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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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die Queen Charlotte ausscherte und recht scharf beidrehte.
    Hayden hatte das Manöver vorausgeahnt und ließ ebenfalls beidrehen, sodass die beiden Schiffe nur noch auf Schussweite einer Pistole auseinanderlagen. Nachdem das Beiboot abgefiert worden war, lag es nach nur zwei Dutzend Ruderschlägen längsseits, und Hayden erklomm schnell die Jakobsleiter. Er wurde mit den Tönen der Bootsmannspfeife an Bord empfangen und an der Reling vom Kapitän begrüßt.
    »Sie haben wichtige Nachrichten, Kapitän?«, fragte Sir Roger Curtis, nachdem er sich vorgestellt hatte.
    »Ja, Sir.«
    »Seine Lordschaft hat gleich Zeit für Sie, Kapitän.«
    Hayden wurde zur Admiralskajüte geführt, wo Admiral Lord Howe gerade dabei war, ein gekochtes Ei zu verspeisen.
    »Setzen Sie sich doch zu mir, Kapitän Hayden. Meine Hennen haben sie frisch heute früh gelegt.«
    »Oh, vielen Dank, Sir, aber ich habe soeben gefrühstückt.«
    »Dann müssen Sie aber einen Kaffee mit mir trinken. Ich hätte es lieber gesehen, Sie wären mit einem Vierundsiebziger gekommen, Kapitän, denn ich bin ganz ehrlich, für einen Vierundsechziger habe ich wenig Verwendung. Aber wie dem auch sei, selbst Ihr kleines Schiff wird seine Rolle spielen. Wann haben Sie Portsmouth verlassen?«
    »Vor genau sechs Tagen, Sir. Wir haben Eure Lordschaft gestern knapp vor Brest verpasst und können uns glücklich schätzen, Euch so rasch gefunden zu haben.«
    »In der Tat. War die Expedition noch auf ihrer Position?«
    »War sie, Sir. Und die Flotte aus Brest noch auf See.«
    »Ja, die französische Flotte ist vor uns«, sagte er und zeigte mit seiner Gabel allgemein in Richtung Bug. Der Admiral aß das Ei in aller Ruhe auf, tupfte sich den Mund elegant ab, erhob sich und widmete dann Hayden seine Aufmerksamkeit.
    »Sehen wir uns einmal die Nachrichten an.«
    Hayden überreichte dem Admiral das Päckchen. Schnell waren das Siegel gebrochen und die Briefe geöffnet. Derweil räumten die Diener den Tisch ab. Beim Lesen presste Howe die Lippen aufeinander, sodass sich an seinem Kinn zwei kleine Grübchen bildeten. Hayden glaubte, ein kaum wahrnehmbares Zittern in den Händen des Admirals zu entdecken.
    Ohne aufzublicken, ergriff Howe erneut das Wort. »Wie es scheint, Kapitän, sollten Sie einen unserer Vertrauten in Frankreich treffen.«
    »Ja, Sir.«
    »Können Sie bestätigen, dass in Cancale eine bedeutende Streitmacht zusammengezogen wird?«
    »Ich war nicht in der Lage, diese Einschätzung zu bekräftigen, Sir, aber Mr Stephens erachtete es als äußerst dringlich, Euch diese Nachricht unverzüglich zukommen zu lassen.«
    »Und wann haben Sie unseren Kontaktmann getroffen?«
    »Vor einigen Wochen, Sir.«
    Howe schien einen Moment lang nachzudenken und blickte in eine unbestimmte Ferne jenseits der Heckgalerie. »Wir wissen seit geraumer Zeit, dass die Franzosen begehrliche Blicke auf Jersey und Guernsey werfen, aber wir haben nie damit gerechnet, dass die Kanalinseln nur ein erster Schritt sein sollten – wir hielten England stets für unerreichbar.« Erneut dachte er nach und ließ die neuen Informationen auf sich wirken, die das strategische Wissen eines Mannes in seiner Position erweiterten. »Ich kann Admiral McBrides Geschwader keine Verstärkung schicken, solange die französische Flotte so nah ist.«
    In der Royal Navy war allgemein bekannt, dass Admiral McBride die Verantwortung oblag, die Kanalinseln zu verteidigen. Auch Hayden hing nun seinen Überlegungen nach und sagte schließlich, ohne groß über seine Worte nachzudenken: »Ist es denn denkbar, dass die Franzosen den Truppentransport ohne die Unterstützung der Flotte versuchen werden?«
    Howe war so in Gedanken versunken, dass er sich nicht daran stieß, dass ein jüngerer Offizier ungefragt das Wort ergriffen hatte. »Nur wenn die Kanalflotte zerstört oder unschädlich gemacht würde.« Howe warf abermals einen Blick auf den Brief, ehe er ihn auf den Tisch legte. »Ich bin immer davon ausgegangen, dass die französische Flotte auslief, um für die Sicherheit des amerikanischen Konvois zu sorgen – vielleicht war das nie die Absicht der Franzosen. Haben Sie selbst mit diesem Spion gesprochen, Kapitän?«
    »Habe ich, Sir.«
    »Aber er konnte keine Angaben bezüglich der Truppenstärke machen?«
    »Die Rede war von mindestens fünfundzwanzigtausend Mann – vielleicht mehr. Das ist zweifelsfrei in den Schreiben der Admiralität vermerkt, aber von unserem Vertrauten erfuhr ich, dass fünf oder sechs

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