Zornesblind
Chat«, meldete sich Felicia kurz darauf.
Striker schaltete auf den nächsten Kanal und wartete noch ein paar Sekunden, um auch ganz sicherzugehen, dass Bernard ihr Gespräch belauschte. Dann fragte er über Funk: »Hey, Feleesh, wo bist du?«
»Vierter Stock, wieso?«
»Komm runter. Ich weiß, wo Larisa sich versteckt.«
»Echt? Wo denn?«
»Sie ist in Shaughnessy, 5142 Osler Street. Offenbar wohnt da eine Tante von ihr, die sie vor zwei Tagen aufgenommen hat. Man hat mir bestätigt, dass sie jetzt dort ist. Wir gehen da jetzt rein. Der Chef will, dass das schnell und unauffällig über die Bühne geht.«
»Ich komm jetzt runter«, antwortete seine Kollegin. »Hol mich ab.«
»Mach ich«, sagte Striker. »Verlasse Chat.«
Er wechselte abermals den Funkkanal. Dann rief er in der Zentrale an. Sue Rhaemer war sofort am Telefon. Sie lachte sich halb schlapp.
»Und, hat es funktioniert?«, fragte er.
»Ich checke gerade sein GPS . Und … Bernard fährt in Richtung Süden.«
Strikers Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen.
»Danke und tschüss.« Er legte auf. In diesem Moment kehrte Felicia zurück. Sie warf sich auf den Sitz und zog giggelnd die Beifahrertür hinter sich zu.
»Was meinst du? Hat er uns belauscht?«
»Oh ja, jede Wette.«
Striker startete den Wagen und fuhr nach Westen. »5142 Osler Street«, meinte Felicia versonnen. »In der Gegend um Shaughnessy? Kannst du mir mal verraten, wer da wohnt?«
Striker grinste bloß und fuhr weiter.
»Verlass dich getrost auf mich«, meinte er dann. »Du willst es gar nicht so genau wissen.«
90
»Hattest du nicht was von Whistler gesagt?«, bohrte sie weiter.
Striker nickte. »Larisas Text wurde von dort gesendet.«
Er fuhr die Hastings hinunter, zum Stanley Park Causeway und von dort zur Lion’s Gate Bridge. Von North Van führte der Trans-Canada Highway direkt ins Whistler Blackcomb Skiresort.
»Whistler oder Blackcomb?« erkundigte sich Felicia.
»Keine Ahnung, jedenfalls einer von den beiden Orten.«
Felicia sah ihn an, als hätte er den Verstand verloren. »Weißt du, wie viele Leute sich da jetzt tummeln, Jacob? Himmel, da sind Tausende von Wintersportlern unterwegs.«
»Ich weiß, Feleesh, ich weiß. Aber sie ist dort. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Wir müssen verhindern, dass ihr irgendetwas zustößt. An diesem Punkt haben wir keine Option.«
»Doch. Die Feds. Die haben in dieser Gegend überall Einheiten postiert.«
Striker schoss ihr einen gereizten Blick zu. »Um Himmels willen, bloß nicht. Wenn Felicia sich das nächste Mal von einem Cop verfolgt fühlt, ist alles vorbei. Das darf nicht passieren. Wir machen das im Alleingang.«
Felicia schwieg und schüttelte den Kopf. »Es ist nicht deine Entscheidung, Jacob. Das musst du vorher mit Wagen 10 abklären.«
»Du weißt genau, was Laroche dann sagen wird.«
»Wir müssen ihn einschalten. Er ist der Boss.«
Striker umkrampfte das Lenkrad, dass seine Fingerknöchel weiß hervortraten. »Dieses eine Mal nicht, Feleesh.«
»Meinst du nicht, dass …«
Er lenkte an den Straßenrand und rammte die Automatik auf »Parken«. Sein Adrenalinspiegel jagte bedrohlich in die Höhe. »Ich werde nichts machen, was meine Chancen gefährdet, Larisa endlich zu finden. Du hast Recht. Eigentlich müssten wir Wagen 10 informieren, aber weißt du was? Ich mach’s nicht. Weil mir sonnenklar ist, wie Laroche reagieren wird. Er wird alle möglichen Vorschriften und Eventualitäten herunterbeten, und dann passiert das Gleiche wie im Metrotown: Larisa setzt sich ab und bleibt unauffindbar. Vergiss es. Ich hab noch was gutzumachen bei ihr. Verdammt, dafür bin ich bereit, meine Karriere aufs Spiel zu setzen. Wenn du jetzt aussteigst, hast du mein volles Verständnis. Aber ich fahre, kapiert?«
Er griff an ihr vorbei und öffnete ihr die Beifahrertür.
Felicia erwiderte seinen Blick mit einer Mischung aus Verblüffung und Verärgerung. Einen kurzen Moment lang glaubte er, sie würde tatsächlich aussteigen. Dann jedoch griff sie nach der Tür und knallte sie zu. »Fahr los.«
Striker blieb stumm. Er lenkte den Wagen wieder auf den Highway.
Ziel: Das Whistler Blackcomb Skiresort.
Nachdem die Diskussion um Larisa Logan beendet war, kam Felicia endlich dazu, sich in die Akte Gabriel Ostermann einzulesen. Sie öffnete den schmalen Ordner. Striker, der zu ihr spähte, erkannte einen Polizeibericht und ein Addendum vom Jugendamt.
»Ziemlich dürftig, oder?«, bemerkte er.
»Mmh, in diesem
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