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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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verewigt und ein Gesicht auf den kleineren Halbkreis gesprüht, zwei Punkte für die Augen und eine nach unten gebogene Linie.
    Das Bild kannte Hauptkommissar Schröder, er hatte es in der Tasche des toten Jeremias Staal gefunden.
    Die weinende Sonne.
    *
    Es war nun sehr dunkel in der Badehalle. Drei einsame Kerzen brannten noch, eine auf dem Brunnenrand, zwei schmelzende Stummel flackerten müde in den Fensterbrettern. Der Richter lag auf dem Rücken, er gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Zwei Meter entfernt stand Czernyk neben Claudius Zorn am Fensterrahmen, die Finger des Lampenmanns lagen um seinen Hals.
    »Dann wollen wir mal.« De Koop stieß sich vom Brunnenrand ab und kam mit federnden Schritten näher, die Gummisohlen seiner Laufschuhe quietschten auf dem Beton. Schräg hinter dem Lampenmann blieb er stehen, der Pistolenlauf deutete auf eine Stelle zwischen Zorn und Czernyk.
    »Sie werden damit nicht durchkommen«, sagte Zorn.
    »Nicht reden«, murmelte Czernyk. »Es bringt nichts.«
    Er sah stur geradeaus, den Blick über die Schulter des Lampenmanns auf die gegenüberliegende Wand gerichtet. Sein Anzug war über und über mit Staub bedeckt, er war blass, die olivfarbene Haut seines Gesichts schimmerte käsig, trotzdem wirkte er gefasst, ruhig, es schien, als habe er sein Todesurteil mit der stoischen Gelassenheit eines Samurai aufgenommen.
    Zorn spürte so etwas wie Bewunderung für Czernyk in sich aufsteigen. Ich werde versuchen, ebenso tapfer zu sein wie er, überlegte er weiter und ärgerte sich im nächsten Moment, denn tapfer war ein Wort, mit dem Mütter ihre erkälteten Kleinkinder trösteten, melodramatischer, alberner Blödsinn, doch etwas anderes fiel ihm im Moment nicht ein.
    »Will denn keiner von euch um sein Leben betteln?«, fragte de Koop. »Ein bisschen wenigstens?« Die Stummel seiner verkrüppelten Hand wanderten über den Schalldämpfer.
    Niemand sagte ein Wort.
    »Ich mag das nicht.« Der Lampenmann schüttelte verwirrt den Kopf, noch immer hielt er Czernyks Gurgel umfasst. Der Strahl seiner Lampe flackerte über die Wand, fiel auf Zorns Gesicht, dieser wandte den Kopf ab.
    »Er ist mein Freund«, murmelte der Lampenmann, »er hat Angst!«
    »Mach einfach, was ich sage.«
    Wieder zwinkerte de Koop Zorn zu.
    Du bist später dran, hieß das . Um dich kümmere ich mich selbst.
    Der Lampenmann schien unsicher, de Koop legte ihm den Arm um die Schulter. »Du weißt doch, dass du immer tun musst, was ich will?«
    »Natürlich.« Der Lampenmann nickte heftig, die Puppen an seinem Gürtel wackelten, als wollten sie seine Worte bestätigen. »Man muss genau das machen, was Gott einem befiehlt.«
    »Du bist ein guter Junge.«
    Der Lampenmann lächelte glücklich, de Koop tätschelte ihm kurz die Wange, dann wandte er sich wieder an Zorn. »Er ist wie ein Kind. Man muss geduldig mit ihm sein. Und man muss ihm ganz genau erklären, was er tun soll. Mit einfachen Worten, sonst versteht er es nicht.«
    Panik überfiel Zorn. Er wehrte sich verzweifelt, doch er konnte das Zucken in seinen Oberschenkeln nicht niederkämpfen. Sein Arm, mittlerweile völlig taub, zitterte unkontrolliert in der Handfessel.
    Czernyk schloss die Augen.
    »Und jetzt«, sagte de Koop, »drück zu.«
    Das tat der Lampenmann.
    *
    Nein, das alles gefällt ihm nicht.
    Begründen kann der Lampenmann es nicht, er weiß nicht, was genau er da eigentlich tut. Er kennt nicht die Konsequenzen seines Handelns, kennt weder Recht noch Unrecht, die Bedeutung dieser Worte ist ihm fremd, ebenso wie die Tatsache, dass er im Begriff ist, einen Menschen zu töten. Er ist unschuldig, ja, das trifft es wohl am besten, unschuldig wie ein zweijähriges Kind, das einen Marienkäfer auf dem Fensterbrett zerquetscht, nicht, weil es böse ist, sondern weil es nicht weiß, was der Tod bedeutet.
    Er hat eine Aufgabe zu erfüllen, Gott hat ihm einen Befehl erteilt, er soll die Finger um den Hals des Mannes legen und fest zudrücken. Bald, wenn er seinen Auftrag erfüllt hat, wird Gott ihn dafür loben, und, besser noch, er wird ihm eine Belohnung geben.
    Es ist ein Monster, das er anbetet, aber auch das kann der Lampenmann nicht wissen. Sein einarmiger Gott ist ein Menschenfänger, es war einfach, dieses große Kind zu manipulieren, er war der Einzige, der nett zu ihm war, er gab ihm Süßigkeiten, warme Sachen, manchmal sogar einen Platz zum Schlafen.
    Er hat sich Zeit gelassen, ein paar Jahre, dann hat er dem Lampenmann seinen ersten Auftrag erteilt,

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