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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Durst.
    Am liebsten trank er Tee. Was brauchte er dazu?
    Der Alte runzelte die Stirn.
    Einen Teebeutel. Eine Tasse. Einen Löffel. Und Wasser.
    Er ging zur Spüle, öffnete den Hahn. Sah zu, wie das Wasser gurgelnd im Ausguss verschwand, dann fiel ihm etwas ein.
    »Das Wasser muss heiß sein«, murmelte er und lief steifbeinig zurück zum Herd. Seine Füße fegten das Besteck beiseite. »Ich muss es kochen.«
    Er drehte das Gas auf.
    *
    Der Lampenmann nahm Anlauf, dann flog er regelrecht durch die Luft, ein neunzig Kilo schweres Geschoss. Die Arme hatte er vor der Brust verschränkt wie ein Rugbyspieler, mit der Schulter prallte er gegen Czernyk, die Pistole flog durch die Luft, schlitterte über den Boden und landete zwei Meter von Zorn entfernt neben einem leeren Zementsack. Czernyk taumelte nach hinten, im Fallen riss er den Tisch um, die Hartfaserplatte geriet ins Rutschen und blieb schräg an die hölzernen Böcke gelehnt stehen. Der Bunsenbrenner, die Messer, die Feuerzeuge verteilten sich auf dem Boden, Czernyk landete hinter der Tischplatte auf dem Rücken, der Lampenmann hockte nun rittlings auf seiner Brust, mit den Knien presste er Czernyks Arme zu Boden, dieser strampelte wild mit den Beinen, doch er war gefangen.
    »Halt ihn fest«, sagte de Koop.
    Er bückte sich, hob ein Skalpell auf und schnitt die Fessel an seinem Handgelenk durch. Der Richter klatschte zu Boden, seine Schreie hallten durch den Raum wie das Brüllen eines angeschossenen Elefanten. Der Flaschenhals schien eine Arterie getroffen zu haben, das Blut schoss rhythmisch aus dem Bein, ein dünner, pulsierender Strahl. Plötzlich, Zorn hatte keine Ahnung warum, musste er an den Zimmerspringbrunnen im Wohnzimmer seiner Eltern denken, ein hässliches Ding aus grünem Rauchglas, jeden Sonntag hatte sein Vater den Brunnen angestellt, und so, genau so wie jetzt das Blut aus der Wunde rann, war das Wasser aus der Düse geplätschert, ein stetiger, scheinbar nie versiegender Strom.
    »Er verblutet!«, rief Zorn.
    »Nun«, de Koop lächelte, »das wollen wir doch hoffen.«
    *
    Die Streichholzschachtel lag rechts, in einer kleinen Ablage neben dem Geschirrspülmittel. Funken sprühten, das erste Streichholz zerbrach, Schröders Vater fischte das nächste heraus, es fiel zu Boden. Er bückte sich, hielt mitten in der Bewegung inne, horchte auf.
    Die Standuhr im Wohnzimmer schlug, es war halb zehn. Das wurde dem alten Mann nicht bewusst, doch diesen Ton, einen tiefen, angenehmen Gongschlag, kannte er irgendwoher. Die Küchentür stand offen, er wollte loslaufen, nachsehen, woher dieses Geräusch kam, doch es war wieder still, nur der Wasserhahn lief. Das, sagte ihm eine Stimme aus längst vergangenen Zeiten, war Verschwendung, er tippelte zurück, stellte das Wasser ab. Die Streichhölzer entglitten seinen Händen, fielen in die Spüle, grübelnd betrachtete er die rote Pappschachtel. SPIEGEL-LESER WISSEN MEHR stand auf der Packung, er sah die Buchstaben, was sie bedeuteten, verstand er nicht.
    Gähnend kratzte er sich am Hals, ging zum Esstisch und setzte sich auf die Bank. Etwas war da noch, es störte ihn, aber er konnte nicht sagen, was es war, vielleicht dieses Zischen, es kam vom Herd, doch jetzt war er müde, ach ja, Durst hatte er auch, aber er würde später etwas trinken.
    Er legte den Kopf auf die Arme und schlief ein.
    *
    Das Blut bildete eine dunkle Lache auf dem Boden, auch de Koops Laufhose glänzte feucht. Wieder bückte de Koop sich, ein Ruck, er zog den Flaschenhals aus der Wunde.
    Der Richter krümmte sich.
    » O MEIN GOTT! MEIN GOTT! «
    Unwillkürlich fragte sich Zorn, woher dieser magere alte Mann die Kraft zum Schreien nahm.
    »Und jetzt«, nachdenklich betrachtete de Koop den blutigen Flaschenhals, dann warf er ihn achtlos fort, »wollen wir sehen, wie wir weitermachen.«
    Klirrend schlitterte das Glas über den Boden, prallte gegen den Brunnen. De Koop wischte sich die Hände an der Laufhose ab, sah sich um, nickte zufrieden. Zorn war so weit wie möglich nach vorn getreten, den gefesselten Arm hatte er nach hinten ausgestreckt, der Kabelbinder schnitt tief in sein Handgelenk. Czernyks Beine ragten hinter der senkrecht stehenden Tischplatte hervor, vom Lampenmann war nichts zu sehen, er war durch die Hartfaserplatte verdeckt, Zorn hörte seinen gepressten Atem. Der Richter lag einen Meter vor der Platte, laut schluchzend hielt er den verletzten Oberschenkel umklammert.
    »Psst!« De Koop legte den Finger auf die Lippen. »Ich

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