Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
bekommen wollen.«
     

18
     
    Jane weinte weiter, als sie alleine war. Warum hatte sie so reagiert? Ihr gesunder Menschenverstand sagte ihr, daß er recht hatte; ein Mann heiratete selten ein Mädchen aus Mitleid, bestimmt nicht ein Mann seiner Art. Es kam nur daher, weil er mit all diesen abfälligen Bemerkungen über den >Weißen Elefanten< begonnen hatte. Erschreckt dachte sie: »Ich werde engstirnig. Dieses Haus wird zu einer fixen Idee. Nur weil ich so eingebildet bin, daß ich keinen Mißerfolg ertragen kann, springe ich jedem ins Gesicht, der sagt, daß das noch einmal einer wird. Ich will eine Selbstbestätigung, das ist es. Aber wird es Philip noch einmal sagen?«
    Denn plötzlich gestand sie sich beschämt ein, daß sie seit Monaten diese Worte von ihm ersehnt hatte und sich dessen bewußt geworden war, als Philip sagte: »Ich liebe dich.«
    »Inzwischen wird es erst einmal ein unerfreuliches Wochenende geben«, dachte sie niedergeschlagen.
    Aber sie täuschte sich noch immer in ihm. Philip schien ganz zuversichtlich. Kein Anzeichen für einen abgewiesenen Liebhaber, ganz im Gegenteil, er schien ein ruhiges Wochenende am Meer zu genießen und sprach insbesondere mit Katherine über die Vorzüge ihres Vaters und ihre eigene aufregende Zukunft.
    Er war liebenswürdiger und besser gelaunt, als Jane ihn je gekannt hatte, und sie hätte ihm etwas an den Kopf werfen können. Statt dessen gab sie sich den ganzen Tag über sehr fröhlich und weinte sich abends in den Schlaf, was, wie sie am nächsten Morgen, als sie in den Spiegel guckte, feststellte, ihr Aussehen nicht gerade verbesserte.
    »Ihr habt mich schon einmal abgewiesen, als ich einen Tag an der Küste entlangfahren und ein Picknick machen wollte«, sagte er, »aber ich schlage es noch einmal vor. Ein fauler Tag, an dem niemand kochen oder Rücksichten zu nehmen braucht.«
    Jane wollte Schwierigkeiten machen, aber Katherine sagte geschickt: »Laß uns doch gehen, mein Schatz. Du siehst wie ein kleines Gespenst aus, und du hast seit Ewigkeiten keinen Tag mehr an der frischen Luft verbracht. Denk an diesen schrecklichen Osterrummel, der im Handumdrehen da sein wird. Das ist unsere letzte Gelegenheit.«
    Es war ein herrlicher Tag, typisch für den Spätsommer im Norden: heiß, aber ein leichter Nebel über dem Meer, der sich später hob. Sie fuhren dreißig Meilen die Hauptstraße hinunter, deren Staub erfreulicherweise von einem heftigen Schauer in der letzten Nacht weggewaschen war. Jane kannte die Nordspitze der Halbinsel kaum; ihr waren Picknicks und lange Autofahrten nicht so über den Weg gelaufen wie Katherine. Sie war entzückt über die Schönheit der vielen winzigen Buchten, wo das Gebüsch manchmal bis an den Rand des Sandes wuchs. Manch kleiner stiller Strand, abgelegene in einem Eckchen versteckte Farmen, die in ihrer Abgeschiedenheit geschützt und sicher aussahen. Jane war plötzlich von dieser ganzen Schönheit überwältigt und blickte durch einen Tränenschleier.
    Die Angst vor der Einsamkeit packte sie. Nächstes Jahr um diese Zeit, vielleicht schon in einem halben Jahr um diese Zeit, würde sie alleine sein. Der Mensch, der ihr Leben geteilt und ihr Denken und Fühlen ausgefüllt hatte, würde nicht mehr da sein. Plötzlich setzte sie sich auf und ging mit sich selbst zu Gericht. Ihre Liebe war egoistisch, immer hatte sie sich gesagt, sie würde Katherine an die erste Stelle setzen, aber das stimmte nicht. Es war Jane, immer Jane, und nach Jane seltsamerweise der >Weiße Elefant«. Sie, die Komplexe verachtet hatte, hatte mit Sicherheit einen ganz beträchtlichen entwickelt.
    Sie verbrachten den Tag mit Nichtstun, schwammen, lagen in der Sonne und unterhielten sich ein wenig. In dieser Nacht schlief sie besser und verabschiedete sich am nächsten Morgen fröhlich von Philip. Sie waren nicht allein, und er gab nichts preis, sondern sagte nur: »Vielleicht sehe ich vor Ostern noch einmal herein, aber es ist schwer zu sagen. Ich war zu lange von meiner Praxis abwesend.«
    »Sie könnten uns vielleicht wissen lassen, wenn Sie ein Zimmer möchten«, sagte Jane gekränkt, und dann war sie wütend mit sich selbst, als er nur die Achseln zuckte und sagte: »Ihr scheint nicht überbelegt zu sein«, dann winkte er lässig und war verschwunden.
    »Und jetzt nehme ich an, müssen wir uns an die Arbeit machen und an Ostern denken«, sagte Katherine mit einem ungeheuren Gähnen. »Ein Segen, daß es kurz ist, und du hast dieses Jahr ja auch keine

Weitere Kostenlose Bücher