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Zu viele Flueche

Zu viele Flueche

Titel: Zu viele Flueche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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nicht ganz sicher war, ob Geister überhaupt bluten konnten.
    Er wich zurück. Seine Augen wurden groß. »Du hast mich gebissen!«
    Das Schloss lachte. »Sehr gut! Obwohl ich persönlich ja ein oder zwei Finger abgebissen hätte.«
    »Du kannst mich gar nicht beißen!« Margle rieb sich die Wunde. »Ich bin dein Meister!«
    »Du warst mein Meister.« Sie entblößte ihre scharfen Zähne zu einem freundlichen Lächeln.
    Die Fackeln um Nessy herum brannten heller, während die anderen erloschen. Dunkle Dinge, man konnte es nicht anders beschreiben, glitten aus den Schatten und schlangen sich um Margle, zerrten ihn in die Dunkelheit, wo seine Schreie bald verklangen. Das Licht kehrte zurück, und dann war er fort.
    »Was hast du mit ihm gemacht?«, fragte Nessy.
    »Nicht mehr, als er verdient hat.« Die Stimme war jetzt tiefer, härter, mit grimmigem Humor gefärbt. »Gönn es ihm, eine Weile mit meinen Schatten zu ringen. Dann sind sie eine Zeitlang beschäftigt.«
    Entfernte Schreie und Geheul, die Margle und etwas anderem gehörten, drangen an Nessys Ohren, und sie verzog das Gesicht.
    »Wo nimmst du das Mitleid für solch eine verdorbene Seele her?«, fragte das Schloss. »Dein Mitgefühl ist unangebracht. Meine Dunkelheit ist Margles eigene Schöpfung. Er erntet nur, was er selbst gesät hat.«
    Sie zuckte die Achseln. Mit Grausamkeit hatte sie nie etwas anfangen können - auch nicht, wenn man sie gegen die Grausamen selbst richtete.
    Die Korridore verdüsterten sich, und mehrere Fackeln flackerten hell auf. »Geh ein Stück mit mir, Nessy. Aber bleib in meinem Licht. Meine Seele ist ein aufgewühltes Meer, und viele der weniger angenehmen Dinge, die darin schwimmen, sind in letzter Zeit unruhig geworden. Im Gegensatz zu Margle hast du nicht die nötige magische Ausbildung, um solchen geistigen Qualen widerstehen zu können.«
    Die Fackeln führten sie die Flure entlang, und Nessy hörte sich an, was das Schloss ihr erklärte.
    »Um die Lage zu verstehen, musst du die grundsätzliche Philosophie von Zaubersprüchen begreifen. Das ist ein Geheimnis, das nicht viele kennen, denn Zauberer und ihresgleichen sprechen nicht gern darüber. Sie tun lieber so, als seien sie Herr über die Magie, während sie in Wirklichkeit wenig mehr als Schneider und Näherinnen sind, die ihre Zauber aus einem wesentlich größeren Webteppich nähen und knüpfen. Sie schneiden hier ein bisschen ab, verknüpfen dort zwei Teile miteinander und kappen ein paar unerwünschte Stücke. Dieses verworfene Material wird weggeschmissen und auf natürliche Weise wieder in diesen Webteppich absorbiert.
    Doch hier hat Margle in seiner zerstörerischen Gier seinen Fehler gemacht. Denn der habgierige Narr, der er war, weigerte er sich, diese Stücke freizulassen. Er warf sie hinter eine besondere Tür in seinem Schloss, und zwar aus keinem anderen Grund, als dass er den Gedanken nicht ertragen konnte, sie loszulassen. Sie nützten ihm nichts, diese kleinen Stückchen unfertiger Magie. Also ruhten sie sehr lange Zeit unbeachtet hinter dieser besonderen Tür. Bis etwas Unvorhergesehenes begann.
    Diese Stücke von Zaubersprüchen und Fetzen von Hexerei begannen sich jedoch zu entwickeln, zuwachsen und sich zu verändern, gewissermaßen zu gedeihen. Jeder Zauber, der gewirkt wurde, trug zu der explosiven Mischung, zu diesem neuen Leben bei. Und das ging eine ganze Weile so, bis Margle es endlich bemerkte.
    Damals hätte er es ungeschehen machen können. Aber in seiner Arroganz erkannte er es nicht als das, wozu es werden konnte. Stattdessen war er neugierig. Und so bekam es die Möglichkeit, seine Evolution unter Margles Beobachtung fortzusetzen. Doch irgendwann konnte selbst sein Dünkel die Wahrheit nicht mehr verbergen. Dass nämlich dieses Experiment hinter Der Tür zu mächtig, zu gefährlich und auch zu unberechenbar geworden war. Bis dahin war es jedoch längst zu spät, es zu zerstören. Magie ist rohe Möglichkeit, aber aus zu viel Möglichkeit entsteht nur Chaos. Meere hätten kochen können. Kontinente hätten versinken können. Monster hätten aus Höllenwelten fallen können. Katzen hätten anfangen können zu tanzen, und Gänse hätten für den Winter nach Norden fliegen können als in einer Jahreszeit, die nur drei Minuten lang gewesen wäre. Und das sind lediglich Beispiele. Wenn aber solch beispiellose magische Energien dermaßen plötzlich entfesselt würden, könnte dies den Wahnsinn in die Welt bringen.
    Margles einzige Alternative war,

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