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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Stimme antwortete.
    »Ja, mir ist durchaus bewusst, wie spät es ist«, unterbrach Schröder und legte auf.
    Er öffnete den Kleiderschrank. Links hingen zwei dunkle Anzüge, sie sahen neu aus, frisch gereinigt, der eine steckte in Plastikfolie. Daneben ein paar Kleiderbügel mit weißen Hemden. Schlipse, ein Paar Hosenträger.
    Das, brummte Schröder, waren die Sachen, die du in der Bank getragen hast.
    Rechts, in den Schubfächern, herrschte Chaos. Ein wilder Haufen Wäsche, wahllos hineingestopft, eine Jogginghose, einzelne Strümpfe, Wollpullover, egal, ob sauber oder schmutzig.
    Nein, Meinolf Grünbein war kein ordentlicher Mensch gewesen.
    Schröder ging in die Küche, registrierte die schmutzigen Bodenfliesen, die eingetrockneten Weinflecken auf der Tischplatte. In der Spüle eine benutzte Kaffeetasse, sie war noch feucht.
    Zurück ins Wohnzimmer. Ein verblichener Teppich, neben dem Sofa eine achtlos hingeworfene Tagesdecke, auf einem niedrigen Beistelltisch mindestens ein Dutzend Tageszeitungen, einige lagen auf dem Boden. An der Wand hing ein gerahmtes Schwarzweiß-Foto, ein pummeliger junger Mann im Anzug und mit altmodisch zurückgekämmtem Haar stand vor einem silberfarbenen Motorroller und lächelte durch eine Hornbrille stolz in die Kamera.
    Schröder nahm das Bild ab, sah auf die Rückseite:
    Oktober 1970 – endlich, mein erstes Moped!!!
    So hast du also mit achtzehn ausgesehen, überlegte Schröder.
    Da, wo das Bild gehangen hatte, befand sich ein heller Fleck an der Wand. Die Wohnung war seit Jahren nicht renoviert worden.
    Am Fenster stand ein Schreibtisch aus hellem Buchenholz. Auf den ersten Blick war nichts Auffälliges zu entdecken: eine olivgrüne Schreibunterlage, Briefumschläge, ein Notizblock, Bleistifte, ein Füllfederhalter. Schröder trat näher und verschränkte die kurzen Arme vor der Brust. Nach zwei Minuten stieß er einen leisen Pfiff aus.
    Das war es. Hier stimmte etwas nicht.
    Die Schreibunterlage war parallel zur Tischkante ausgerichtet, die Stifte lagen da wie Soldaten in Reih und Glied, die Briefumschläge waren fein säuberlich übereinander gestapelt.
    Schröder drehte sich um, sein Blick wanderte über das Chaos im Zimmer und wieder zurück zum Schreibtisch.
    Der einzige Platz in der Wohnung, der ordentlich, geradezu penibel aufgeräumt war.
    Zu ordentlich.
    Er strich über die Tischplatte und sah die Spur, die sein Finger im Staub hinterließ. Vorsichtig nahm er den Füller, die Spitze war ausgetrocknet. Die oberste Seite des Notizblocks war vergilbt, diese Dinge hatten lange hier gelegen, ohne benutzt zu werden. Es konnte Wochen, sogar Monate her sein, dass Grünbein hier gesessen hatte.
    Schöder ging in die Hocke, starrte aus nächster Nähe mit zusammengekniffenen Augen über den Tisch. Jetzt erkannte er sie deutlich, die Umrisse im Staub. Sah, wie die Sachen vor kurzem noch gelegen haben mussten. Schief, ungeordnet, wie in der gesamten Wohnung. Aber dann waren sie zurechtgerückt worden, jemand hatte hier, auf dem Schreibtisch, aufgeräumt.
    Vor kurzem erst. Heute morgen?
    Grünbein war das bestimmt nicht gewesen. Wer dann?
    Eine Straßenbahn rumpelte vorbei, Schröder bemerkte es nicht. Stattdessen griff er zum Handy.
    »Ich brauche die Spurensicherung, sofort.«
    Er nannte die Adresse.
    Dann legte er auf, ohne eine Antwort abzuwarten.
    *
    Sie saßen in Zorns Küche. Malina hatte gekocht, es gab Steak, Pellkartoffeln, frisches Brot und Salat. Er mochte ihr Essen, die Art, wie sie es zubereitete: schnell, effektiv (ohne großes Brimborium, wie sie sagte), stark gewürzt. Und sie kochte riesige Portionen, als müsse sie eine Großfamilie satt bekommen. Auch das gefiel Zorn. Da er tagsüber kaum aß, war er abends am Verhungern.
    Das Neonlicht in der Küche war ausgeschaltet, auf dem Tisch und auf dem Fensterbrett hatte Malina dicke Kerzen verteilt. Es roch nach gebratenem Fleisch und verbranntem Wachs. Und nach ihr, nach Flieder.
    Malina saß ihm gegenüber, sie hatte eines seiner T-Shirts an, es war ihr viel zu groß. Ein Bein hatte sie angezogen, ihr Kinn ruhte auf dem Knie. Den linken Arm hatte sie um ihren langen weißen Unterschenkel geschlungen, mit der anderen Hand stocherte sie in ihren Kartoffeln.
    Zorn war satt. Und er war glücklich. Die Zweifel waren verschwunden, alles war gut. Warum, fragte er sich kurz, muss ich immer wieder solch einen hirnverbrannten Blödsinn denken?
    Er legte die Gabel beiseite.
    »Das schmeckt wirklich toll, ein bisschen bitter. Ist

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