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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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meinst, wer «, korrigierte Schröder geduldig. »Grammatikalisch richtig wäre allerdings der Akkusativ als Nachfrage auf meine eben getroffene Feststellung.«
    »Was?«
    »Nein, Chef. Nicht was, sondern wen haben wir.«
    Zorn stöhnte auf.
    »Also gut, wen? «
    »Jeremias Staal.«
    »Wo?«
    »In den Prozessakten, Chef.«
    »Ach!«
    Zorn stieß mit den Füßen an einen Staubsauger, das Rohr kippte um und landete mit einem Krachen auf dem Boden.
    »Du meinst, Staal taucht in den Akten auf?«
    »Das ist korrekt, Chef. Sowohl inhaltlich als auch grammatikalisch.«
    Jetzt war Hauptkommissar Zorn wach.
    Hellwach.
    *
    Die Flasche war zur Hälfte leer, doch Czernyk schien vollkommen nüchtern. Beim Schreiben hielt er den Kopf ein wenig schief, wie ein Schulkind bei den Hausaufgaben.
    Jahrelang habe ich nichts anderes getan, als für Gerechtigkeit zu sorgen, obwohl ich mich hier nie richtig zu Hause gefühlt habe. Ich war immer ein Fremder. Kein Wunder, man sieht mir sofort an, dass ich nicht hier geboren wurde. Ist es nicht komisch, dass dort, wo ich herkomme, die Sonne viel eher aufgeht als hier? Dass ich sie bald nicht mehr sehen werde? Nie mehr?
    Er nahm die Brille ab, schwenkte sie am Bügel hin und her.
    Nein, es ist nicht komisch.
    Der Edelstahlrahmen blitzte auf. Die Finger seiner Linken schlossen sich um das Gestell, mit der rechten Hand schrieb er weiter.
    Es ist ungerecht.
    Seine Faust ballte sich. Die Fingerknöchel leuchteten weiß unter der olivfarbenen Haut.
    Es macht mich wütend.
    Ein Knacken. Das Gestell bog sich, Glas splitterte.
    Wütend.
    *
    »Jeremias Staal wurde beschuldigt, Kurierfahrten unternommen zu haben«, sagte Schröder. »Er soll Schwarzgeld für Elias de Koop über die Grenze nach Liechtenstein geschmuggelt haben.«
    »Wer hat das behauptet?«
    Schröder ließ einen Moment verstreichen.
    »Jan Czernyk.«
    »Das dachte ich mir«, nickte Zorn grimmig. »Wieso haben wir davon nichts gewusst? Ich dachte, du hast Staal genau unter die Lupe genommen?«
    »Das habe ich auch«, erwiderte Schröder. »Laut unseren Unterlagen ist er aber ein unbeschriebenes Blatt. Dieser Anklagepunkt wurde nämlich fallen gelassen. Wenn Czernyk denn etwas zusammengetragen hatte, wurde es nicht als Beweismittel vor Gericht zugelassen, die Akten sind teilweise geschwärzt.«
    Zorn dachte an die Nachricht, die sie vom Handy des verschwundenen Richters erhalten hatten.
    Alles hängt zusammen.
    »Okay«, sagte er und massierte sich die Schläfen. »Lass uns nachdenken.«
    »Hervorragende Idee.«
    »Drei Tote innerhalb kürzester Zeit. Zwei von ihnen sind am Prozess gegen de Koop beteiligt.«
    »Sein Anwalt und Jeremias Staal.«
    »Grünbein, der dritte Tote, begeht Selbstmord. Er kannte Jeremias Staal, zumindest hat er seine Konten verwaltet.«
    »Staal könnte in Grünbeins Wohnung gewesen sein«, sagte Schröder. »Das würde erklären, warum wir dieses ominöse Haifischknorpelpulver auf Grünbeins Schreibtisch und in Staals Auto gefunden haben. Die Frage ist nur, ob de Koop damit in Verbindung steht. Er behauptet, nie etwas von Jeremias Staal gehört zu haben.«
    »Der kann viel behaupten, wenn der Tag lang ist«, knurrte Zorn.
    Das Fallrohr bebte, weiter oben wurde die Spülung betätigt. Schröder wartete, bis der Lärm verebbt war.
    »Ich glaube«, sagte er dann, »dass sowohl Staal als auch der Anwalt von ein und derselben Person umgebracht wurden. Und diese Person war es auch, die den Toten ins Präsidium gebracht hat.«
    »Womit wir bei Czernyk, dem Richter und de Koop wären.«
    »Wenn wir davon ausgehen, dass der Schlüssel irgendwo im Prozess gegen de Koop liegt.«
    »Wo denn sonst? Diese drei bleiben übrig. Den Richter können wir ausschließen. Er ist alt, schon rein körperlich wäre er kaum in der Lage, eine über siebzig Kilo schwere Leiche durch das Präsidium zu schleppen. Abgesehen davon, dass er ebenfalls längst ermordet sein könnte. Genau wie Grünbein, Staal und der Anwalt.«
    »Die können’s sowieso nicht gewesen sein.«
    »Wie auch?« Zorn schüttelte den Kopf. »Seit wann legt ein Toter eine Leiche in einem öffentlichen Gebäude ab?«
    »Oder eine Leiche einen Toten?«
    »Wie auch immer.«
    Beide dachten nach.
    »Czernyk war’s«, sagte Zorn.
    Schröder öffnete den Hemdkragen und kratzte sich am Hals.
    »Oder de Koop.«
    »Czernyk«, wiederholte Zorn störrisch. »De Koop bringt niemanden um, der macht sich nicht die Hände schmutzig.«
    »Jan Czernyk ist Polizist.« Schröder sah Zorn an.

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