Zorngebete
aber auch keine Lust, mit einem anderen das Ganze noch einmal von vorne anzufangen.
Wir sind in seinem Wagen. Ein vergammelter Mietwagen. Er hat behauptet, er sei Immobilienmakler in Paris. Er kann aber allerhöchstens Staubsauger-Vertreter in irgendeinem Kaff sein. Er schwitzt, er stöhnt, er ist genervt, weil ich es ihm nicht schnell genug mache. Er hält mich an den Haaren fest und fängt an, mich zu beschimpfen. Ich will mich nicht weiter darüber ausbreiten, aber eine Beschimpfung ist eine Beschimpfung. Plötzlich zerrt er zu fest an meinen Haaren, ich stoße seine Hand weg. Er steckt ihn mir in den Arsch. Dabei hatte ich gesagt »Nicht in den Arsch!« Aber ich will mein Geld und ich will nach Hause, deshalb meinetwegen in den Arsch.
Ich bin nicht allzu dämlich und außerdem lerne ich schnell. Ich weiß meine Vorzüge immer besser in Szene zu setzen, meine Haare sind gewachsen, und ich habe ein Produkt gefunden, das schöne Locken macht, ich schminke mich weniger, ich epiliere mich überall und lasse ab und zu eine
manucure
machen. Allmählich bekommt alles seine Ordnung. Im Monte Casino bin ich ziemlich populär geworden, sogar von den Türstehern am Eingang werde ich mit Küsschen begrüßt. Das ist sozialer Aufstieg.
Sidi Mohamed vögelt mich weiter umsonst. Inzwischen tut er es aber auch, wenn er nüchtern ist. Beim letzten Mal hat er mich am Hals gestreichelt.
Ich merke, dass ich dabei bin, mich zu verändern. Weil sich die Leute mir gegenüber anders verhalten. Latifa ist ständig sauer auf mich, die dicke Kuh teilt mir immer mehr Arbeit zu, Abdelatif hält mir die Tür auf, und Sidi Mohamed vögelt mich von vorn.
Ich habe von meinen Herrinnen gelernt, ich habe aufmerksam die Zeitschriften durchgeblättert, ich habe die anderen Nutten beobachtet und bin die beste geworden. Ich weiß jetzt, dass ich hübsch bin. Sogar schön. Sehr schön. Ich glaube, das ist das angenehmste Gefühl, das ich bis jetzt kennengelernt habe. Sogar in meiner Dienstmädchenuniform komme ich gut an. Ich epiliere mich mit Zucker und lasse sehr wenig übrig. Ich wasche mich jeden Tag, ich parfümiere mich, ich unterstreiche meine grünen Augen mit Khol und streiche Honig auf meine vollen Lippen. Moufhida vom Radio hat gesagt, dass Honig für die Lippen sehr feuchtigkeitsspendend ist.
Eines Abends, als ich glaube, das Haus sei leer, und mich zum Ausgehen fertigmache, ertönt in meinem Zimmer die Klingel. Ich renne in den Salon und erkenne Sidi Mohameds Glocke. Ich klopfe an die Tür seines Zimmers. Er liegt ausgestreckt auf dem Bett, in Jeans, mit nacktem Oberkörper. Er verlangt ein Zitronenwasser. Ich bringe ihm sein Zitronenwasser. Er verlangt Datteln. Ich bringe ihm Datteln. Er verlangt
Gazellenhörner
. Er verlangt, dass ich die Tür zumache. Ich mache die Tür zu. Er verlangt, dass ich mich neben ihn lege. Ich mache Anstalten, ihm einen zu blasen. Er sagt »Nein!« Er zieht mich aus und streichelt mich.
Was passiert mir da? Oh, mein Gott, was passiert da? Sidi Mohamed macht … Oh, verdammt, ist das gut! Das … das … das gefällt mir … Oh, mein Gott, was ist nur mit ihm los? Er ist ein Vollidiot, normalerweise … Oh, ist das gut! Mit seinem Finger zwirbelt er das kleine Kügelchen in meiner Spalte, und das erzeugt bei mir ein Kribbeln im gesamten Körper. Ich beiße mir vor Lust auf die Lippen, ich kann es gar nicht fassen. Ich glaube, er macht richtig Liebe mit mir. Danke, Sidi Mohamed. Danke.
Ich schreie und kann gar nicht aufhören damit. Ich erwarte, dass er mit mir schimpft, aber er lächelt. Ich schiebe sein Geschlecht in meins. Ich mache meine Beine so breit es geht, um ihm zu zeigen, dass er willkommen ist und dass er es von nun an immer sein wird. Wir machen Liebe. Jbara macht Liebe, und das fühlt sich gut an. Jetzt kann ich sterben.
Nichts wird mehr so sein wie vorher.
Ich will nicht mehr als Dienstmädchen arbeiten. Ich will Geld verdienen und einen Mann finden, der so etwas öfter mit mir macht. Auf jeden Fall damit anfangen, Geld zu verdienen, damit ich mir den Mann aussuchen kann, den ich will.
Am nächsten Tag habe ich meine Sachen gepackt und bin gegangen, und ich habe Sidi Mohamed nie wieder gesehen. Ich verzeihe ihm alles. Aber auch alles. Absolut alles. Nur daran werde ich mich erinnern.
Also, im Großen und Ganzen mache ich so weiter und gehe jeden Abend anschaffen. Ich bewohne ein kleines Zimmer in einem heruntergekommenen Haus im Stadtzentrum. Es ist verboten, aber inzwischen ist mir das
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