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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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hatte. Stattdessen fühlte sie eine große Unruhe.
    Sie wohnte in der Sedanstraße, direkt neben dem Evangelischen Hospital. Tagsüber knatterten hier oft die Rettungswagen entlang, ein paar Mal wäre sie fast von einem der lang gezogenen Automobile überfahren worden, aber jetzt in der Nacht war alles still. Sie schloss die Haustür auf und trat in den dunklen Hausflur und hatte sofort das Gefühl, das irgendetwas nicht stimmte. Die Petroleumlampe an der Wand war aus, aber das war nichts Ungewöhnliches, die Zimmerwirtin löschte sie immer schon um neun, um Brennstoff zu sparen. Von draußen drang stets ein wenig Licht ins Treppenhaus, so dass Mira ihren Weg nach oben ohne Schwierigkeiten fand. Was war heute anders als sonst? Der Geruch – sie roch irgendetwas, das nicht hierher gehörte. Es war ein blumiger, süßer Parfümduft, stellte Mira fest und merkte gleichzeitig, wie sie wieder ruhiger wurde. Verbrecher und Wegelagerer parfümierten sich für gewöhnlich nicht.
    »Hallo«, rief sie mit fester Stimme in die Dunkelheit. »Ist hier jemand?«
    »Mira«, kam es von oben zurück. »Bist du das?«
    »Gudrun!« Mira hastete jetzt nach oben in den zweiten Stock. »Du hast mich erschreckt … Was willst du denn, um diese Zeit?«
    »Ich warte!«, gab Gudrun zurück. »Wo kommst du denn jetzt her, zu dieser späten Stunde?« Wie ärgerlich sie klang! Hatten sie eine Verabredung gehabt, die Mira vergessen hatte? Sie konnte sich beim besten Willen nicht erinnern. Sie hatten sich doch am Mittag noch gesehen, als Gudrun zum Essen in die Rheinterrasse gekommen war, wo Mira als Serviermädchen arbeitete.
    »Ich war im Kino.« Mira schloss ihre Wohnungstür auf und drehte den Lichtschalter an. »Und du? Wie lange hast du gewartet?«
    »Stunden«, sagte Gudrun vorwurfsvoll, obwohl das überhaupt nicht stimmen konnte.
    »Was ist denn geschehen? Bist du krank?«
    »Unsinn.« Gudrun ging zu dem kleinen Tisch unter dem Dachfenster und ließ sich auf Miras einzigen Stuhl fallen. »Ich war gerade bei deiner Mutter.«
    Mira spürte ein leises Flattern in ihrer Magengegend, ein Trippeln, Pochen und Ziehen, das Gefühl, das sich immer in ihr ausbreitete, wenn sie an ihre Mutter dachte. Es war eine Mischung aus Ärger, Überdruss und schlechtem Gewissen. Warum kann sie mich nicht in Ruhe lassen? dachte Mira. Das war natürlich unsinnig, ihre Mutter hatte sie ja gar nicht aufgesucht, sondern Gudrun.
    Aber dennoch. Wahrscheinlich steckte Mutter wieder in Schwierigkeiten, sie brauchte Geld, hatte sich mit ihrem Hauswirt überworfen, oder sie hatte eine ihrer Visionen gehabt, ein Toter, ein Heiliger oder die Muttergottes persönlich hatten ihr eine wichtige Botschaft überbracht. Deshalb war Gudrun jetzt hier.
    »Was ist mit ihr?«, fragte Mira unwillig.
    »Nichts«, sagte Gudrun. »Was soll mit ihr sein? Es geht um mich.«
    Mira setzte sich auf die Bettkante. Das Trippeln und Pochen löste sich ins Nichts auf.
    »Mir haben sie heute gekündigt.«
    »Aber wie … warum das denn? Sie waren doch immer so zufrieden mit dir.«
    Gudrun arbeitete seit über einem Jahr im Warenhaus Tietz am Hindenburgswall als Verkaufsfräulein. Sie schnitt Stoffe zu, suchte Schnittmuster aus und beriet die Kundschaft bei der Auswahl der passenden Garne, Litzen und Knöpfe.
    »Zumindest schien es so.« Gudrun zog ihre lange, gerade Nase kraus und zuckte mit den Schultern. Sie war die schönste Frau, die Mira kannte. Obwohl sie nach dem langen Arbeitstag verschwitzt war, strahlten ihre klar geschnittenen Gesichtszüge, ihre feine weiße Haut eine klassische Eleganz aus. So wie Gudrun hatten die Statuen der griechischen Göttinnen ausgesehen, bevor ihnen im Lauf der Jahrtausende die Nasen undalle Gliedmaßen abgeschlagen worden waren. »Ist ja auch egal. Jedenfalls bin ich die Anstellung nun los. Am nächsten Ersten stehe ich auf der Straße.«
    »Aber Gudrun, das ist ja furchtbar. Was willst du denn jetzt anfangen?«
    Gudrun starrte über Miras Schulter auf die zersprungenen Kacheln über dem Waschbecken und antwortete nicht.
    »Ich kann gleich morgen einmal in der Rheinterrasse nachfragen, ob sie nicht noch eine Bedienung einstellen wollen. Bestimmt nehmen sie dich …«
    »Nein, Unsinn, ich werde bestimmt kein Serviermädchen.« Gudrun klang mit einem Mal ungehalten.
    »Aber wovon willst du denn leben?«
    »Bis vor einer Stunde wusste ich es ganz genau. Aber dann bin ich zu deiner Mutter …«
    »Ich verstehe kein Wort! Was hat meine Mutter mit der Sache zu

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