Zitronentagetes
mir.«
Josh pustete erleichtert aus. »Grins nicht so frech.«
Kevin zuckte mit den Schultern. »Soll ich mir doch das Rad schnappen, Coach? Ist kein Problem.«
»Nein, Lucas wird keine Ruhe geben, bevor er nicht seiner Mom ein Küsschen gegeben hat.«
»Scheint ein harter Job zu sein, so als Dad.« Kevin wurde plötzlich nachdenklich.
»Mhm – manchmal«, gab Josh zu und lächelte.
*
Flo hatte es nicht mehr weit. Sie beobachtete eine Frau, die mit ihrer kleinen Tochter auf dem Bordstein Fangen spielte. Die Mutter war noch ausgelassener als das Kind. Es machte richtig Spaß, den beiden zuzuschauen. Wann hatte sie sich das letzte Mal so unbefangen bewegt? Flo schloss die Tür hinter sich und schlüpfte aus ihren Schuhen. Aus Kevins Zimmer drangen lautstark Bässe und irgendein Affengejaule. Halt Stopp, jetzt reagierte sie schon wie ein Spießer. Genau das hatte sie nie sein wollen.
Die Küche sah ordentlich aus, also hatte Kevin bei seinem Freund gegessen. Sie öffnete die Kühlschranktür. Obwohl sie keinen Hunger verspürte, befahl sie sich, etwas zu essen. All ihre finanziellen Sorgen schlugen ihr auf den Magen. Manchmal bekam sie sogar Durchfall, was sie noch grässlicher fand. Außerdem: Je weniger sie aß, desto mehr war für Kevin übrig. Ihre dunklen Gedanken drohten, sie in einen gefährlichen Strudel hinabzuziehen. Sie musste unbedingt damit aufhören. Die Frage war lediglich: Wie?
Flo fand noch zwei Mini-Bratwürste und erhitzte Öl in einer Pfanne. Sie schnappte sich die Flasche Ketchup und einen Apfel und stellte alles auf den Küchentisch.
Nachdem sie gegessen und Kevin ins Bett geschickt hatte, hockte sie sich vor den kleinen alten Schrank, in dem sie ihre Patchworkstoffe aufbewahrte. Sie zog die Schachtel mit den Fat Quartern hervor und strich liebevoll darüber. Dann nahm sie einen der Flanelle zur Hand. Mittlerweile hatte sie es auf sieben verschiedene gebracht. Es würde noch eine ganze Weile dauern, bis sie so einen Raggedy-Knuddel-Quilt, wie eine ihrer Freundinnen ihn gemacht hatte, nähen konnte. Nein. Stopp – nicht schon wieder negative Energie verstreuen. Ihr Blick wanderte zu den karierten Kostbarkeiten, die sie ganz besonders liebte. Was ließe sich wohl daraus zaubern? Konnte man einen Quilt mit ausschließlich karierten Stoffen entwerfen? Wahrscheinlich schon, wenn der Kontrast der Farben deutlich zur Geltung kam. Vielleicht mit Bow-Tie und Evening Star Blöcken. Wie wäre es, jede Reihe mit anderen Blöcken zu gestalten? Wenn sie sich recht erinnerte, hatte eine der Quilterinnen ihr auch in diesem Fall etwas voraus. Sie erhob sich aus der langsam unbequem werdenden Hocke und streckte sich auf dem Sofa aus.
Es lief eine der Fernsehserien, die endlos oft wiederholt wurden. Diese Folge jedoch hatte sie wohl noch nicht gesehen, jedenfalls konnte sich Flo beim besten Willen nicht daran erinnern. Die Heldin sprang gerade aus ihrem Viehtransporter und lief nach hinten. Eines der Schafe hatte sich ein Bein gebrochen, unter den Tieren machte sich Panik breit. Jetzt blieb nur noch eines zu tun: das verletzte Schaf zu erschießen. Der Fahrer des Trucks bot an, die Aufgabe zu übernehmen, doch sie wollte es selbst erledigen und kämpfte mit angelegtem Gewehr darum, ihren Entschluss umzusetzen. Sie brachte es nicht fertig. Der Mann kam ihr wortlos zu Hilfe – ein sauberer Schuss und das Tier war erlöst.
Floriane spürte, wie etwas Warmes über ihre Wangen tröpfelte, das sich zu einem kleinen Rinnsal steigerte. Aufschluchzend schnappte sie sich eines der Sofakissen und presste es gegen den Bauch. O Gott, sie heulte um ein totes Schaf in einer mittelmäßigen Fernsehserie. Die würgende Traurigkeit war plötzlich wieder da, und natürlich war ihr längst klar, warum sie in Wirklichkeit diese Tränen vergoss.
2. Kapitel
A my räumte die Küche auf. Sie hatte vom Chinesen Essen mitgebracht. »Dein Vater wird womöglich vorzeitig entlassen.«
Marc verschluckte sich fast an seinem Bier. Er warf ihr einen raschen Blick zu.
Bildete er sich das nur ein oder klang in ihrer Stimme eine Spur Schadenfreude mit? Amy warf die Reste in den Müllschlucker und räumte das Besteck in den Geschirrspüler. Sie benutzte nie die mitgegebenen Messer und Gabeln aus Plastik. Auch was das Essen oder die Wahl des Restaurants anbelangte, war sie ziemlich anspruchsvoll. In Anbetracht der Tatsache, dass sie nicht kochen konnte, fand Marc das drollig. Sie wusch den Küchenlappen aus und
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