Zu Schnell
uns rübergekommen und hat mich geholt.«
»Mir doch egal«, sagte er. »Meinst du, es interessiert mich, wen sie zum Essen einlädt? Das Haus gehört immer noch meinem Vater.«
»Danny?« Das war Mrs Kennedy. Ich drehte mich zu ihr. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie meinen Namen schon ein paarmal gesagt hatte, ohne dass ich es hörte. »Was würdest du gern trinken?«
»Keine Ahnung – ein Glas Wasser vielleicht.«
»Ich glaube, da kann ich dir was Besseres anbieten. Wie wär’s mit einer Cola? Oder mit einem Glas Orangensaft?«
»Cola«, antwortete ich schnell.
»Gut, dann bekommst du eine Cola. Luke, was möchtest du?«
»Mir egal«, knurrte Luke.
»Auch gut«, sagte Mrs Kennedy und stellte mir eine Cola hin. »Wenn’s dir egal ist – du weißt ja, wo der Kühlschrank ist, und kannst dir selbst was holen.«
»Cola ist schlecht für die Zähne«, verkündete Mr Benson. Ich schaute ihn erschrocken an, weil ich schon befürchtete, er hätte etwas dagegen, dass ich Cola trank, doch er schien es gar nicht als Kritik gemeint zu haben. »Für mich fängt der Tag trotzdem erst richtig an, wenn ich ein Glas Cola getrunken habe. Ich bin regelrecht süchtig. Andere Leute sind kaffeesüchtig oder können nicht aufhören zu rauchen.« Er warf Mrs Kennedy einen strengen Blick zu, aber die schüttelte nur lachend den Kopf. Ich wusste nicht, ob er einen Witz gemacht hatte oder nicht, aber wahrscheinlich war es nicht ganz ernst gemeint gewesen, weil sie es ja offenbar lustig fand. »Für mich ist es Cola. Und für dich, Luke? Was für eine Sucht hast du?«
»Gibt es heute Abend irgendwann mal was zu essen?«, knurrte Luke und funkelte ihn böse an. »Oder reden wir nur darüber?«
»Ich glaube, hier hat jemand Hunger«, sagte Benson und gab jeweils ein Steak auf die Teller, dazu Kartoffeln und Gemüse. Anschließend goss er die Pilzsoße über das Fleisch und schob jedem von uns einen Teller hin. Er setzte sich mir gegenüber, während Luke und seine Mutter an den beiden Tischenden saßen.
»Ein Hoch auf den Koch!«, sagte Mr Benson und hob sein Glas. »Das heißt – nein!«, rief er dann scheinbar erschrocken, als hätte er etwas vergessen. »Das bin ja ich. Wie unhöflich.«
Mrs Kennedy lachte, und ich musste grinsen. Nur Luke machte ein Gesicht, als wäre er kurz davor, jemanden zu ermorden. Hoffentlich nicht mich. Vorsichtshalber unterdrückte ich mein Grinsen ganz schnell, damit er es nicht sah.
»Und was hast du heute gemacht, Danny?«, erkundigte sich Mrs Kennedy. »Irgendwas Interessantes?«
»Ich war mit dem Rad unterwegs«, antwortete ich.
»Ich kann nicht mehr Fahrrad fahren«, sagte Mr Benson. »Ich bin zu schwer, der Rahmen bricht unter mir zusammen.«
»Als Mädchen bin ich wahnsinnig gern geradelt«, erzählte Mrs Kennedy. »Dabei habe ich übrigens David kennengelernt«, fügte sie hinzu. »Bei einem Fahrradurlaub in Frankreich.«
»David ist mein Vater«, erklärte Luke, obwohl ich das längst wusste. »Das hier ist sein Haus.«
»Stimmt nicht ganz – es ist mein Haus«, sagte Mrs Kennedy und schaute ihren Sohn sehr ernst an. »Es gehört mir und dir.«
Mr Benson und ich wechselten einen Blick, sagten aber nichts. Ich versuchte mir auszumalen, wie es wäre, wenn Dad nicht bei uns wohnen würde und uns auch nicht besuchen käme. Luke sah seinen Vater fast nie. Ich konnte es mir beim besten Willen nicht vorstellen. Unser Haus ohne Dad? Oder ohne Mam?
Ich schaute auf meinen Teller, und obwohl ich eigentlich großen Hunger hatte, wollte ich nichts essen.
»Was ist los, Danny?«, fragte mich Mrs Kennedy. »Hast du keinen Appetit?«
Mit gesenktem Blick schüttelte ich den Kopf. Weil ich spürte, dass mir die Tränen kamen, zählte ich in Gedanken von eins bis zehn, so schnell ich nur konnte. Ich wollte auf gar keinen Fall weinen.
»Aber wenn du nichts isst, dann wirst du krank«, sagte sie.
»Seht euch das an!«, rief Luke triumphierend. »Er heult!«
»Stimmt doch gar nicht!«, zischte ich, aber schon kullerte die erste Träne auf meinen Teller. Ich blitzte Luke wütend an. Mein Kinn zitterte, und ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Hastig wischte ich sie mit dem Handrücken weg.
»Luke, halt den Mund!«, schimpfte Mrs Kennedy.
»Tut mir leid«, murmelte ich.
»Es braucht dir nicht leidzutun«, tröstete mich Mrs Kennedy und stand auf. »Überhaupt nicht. Komm doch kurz mit mir ins Wohnzimmer. Da kannst du dich entspannen. Und Luke – ich
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