Zum weißen Elefanten
Tochter dieses Geld gespart hatte, seit es ihr mit einundzwanzig Jahren übertragen worden war, und Jane hatte sie nicht enttäuscht.
Und nun hatte sie ihre Stellung verloren, Katherine hatte ihre Verlobung gelöst, und die Mieter hatten gekündigt. Sie besaßen zusammen einundzwanzig Mark, plus Miete und ihrem Geld auf der Bank. Nachdem sie all das sorgfältig ausgerechnet hatten, beschlossen sie, in ein Restaurant zu gehen, um gut zu essen. »Gekochte Eier zu Hause sind so deprimierend«, brachte Katherine vor, und Jane stimmte ihr zu, mit der Bemerkung, daß es immer falsch sei, zu glauben, das Schicksal hätte einen untergekriegt.
Der folgende Monat war von Ereignissen, wenn auch nicht von finanziellem Fortschritt, erfüllt. Jane, die ihrer zweifelhaften Rechtschreibung nicht mehr den Kampf anzusagen wagte, nahm eine Stelle in einem Warenhaus an. Aber sie war keine gute Geschäftsfrau, und nachdem die Betriebsleiterin gehört hatte, wie sie einer Kundin riet, diese Strümpfe nicht zu kaufen — »weil ich sie selbst ausprobiert habe, und sofort Maschen laufen« — wurde ihr mit einer Woche Frist und vielen guten Ratschlägen gekündigt.
Inzwischen half Katherine in einem Blumenladen. Sie sah so entzückend zwischen den frischen Frühlingsblumen aus, daß junge Männer möglichst lange blieben und mehr Blumen, als sie es sich leisten konnten, für weniger hübsche Freundinnen kauften. Obwohl ihr der Hof gemacht wurde, blieb Katherine unnahbar, denn sie litt noch, weil sie Deryk beim Mittagessen mit einer hübschen und intelligent aussehenden Brünette erblickt hatte.
Ihr Arbeitsverhältnis dauerte drei Wochen, hauptsächlich, weil nur der Inhaber mit dem Geld umging, und sie kein Wechselgeld zu zählen brauchte. Es endete sehr geräuschvoll, als er versuchte, sie hinter einer großen Vase rosafarbener Rosen zu küssen. Die Vase zerbrach in Stücke, und Katherine ergriff sofort die Flucht.
»So, hier wären wir wieder, und niemand will das Haus mieten, wenn wir nicht Geld für Anstrich und Tapeten ausgeben — aber Geld haben wir nicht.«
»Wir haben massenhaft Geld auf der Bank. Ich wiederhole mich wie ein Papagei.«
»Und ich wiederhole, daß wir unsere Reserven nicht aufbrauchen dürfen.«
Katherine stöhnte. Sie hatte keinen Finanzverstand, und Zukunftsdenken war ihr fremd.
»Ich wünschte, wir könnten wieder ein bißchen Spaß haben, statt ständig daran zu denken, daß wir Geld sparen müssen.«
»Wir sparen es nicht, aber wir müssen leben.«
»Aber mein Schatz, wir würden doch nicht verhungern. Die Leute würden uns nicht verhungern lassen.«
Jane lachte und gab nach. Niemand hätte Katherine widerstehen können, wenn sie so guckte — ihre blauen Augen flehten, ihr Mund verzog sich etwas —, am wenigsten ihre Kusine, die sie anbetete. Sie erklärte sich damit einverstanden, für ihren Lebensunterhalt ihre sechstausend Mark anzubrechen, wenn es ganz schlimm käme und niemand das Haus wollte.
»Und meine zwölfhundert Mark, die Tante Edith von der Kinderbeihilfe gespart hat. Vergiß das nicht.«
»O nein. Aber ganz gleich, was können wir mit dem verdammten Haus tun? Vielleicht lohnt es gar nicht, Geld hineinzustecken. Mutter hat schon immer gesagt, es wäre ein >Weißer Elefant<, ein richtiger Klotz am Bein.«
Aber Edith Lee hatte eben Andrew Best nie gemocht und hatte protestiert, als ihr Mann diesen exzentrischen Freund zum Paten von Jane auserkoren hatte. Er war ein sonderlicher Mensch, der von seinem kleinen Einkommen lebte und sehr schlechte Bilder malte, die sich nie verkauften. Auf Motivsuche hatte er dieses alte Haus ganz am oberen Ende der Halbinsel und fast zwanzig Meilen von der nächsten Ortschaft entfernt gefunden.
Es stand leer; einst war es ein Gehöft mit einer riesigen Schafzucht gewesen, die sich weit über die Hügel erstreckte. Aber für die Frau des Farmers hatte es sich als viel zu groß erwiesen, und die neuen Besitzer hatten mehr in der Mitte des Geländes ein modernes Haus gebaut und das alte vermodern lassen. Da es jedoch aus Fichte gebaut war, hatte es sich diesem Prozeß widersetzt; Andrew verliebte sich darin und kaufte es zu einem billigen Preis.
Er hatte die Wahnsinnsidee, eine Künstlerkolonie zu gründen, und gab sein ganzes noch vorhandenes Geld dafür aus, noch mehr Räume hinzuzufügen und sie harmonisch, aber spartanisch einzurichten. Hier lebte eine Zeitlang eine eigenartige Mischung von Menschen, aber schließlich scheiterte er mit dieser Idee, und
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