Zu feindlichen Ufern - [3]
Halsen vor und machen uns auf ein Gefecht gefasst. Alles klarmachen zum Halsen, Mr Archer, wenn ich bitten darf.«
»Aye, Sir. Alles klarmachen zum Halsen, Mr Franks!«, wurde der Befehl weitergegeben.
Zwar dauerte es nur einen Moment, bis die Männer auf ihren Posten waren, aber Hayden war kaum in der Lage, seine Erbitterung zu verbergen. Die ganze Zeit über beobachtete er das französische Schiff durch das Fernrohr und suchte nach Anzeichen, die darauf hindeuteten, dass der Kapitän ebenfalls den Befehl zum Halsen gegeben hatte.
»Ausguck!«, rief er dem Mann im Kreuzmarssegel zu und musste den Hut mit einer Hand festhalten. »Dreht der Franzose vor dem Wind?«
Der Matrose blickte einen Moment durch sein Fernrohr. »Kann ich nicht mit Sicherheit sagen, Sir, aber ich glaube, nein, Sir.«
»Hoffen wir, dass er recht hat«, murmelte Hayden in Archers Richtung.
»Großmarssegel aufgeien! Achterrahen brassen! Besan bergen!« Nach einer kurzen Pause schallte der nächste Befehl über Deck. »Auf das Ruder!«
Das Schiff begann, nach Backbord zu drehen, Wellen und Wind fielen von achtern ein.
»Klüver und Fockmastsegel backbrassen! An die Vorsegelschoten!«
Rahen wurden gebrasst, Schote und Halse wurden angeholt und gefiert. Das Heck des Schiffes ging durch den Wind, und die Themis wurde auf den neuen Kurs gedrückt, was allerdings bedeutete, dass sie bei dem gegenwärtigen Wind mehr oder weniger zurück nach Le Havre fuhren.
Hayden entging nicht, dass Barthe und Archer unglückliche Blicke tauschten.
Der Franzose blieb eine Weile auf seinem Kurs, ehe er merkte, wie die Themis vor dem Wind drehte. Bald darauf ging auch die feindliche Fregatte mit dem Heck durch den Wind, allerdings nicht so schnell wie die Briten. Als beide Schiffe ihren neuen Kurs eingeschlagen hatten, lag der Franzose an Backbord, aber nicht mehr so weit nördlich wie zuvor. Unvermittelt stoben Rauchpilze von der französischen Fregatte auf, und Augenblicke später erreichte der Widerhall der Geschütze die Offiziere auf dem Quarterdeck der Themis .
Überrascht wandte sich Archer an Hayden. »Wir sind doch außerhalb der Reichweite von Achtzehn-Pfündern?«
»In der Tat, Mr Archer, aber diese Kanone hat nicht auf uns gezielt. Die versuchen bloß, ihr Schwesterschiff auf uns aufmerksam zu machen.«
Hayden hatte längst die Crew zurück an die Geschütze geschickt und den Mann im Klüverbaum ausgetauscht. Falls sich die zweite Fregatte aus diesem Dunst löste, so wollte Hayden sie als Erster entdecken. Da er schon einmal Zeuge einer Kollision auf See geworden war und die unheilvollen Folgen am eigenen Leib erfahren hatte, wusste er, was auf dem Spiel stand.
Derweil stand Archer beim Nachthaus und blickte immer wieder vom Kompass hinüber zu dem Verfolger. »Sir«, sagte er kurz darauf. »Wie es scheint, halten wir die Distanz. Weder scheren wir aus noch fallen wir ab.«
»Freut mich zu hören, Mr Archer.« Hayden fixierte den Feind durch das Fernrohr. »Hoffen wir, dass dieser Wind ein wenig abflaut, denn wir haben unsere Bramstengen und Bramsegel noch, während eine der Fregatten ohne auskommen muss.«
Diese Feststellung erfüllte die Offiziere auf dem Quarterdeck mit Zuversicht, doch im Verlauf der nächsten Dreiviertelstunde schien der Wind nur weiter aufzufrischen.
»Schiff!«, kam es vom Klüverbaum. »Anderthalb Strich Steuerbord voraus!«
Hayden eilte aufs Vorderdeck, als ein Schiff in den Schleiern aus Dunst und Regen Gestalt annahm. »Stückpforten an Steuerbord öffnen!«, befahl er. »Geschütze ausrennen!«
Die Schiffe lagen beide hart am Wind – das eine lag über Steuerbordbug, das andere über Backbordbug – und würden nach einer Viertelmeile aneinander vorbeisegeln. Bei dieser unruhigen See war es gefährlich, die Stückpforten zu öffnen, aber Hayden hatte sich die Aktion gut überlegt und war der Überzeugung, dass sie es riskieren könnten. Binnen kurzer Zeit kamen die beiden Fregatten in Schussweite. Die Briten jedoch waren ein bisschen besser vorbereitet und feuerten ihre Breitseite als Erste ab. Die Geschosse zerfetzten Segeltuch und zertrümmerten das Schanzkleid. Splitter flogen durch die Luft.
Die Antwort erwies sich als nicht so wirkungsvoll. Denn Hayden war sich sicher, dass lediglich zwei Drittel der Geschützbatterie gefeuert hatten. Die übrigen Mannschaften schienen sich noch nicht von der ersten Breitseite der Themis erholt zu haben.
Schon waren die beiden Schiffe aneinander vorbeigesegelt. Hayden
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