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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Sir.«
    Hayden, der selbst ein halber »Froschfresser« war, gab sich Mühe, die Bemerkung nicht persönlich zu nehmen.
    Vom Vorderdeck war ein Ruf zu hören, der von den Maaten weitergegeben wurde.
    »Schiff Backbord voraus!«
    »Schiff Backbord voraus!«
    Hayden rannte so schnell zum Bug, wie es das schwankende Deck zuließ. Dort, erschreckend nah, tauchte die zweite Fregatte auf und war im Begriff, leewärts vorbeizusegeln.
    »Bereithalten zum Feuern!«, rief Hayden, worauf die Karronaden in der Kuhl mit Handspaken und schierer Muskelkraft neu ausgerichtet wurden.
    »Feuern auf mein Kommando, Mr Baldwin!«, befahl Hayden seinem erfahrensten Geschützführer.
    Hayden passte den richtigen Zeitpunkt ab. »Feuer!«
    Schon spie das erste Deckgeschütz Flammen und Qualm, und der Widerhall stach Hayden in den Ohren. Der Donner setzte sich fort, als ein Deckgeschütz nach dem anderen feuerte, bis die ersten Drehbassen erneut ihre Ladung abschossen. Nach dem ohrenbetäubenden Lärm gewannen wieder die Geräusche der See und des Windes die Oberhand. Hayden empfand das Klatschen der Wellen fast als Stille.
    Zum ersten Mal nach vierundzwanzig Stunden atmete er durch und fühlte sich nicht mehr so verspannt. Im Augenblick hatten sie den günstigsten Kurs seit Stunden eingeschlagen – die Themis segelte in Richtung Plymouth, und die Franzosen waren überrascht worden. Hayden war überzeugt davon, dass sein Schiff die Distanz zu den Feinden würde halten können, solange der Wind ihnen keinen Strich durch die Rechnung machte. Jetzt hielt er es für wahrscheinlich, dass sie entkommen würden. Sicher konnte er indes nicht sein. Mochte der Sturm auch stärker werden, je schwärzer die Nacht wurde, desto zuversichtlicher war Hayden, dass sie die Franzosen abschüttelten.
    Die Wache unter Deck wurde abgelöst, und auch die Wachen an Deck durften nun auf dem Batteriedeck beim Fuße der Niedergänge ein wenig Schutz vor dem Wind suchen. Eine kleine, aber willkommene Belohnung für das lange Ausharren bei diesem Wetter.
    Da Hayden den ganzen Tag und bereits einen Teil der Nacht davor an Deck zugebracht hatte, übermannte ihn allmählich eine bleierne Müdigkeit. Seine Gedanken irrten ziellos umher, bis Leere in seinem Kopf herrschte. Arme und Beine waren fast steif gefroren und schienen Haydens Willen kaum noch zu gehorchen. Er wusste, dass er den Schlaf brauchte, wenn er sich auf seinen wachsamen und entschlussfreudigen Geist verlassen wollte, aber im Augenblick durfte er sich diesen Luxus nicht gönnen. Nicht bei dieser unkalkulierbaren Situation, wo der drehende Wind ihnen im Nu zwei Fregatten auf den Hals hetzen könnte. Von dem Kajütsdiener ließ er sich noch einmal Kaffee bringen und genoss die schwarze Flüssigkeit in der Wärme der Offiziersmesse. Auch Leutnant Archer war zugegen, aber er besaß den Anstand, seinen Kommandanten in dieser wohlverdienten Pause nicht anzusprechen.
    Kurz darauf war Hayden zurück an Deck. Die Nacht war inzwischen schwarz wie Tinte, die Luft merklich kälter. Hayden fror trotz des Mantels. Immer wieder klatschte der Regen, getrieben von starken Böen, auf das Deck, und der Wind spielte unheimliche, hohle Laute in der Takelage.
    Mittschiffs in der Kuhl war Ransome der wachhabende Offizier. Er stand im Schutz einer der Karronaden, mit dem Rücken zum Wind.
    »Wo ist unser Franzose?«, erkundigte sich Hayden.
    Der junge Leutnant richtete sich auf, als er seinen Kommandanten sah, und deutete in nordöstlicher Richtung in die Dunkelheit. »Dort, Sir. Position unverändert. Sie kann im Wind nicht aufholen, scheint aber noch die Bramsegel gesetzt zu haben. Doch Mr Wickham ist der Meinung, dass der Franzose sie vor Kurzem aufgegeit hat. Ein Mann in der Marsplattform will ein zweites Licht entdeckt haben, das auftaucht und wieder verschwindet, nicht dwars, sondern weiter Backbord voraus, Sir. Wir vermuten, es ist der zweite Franzose.«
    Eine unwillkommene Nachricht für Haydens Ohren, aber in der Dunkelheit merkte ihm niemand seinen Verdruss an.
    »Und unser Wind?«
    »Er dreht ein wenig, Kapitän. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, er wird raumen, was heute ein Glück für uns wäre.«
    »Glück hat man bei Whist, Mr Ransome.« Hayden war im Begriff, sich nach dem Kurs zu erkundigen, trat indes ans Kompasshäuschen und verschaffte sich selbst einen Überblick. Tatsächlich, der Wind hatte ein wenig auf Nord gedreht, und der Kurs der Themis war nicht unbedingt günstig. Da Mr Barthe sich

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