Zorngebete
gerade noch einmal auf den Knopf drücken, der es in meiner Bude klingeln lässt, sieht aber, dass ich völlig schlaftrunken bin, als ich zu ihr komme.
– Wir haben Hunger, mach warm, was zu essen da ist.
Ich wärme das Essen auf, ich schneide, ich mische und ich spucke. Auf der anderen Seite sind die Sätze gespickt mit Ausdrücken wie »Verpiss dich, du Hurensohn!« – »Ich poppe sie, wann ich will!« – »Lass dich doch in den Arsch ficken, dreckiger Araber!« und so weiter und so fort.
Es sind Freunde.
Ich bringe das Essen, sie stürzen sich drauf und trinken aus der Flasche, wie echte Männer.
Geduldig warte ich in der Küche, aber irgendwann kann ich nicht mehr und schlafe über den Rüben und Zucchini ein.
– Jbara! Jbara!
Ich schrecke hoch. Mir ist speiübel. Vor Müdigkeit. Ich höre Motorengeräusche, das Geschimpfe im Salon hat aufgehört. Sie sind schlafen gegangen. Ich muss das Geschirr spülen.
Seit Kurzem ziehe ich beim Spülen Handschuhe an, weil Moufhida Ben Abess vom Radio gesagt hat, dass Spülmittel die Haut austrocknen. Sie hat auch gesagt, dass man, »um ebenso weiche Hände zu bekommen wie Jennifer Aniston, Avocados mit Arganöl pürieren und sich eine Handmaske machen muss«.
Ich hatte noch keine Zeit dafür. Eigentlich weiß ich nicht einmal genau, was eine Avocado ist. Aber ich werde es herausfinden.
Jemand kommt herein. Ich sehe mich um, es ist Sidi Mohamed.
– Wünschen Sie etwas, Sidi?
Er stöhnt und schnauft beim Atmen. Sein Schweiß riecht nach Alkohol. Er rückt mir auf den Leib und hebt meinen Rock hoch. Er lässt seine Hose herunter, seine Boxershorts und holt seinen Schwanz heraus. Er dringt in mich ein. Sein Schwengel ist riesig, aber wirklich riesig, und ich habe ein schmales Becken, es tut also weh. Ich kann aber nicht schreien, denn es ist ja der Sidi. Er stößt immer fester zu, ich habe die Hände in der Seifenlauge, die Schaum schlägt, und fast hätte ich zwei Gläser zerbrochen. Ich weiß nicht, was ich machen soll, weinen ist so altmodisch. Außerdem nimmt er sich Zeit, der Arsch. Schließlich ejakuliert er. Er zieht seine Hose wieder hoch und geht weg, wobei er unverständliche Dinge vor sich hinbrummelt.
Es läuft an meinen Schenkeln herunter. Ich nehme ein Stück Papier und wische mich im Schritt notdürftig ab. Die Handschuhe habe ich angelassen. Ich mache den Abwasch fertig. Ich mache absichtlich ein Glas kaputt. Irgendetwas muss ich einfach tun. Ich mache noch ein Glas kaputt.
Gute Nacht. Scheiße.
Es ist das erste Mal, dass ich gevögelt werde und nichts dafür bekomme. Kein angenehmes Gefühl. Ich fühle mich beschmutzter als sonst. Das ist seltsam. Er hat mich ungestraft vergewaltigt, und jetzt schläft er da drüben wie ein Baby. Er wird das mit Sicherheit nochmal machen, und ich werde wieder Gläser zerbrechen. Ich werde mich dafür anschnauzen lassen und werde sie zu allem Überfluss auch noch bezahlen müssen. Keine gute Idee. Es ist besser, wenn ich einfach nur weine. Und leise. Man darf sie nicht aufwecken. Morgen wird es mir egal sein, ich gehe mir einen Raïbi Jamila kaufen, la la la la la …
Nein, diesmal ist das kein Trost.
Nur weil Sidi seine Freundinnen aus guter Familie nicht vögeln kann, vögelt er mich. Er kann sie höchstens in den Arsch ficken, damit sie für den schönsten Tag ihres Lebens Jungfrauen bleiben. Werde ich jemals einen schönsten Tag meines Lebens haben?
Ja, Allah?
Was ich Dich eigentlich fragen will, Allah: Kann man seinem Schicksal entgehen? Hat ein Mädchen wie ich überhaupt ein Schicksal? Kannst Du mir im Ernst zum Vorwurf machen, dass ich ein Dach überm Kopf der Straße vorgezogen habe, ein bisschen Wärme der Kälte und ein Bett dem Bordstein? Meine Entscheidungen sind absolut logisch. Und natürlich. Wer will schon Bettlerin werden? Niemand. Ich nicht. Ich habe meinen Körper verkauft. Was wäre denn aus mir geworden, wenn ich mich nicht prostituiert hätte? Ich hätte draußen geschlafen neben den Verrückten, den Bettlern und den Hunden. Nein, Allah, lieber mache ich das und habe ein schäbiges Dach über dem Kopf, aber immerhin ein Dach. Du weißt genau, dass ich es nicht aus Spaß gemacht habe. Du kannst doch in meinem Herzen lesen, also weißt Du alles. Es dient nur zur Deckung der Grundbedürfnisse, wie man zu sagen pflegt. Entschuldigung, Allah, dass ich so schonungslos mit Dir spreche, aber da Du sowieso alles hörst, was man im tiefsten Herzen denkt, werden Dich ein oder zwei unpassende
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