Zu feindlichen Ufern - [3]
ich mich demnächst vermählen.«
»Oh, meinen Glückwunsch, Doktor!«, erwiderte Hayden. »Sie dürfen sich glücklich schätzen. Und wer ist die zukünftige Braut?«
»Miss Brentwood«, antwortete Griffiths.
»Die junge Dame, die Sie in Gibraltar kennenlernten?«
»Genau die, Kapitän. Sind Sie überrascht?«
»Nicht im Mindesten«, log Hayden. »Sie haben mir erzählt, wie aufgeweckt sie ist, und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf, sie ist obendrein sehr hübsch. Ich bin mir sicher, dass sie beide glücklich miteinander sein werden, Dr. Griffiths.«
»Danke, Kapitän.«
Sie tauschten noch einige Höflichkeiten aus, ehe der Doktor sich entschuldigte und unter Deck verschwand. Hayden blieb allein an der Reling zurück, fühlte eine Leere in sich und war ein wenig durcheinander. Griffiths’ Neuigkeiten hatten Hayden nur vor Augen geführt, dass seine eigenen Heiratspläne gescheitert waren – allerdings hatte er sich in dieser Hinsicht keinem an Bord anvertraut. Obwohl er immerzu versuchte, alle Gedanken an Henrietta aus seinem Kopf zu löschen, es wollte ihm einfach nicht gelingen. Es war wie eine Wunde, die nicht heilen wollte.
Kurze Zeit darauf hörte er Hawthornes angenehme Stimme. Der Hauptmann sprach mit einem der Rudergänger. Da Hayden sich auf andere Gedanken bringen wollte, trat er an die Reling, lenkte die Aufmerksamkeit seines Hauptmanns auf sich und lud ihn ein auf das Poopdeck.
Hawthorne fixierte ihn mit einem wissenden Blick. »Wie ich hörte, haben Sie mit dem Doktor gesprochen, Kapitän. Dann haben Sie ja auch gewiss die frohe Nachricht gehört?«
»Sie sprechen von der bevorstehenden Hochzeit? Ja, davon hat er mir erzählt.«
»Und Sie haben ihn gewiss dazu beglückwünscht?«
»Aber natürlich. Was hätte ich denn sonst sagen sollen?«
»Ja, ganz recht.« Hawthorne schüttelte den Kopf. Auf Hayden wirkte er fast ein wenig erregt. »Ich glaube nicht, dass sie ihn glücklich machen wird«, sagte der Hauptmann. »Aber ich hoffe, dass sie das Leben unseres Doktors nicht zerstört.«
»Haben Sie so starke Bedenken, Mr Hawthorne?«
»Vergessen Sie nicht, es begann nicht gerade vielversprechend. Der Doktor rettete die junge Frau aus einer Gruppe betrunkener Seeleute. Huren gehörten auch zu jenem Pack.«
»Das stimmt schon. Miss Brentwood hatte das Glück verlassen, wie man so sagt.«
»Kommen Sie Kapitän, nennen wir die Dinge beim Namen. Mit nur einer Hand konnte sie kaum noch ihrer Arbeit nachgehen. Sie hatte keine Familienangehörigen mehr, kein Geld, keine Aussichten. Sie war kurz davor, sich den Männern als Hure anzubieten, wenn sie es nicht gar schon längst getan hat.«
»Es ist immer leicht, über andere zu urteilen, Mr Hawthorne, wenn man selbst noch nie in einer solchen Lage war.«
»Verstehen Sie mich nicht falsch, Kapitän, ich will nicht den ersten Stein werfen. Mir geht es nur um das Wohl unseres Freundes. Kein Zweifel, die junge Frau klammert sich an den guten Griffiths, weil sie in ihm einen Ausweg aus dem Elend sieht, in das sie hineingeraten ist.«
»Viele Ehen haben wenig mit gegenseitiger Zuneigung oder sogar Respekt zu tun. Zumeist geht es nur darum, den Besitz oder das Vermögen zu vergrößern. Bei Weitem keine Seltenheit.«
»Sie haben recht. Aber wer sieht schon gerne zu, wenn sich ein Freund in einem solchen Netz verheddert?«
»Hoffen wir, dass es nicht so schlimm ist, wie Sie befürchten, und dass unser Freund die Zuneigung von Miss Brentwood gewonnen hat. Gewiss, er hätte vielleicht eine bessere Partie machen können, anstatt sich auf eine Dienstmagd einzulassen – auch wenn sie eine hübsche Frau ist.«
Auf der Leiter zum Quarterdeck tauchte einer der neuen Midshipmen auf, wagte es jedoch nicht, einen Fuß aufs Poopdeck zu setzen. Hayden sah, dass der Bursche unschlüssig stehen blieb, da er sich nicht traute, den Kapitän in einer Unterredung zu stören.
»Huxley«, sagte Hayden und erlöste den Burschen aus dessen Unentschlossenheit. »Gibt es Dinge, die meiner Aufmerksamkeit bedürfen?«
»Einer der Seesoldaten scheint krank zu sein, Sir. Mr Hawthorne?«
Hawthorne wandte sich dem Burschen zu. »Hat dieser Mann auch einen Namen?«
»Ich glaube, er heißt Stewart, Sir. Ein Ire.«
»Ah, der Mann aus Sligo. Schauen wir mal, was er hat.« Er tippte an seinen Hut. »Wenn Sie entschuldigen, Kapitän, aber ich habe einen Patienten, der meiner speziellen Arznei bedarf.«
»Wir haben auch einen Schiffsarzt, Mr Hawthorne.«
»Sollte meine
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