für heute Feierabend. Bringst du mich nach Hause,
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