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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Linienschiffe, zwei Razees, fünf Fregatten und mehr als einhundertfünfzig Frachter bereit stehen. Seinen Informationen zufolge sollten bis zu einhunderttausend Mann bei Cancale zusammengezogen werden.«
    »Es kann also nicht sein, dass Sie irgendwelche Zahlen falsch verstanden haben?«
    »Ich spreche fließend Französisch, Sir. Ich versichere Euch, dass ich jedes Wort des Spions genau verstanden habe.«
    Howe nickte, und der distanzierte Ausdruck in seinen Augen schwand. »Ich danke Ihnen, Kapitän. Ihnen ist bewusst, dass Sie sich fortan in meine Flotte eingliedern werden?«
    Hayden nickte.
    »Sie verfügen über unsere aktuellen Signale?«
    »Mr Stephens übergab mir eine Abschrift, Sir.«
    Der Admiral dachte wieder nach.
    »Sir?«
    Schließlich sah Howe Hayden an und nickte.
    »Mein Schiffsarzt, der ganz ausgezeichnete Arbeit leistet, hat einen Patienten, dessen Symptome ihm Kopfzerbrechen bereiten. Er bittet mich, um Erlaubnis zu fragen, jenen Mann zu Dr. Trotter an Bord der Charon bringen zu dürfen. Mein Schiffsarzt ist der Ansicht, dass der Mann aller Wahrscheinlichkeit nach stirbt, wenn keine einwandfreie Diagnose gestellt wird oder die richtige Arznei fehlt.«
    »Ich bin mir sicher, dass Trotter erfreut ist, diesen Mann aufzunehmen. Nichts macht diesen Mann glücklicher als ein neues medizinisches Rätsel.«
    »Haben Sie Dank, Sir.«
    Howe quittierte Haydens Dankesworte mit einem kurzen Nicken. »Die Raisonnable scheint ein schnelles Schiff zu sein. Können Sie diese Einschätzung bestätigen?«
    »Sie ist ausgesprochen schnell, Sir. Ich tat dort bereits Dienst als junger Leutnant und kann Eurer Lordschaft bestätigen, dass sie schneller als manch eine Fregatte und für ihre Größe sehr wendig ist.«
    »Dann werden Sie außen bleiben. Sobald Sie Ihren Patienten zu Dr. Trotter geschickt haben, nehmen Sie auf Höhe der führenden Schiffe Ihre Position an Backbord ein. Sollten die Umstände es erfordern, werde ich Ihnen signalisieren, die Fregatten weiter voraus zu unterstützen, falls feindliche Segel zu sehen sind.«
    »Die Raisonnable ist wie geschaffen für solche Aufgaben, Mylord, und wird Euch in keiner Weise enttäuschen.«
    »Es ist selten das Schiff, das enttäuscht, Kapitän. Sie dürfen dann gehen.«
    Hayden verbeugte sich ehrerbietig und verließ rasch die Kajüte. Als er sich in den Achterspitzen seines Beibootes setzte, nahm die Queen Charlotte bereits wieder Fahrt auf.
    Kaum hatte er die Reling des eigenen Schiffes überwunden, rief er auch schon nach Archer und Barthe.
    »Lassen Sie das Boot längsseits, Mr Archer. Wir haben die Erlaubnis erhalten, den Patienten des Doktors zur Charon zu rudern. Danach nehmen wir unsere Position noch vor dem Kopf der Formation ein.«
    »Wir segeln nicht in der Kiellinie, Sir?«, wollte Archer wissen und machte aus seiner Erleichterung keinen Hehl.
    »Diesmal nicht.«
    Hayden schaute sich im Kreise seiner Offiziere und Midshipmen um, die sich auf dem Quarterdeck eingefunden hatten. Eine unübersehbare Anspannung hatte sich der Männer bemächtigt. Selbst die neuen Midshipmen hatten begriffen, dass ein 64-Kanonen-Schiff einem Vierundsiebziger nicht gewachsen war. Wenn sie sich in die Kiellinie eingliedern müssten, würden sie gewiss auf ein Schiff mit größerer Feuerkraft stoßen. Der Ausgang einer solchen Begegnung war absehbar. Die Raisonnable würde schwere Treffer einstecken und wäre womöglich gezwungen, die Segel zu streichen. Der Gedanke, als Vollkapitän gleich während des ersten Kommandos das Schiff zu verlieren – zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen – machte Hayden mehr Angst, als er in Worte zu fassen wusste.
    »Wir gehören fortan dem Flottenverband an, meine Herren«, ließ er die Versammelten wissen, »und müssen uns stets nach dem Flaggschiff und nach den Schiffen richten, die die Signale wiederholen. Lord Howe gilt nicht gerade als geduldiger Mensch und kann Unfähigkeit auf den Tod nicht ausstehen. Machen wir uns also an die Arbeit.«
    Auf Drängen des Doktors hin begleitete Hayden seinen Freund und dessen Patienten zum Lazarettschiff Charon . Das ehemalige 44-Kanonen-Schiff, das inzwischen nur noch Deckgeschütze und nicht mehr als einhundert Mann Besatzung hatte, beherbergte auf dem früheren Batteriedeck ein Lazarett. Obwohl die Charon unter dem Kommando von Kapitän George Countess stand, galt Dr. Thomas Trotter, seines Zeichens Schiffsarzt der Flotte, in vielerlei Hinsicht als dienstältester Offizier. Kapitän Countess

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