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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
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Rest?«
    »ML steht für Manual Life, das ist der Name des Anbieters.«
    »Scheiße – du hast Recht. Und MG steht für Mandilla Gill, dann folgt ihr Geburtsdatum, 12. April 1990.« Mit einem Blick erfasste sie die Seite. »Herrgott, sie sind alle hier aufgeführt. Über zehn Seiten.«
    Striker nickte. Er fing Felicias bestürzten Blick auf. »Tommy, ich ruf dich später wieder an.«
    »Was hast du?«, wollte er von seiner Kollegin wissen.
    Sie antwortete fast widerstrebend. »Ich hab den Eindruck, dass Lexa, Dalia und Gabriel den Leuten die Identität raubten und sie systematisch ausplünderten. Danach brachten sie ihre Opfer um, um die Lebensversicherung zu kassieren, ließen es jedoch wie Unfälle, Selbstmorde und so aussehen.«
    Striker nickte. »Kompliziert und komplex, ja.«
    »Ich hab da allerdings ein kleines Problem. Theoretisch macht es keinen Sinn.«
    »Inwiefern?«
    »Weshalb sollten sie das tun? Durch ihre Eheschließung ist Lexa an den Einkünften aus dem EvenHealth-Programm beteiligt. Das bringt jährlich zighunderttausend Dollar ein. Und sie bekommt einen prozentualen Anteil von jeder SILC -Therapie, die andere Kliniken durchführen. Sie fahren einen dicken BMW und einen Landrover. Ihnen gehört ein Anwesen in Point Grey.«
    »Und wo liegt das Problem?«
    »Ich kapier nicht, warum sie so etwas macht. Sie braucht das Geld nicht. Sie ist verdammt gut abgesichert.«
    Striker schüttelte langsam den Kopf. »Du vergisst das entscheidende Motiv. Hier geht es gar nicht um Geld, Feleesh. Lexa ist es nie wirklich um das Geld gegangen.«
    »Worum geht es ihr dann?«
    »Um Dominanz, Manipulation, Kontrolle. Lexa ist die treibende Kraft, die diese krummen Dinger dreht, und das geht schon über Jahre so. Sie hatte Ostermann in der Hand. Und sie hat Dalia und Gabriel in der Hand. Die beiden sind völlig durch den Wind. Sie macht es nicht wegen der Kohle. Oder um sich finanziell abzusichern. Oder aus sonstwie gearteten materialistischen Erwägungen. Sie macht es, weil sie den Thrill braucht, das Jagdfieber. Weil sie eine Psychopathin ist. Eine Serienmörderin. Und sie lebt nur für diese eine Sache – das Spiel .«

92
    Die Natter saß in der Dunkelheit, den Laptop auf seinem Schoß. Disk 1 endete, und er war erfüllt von einer himmlischen Ruhe, jenem Frieden, den er jedes Mal empfand, wenn er sich das Video anschaute.
    Disk 1.
    Williams Schöne Flucht.
    Vor zwei Stunden, draußen am See, war er überzeugt gewesen, dass es Zeit für seine eigene Schöne Flucht wäre. Als der Doktor ihn gespritzt hatte und sein Körper mit dem Eis verschmolz, war die weiche Dunkelheit in seinem hyperaktiven Hirn überwältigend gewesen. Hohe Wellen hatten ihn sanft an unbekannte Plätze gespült.
    Inzwischen war er wieder im Hier und Jetzt. Wieder in dieser Welt.
    Wieder in der Kälte.
    Der Gedanke berührte ihn nicht besonders. Es gab nicht sehr viel, was ihn emotional berührt hätte.
    Der Doktor hatte es geschafft. Vorhin. Mit einer einzigen Spritze hatte sie sämtliche Grenzen zwischen ihnen gesprengt. Die ungeschriebenen Regeln ausradiert. Ihm die Augen geöffnet. Letztendlich hatte sie ihn verraten.
    Die ganze Sache amüsierte ihn.
    Die Natter hatte keine Ahnung, wie viele Opfer der Doktor getötet hatte. Sie nannte es ihr »Business«. Es kümmerte ihn nicht wirklich, denn er kannte die Wahrheit. Es war kein Business, für sie war es ein Spiel , in dem es um Dominanz und Macht und sadistische Praktiken ging. Die Natter las es in ihren Augen. Mit jedem neuen Mord schien sie eine Stufe der Leiter in ihrem Kopf zu nehmen.
    Noch hatte sie ihren Spaß an dem Spiel, aber die Natter wusste etwas, was sie nicht wusste: Die Leiter würde kein Ende nehmen. Sie spielten ein dämonisches Spiel, und es würde immer so weitergehen. Nur Gabriel und Mutter; nur die Natter und der Doktor.
    Eine nie endende Partie von Schlangen & Leitern.
    Der Gedanke löste negative Emotionen in ihm aus, daher tippte er erneut auf »Play« und schaute sich Williams Schöne Flucht an. Er hatte das alte Video damals auf eine DVD überspielt. Es gab keinen Ton, nur das statische Rauschen. Aber das machte gar nichts.
    Die Natter verfolgte, wie der Junge durch das Eis brach, und er sah sich – selbst noch ein Junge –, zitternd, von Krämpfen geschüttelt, hysterisch schreiend, ehe er im Schnee zusammenbrach, die Hände vor sein Gesicht geschlagen. Unfähig hinzuschauen. Unfähig, das Unglück zu begreifen.
    Unfähig, Hilfe zu holen.
    Damals war er in diesem

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