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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Leutnants lehnten sich weit über die Reling und spähten durch ihre Fernrohre.
    »Oder doch nur eine gewöhnliche Wolke?«, mutmaßte Bell.
    »Kapitän auf dem Quarterdeck!«, rief der Mann am Steuerrad und brachte die beiden Leutnants, die anderweitig beschäftigt waren, auf den neusten Stand. Ransome wie auch Bell ließen die Fernrohre sinken, wandten sich von der Reling ab und grüßten vorschriftsmäßig.
    »Dürfen wir zum Vorderdeck, um einen besseren Blick zu haben, Sir?«, fragte Ransome.
    »Haben Sie nicht Wache, Mr Ransome?«
    »Ja, Sir.«
    »Dann begeben Sie sich bitte dorthin, wie die Pflicht es verlangt, Leutnant. Ansonsten ist Ihr Platz hier, auf dem Quarterdeck. Sie sind kein Midshipman, der noch nie ein Rauchwölkchen gesehen hat.«
    »Aye, Sir.«
    »Mr Bell, Sie dürfen sich frei bewegen, bis Sie die Wache haben. Sie dürfen aufs Vorderdeck, wenn Sie mögen.«
    »Danke, Sir.« Doch inzwischen schien es dem Leutnant unangenehm zu sein, wie ein junger Bursche nach vorne zu eilen. Stattdessen verschwand er unter Deck und hielt sich von seinem offenbar schlecht gelaunten Kommandanten fern.
    Auch Hayden stieg bald darauf unter Deck und nahm seine Frühmahlzeit an seinem grob gezimmerten Tisch ein. Seitdem er das Kommando über die Raisonnable erhalten hatte, hatte er versucht, möglichst ausreichend zu essen, doch da vor dem Auslaufen noch so vieles zu erledigen gewesen war, blieben die Mahlzeiten unregelmäßig. Ein gutes Essen würde er womöglich erst wieder im nächsten Hafen bekommen. Bei dieser Aussicht verbesserte sich seine Laune nicht. Im Gegenteil, sie verschlechterte sich zusehends, was nur zum Teil am Schlafmangel liegen mochte. In jüngster Zeit hatte er einfach zu viele Enttäuschungen erlebt.
    Während der Frühmahlzeit hellte sich seine Stimmung zumindest ein wenig auf, was auch am heißen Kaffee liegen mochte. Schon bereute er es, Ransome zurechtgewiesen zu haben, obwohl sein Leutnant die Schelte verdient hatte – wenn nicht gar mehr.
    In diesem Zusammenhang fragte er sich, ob Ransome weiter um Wickhams Schwester geworben hatte. Gewiss würde Wickhams Vater sehr bald die Absichten des Leutnants durchschauen. In Wickhams Welt waren Mitgiftjäger gewiss keine Seltenheit.
    Hayden hatte die Mahlzeit kaum beendet, als die Schiffszimmerleute schon damit begannen, die Schotten zu entfernen. Tische und Bänke in der Offiziersmesse wurden fortgetragen. Aus dem Laderaum und dem Magazin wurden Pulver und Geschosse auf die Batteriedecks geschafft. Die Kanonen wurden aus den Arretierungen gelöst, die Mündungsdeckel abgenommen.
    Kurze Zeit später inspizierte Hayden die beiden Batteriedecks und war sehr zufrieden mit dem, was er sah. Alles war an Ort und Stelle, die Männer hatten ihre Positionen eingenommen. Die Aufregung vor einem möglichen Gefecht putschte die Geschützmannschaften auf.
    Zurück auf dem Quarterdeck, versammelte Hayden seine Offiziere um sich. »Mr Archer und Mr Bell bleiben hier auf dem Quarterdeck. Mr Bowen, Sie sind auf dem Vorderdeck. Mr Huxley, Sie haben das Kommando im unteren Batteriedeck, Mr Ransome, Sie auf dem oberen. Wir haben noch einige sehr unerfahrene Männer an Bord, daher geben Sie besonders acht. Auch unsere jungen Midshipmen lassen Sie bitte nicht aus den Augen. Die Geschützführer müssen im entscheidenden Moment die korrekten Befehle erhalten. Noch wissen wir nicht, was uns dort draußen erwartet, daher müssen wir auf alle Eventualitäten gefasst sein. Wir haben es insgesamt nicht nur mit einem starken französischen Geschwader zu tun, sondern auch mit dem Flottenverband aus Brest. Keiner dieser Flotten dürfen wir im Augenblick zu nahe kommen. Mr Wickham berichtet, dass der Rauch nicht in unsere Richtung weht. Kanonendonner ist nicht zu hören. Daher denke ich nicht, dass Lord Howe die französische Flotte in ein Gefecht verwickelt hat, aber das werden wir ja bald wissen.«
    Obwohl die Raisonnable gut im Wind lag, schien der Rauch am Horizont nicht näher zu kommen. Hayden fragte sich schon, ob sie nicht hinter einem Phantom herjagten.
    Gegen Mittag, also noch vor Beginn des neuen Schiffstags, rief ein Mann aus dem Ausguck: »Deck! Dort ist etwas im Wasser, Sir!«
    »Etwas?«, rief Hayden gereizt. »Könnte man es nicht besser als Schiff bezeichnen?«
    »Ich denke, nicht, Sir. Es verschwindet hinter jeder Welle.«
    »Mr Wickham, hinauf in die Topps, wenn ich bitten darf.«
    »Aye, Sir.«
    Hayden begab sich über die Laufbrücken weiter nach vorn, weil er

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