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Zur freundlichen Erinnerung

Zur freundlichen Erinnerung

Titel: Zur freundlichen Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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plötzlich der Wecker schrillte, schrak sie empor und sah erstaunt auf ihren Mann, der sich eben wusch.
    "Arbeitest du denn wieder?" fragte sie.
    "Ja."
    "Dumm!—Ich hätte jetzt etwas für dich.—Ein schöner Posten," sagte sie und richtete sich vollends auf im Bett.
    Einige Augenblicke stummten sie einander an.
    "Der Fabrikmensch, der immer Schwedenpunsch schmeißt, hat mir's versprochen … Laß doch das andere fahren, da verkommst du ja bloß," begann Anna wieder und wollte eben aus dem Bett springen.
    "Jetzt ist's schon wie's ist!" knurrte er und ging.
III.
    Es gab Ärgerlichkeiten bei Krills. Dadurch, daß nun auch Johann seiner Arbeit nachging, vernachlässigte der Haushalt. Anna, die oft erst gegen zwei oder drei Uhr nach Hause kam, schlief bis tief in den Mittag hinein. Schließlich meldeten sich die Wanzen. Man putzte, schrubbte, streute übelriechende Pulver aus. Aber es half nichts. Es war unerträglich zuletzt.
    "Das ist eine verschobene Sache, wenn du ins Geschäft gehst und hier muß alles verkommen," sagte Johann zu Anna.
    "Für wen tu' ich's denn?—" erwiderte sie, "man braucht soviel und die
Löhne sind zum Verhungern."
    Sie kam schließlich auf alles zu sprechen. Daß man sich doch nicht umsonst von unten herausgewunden habe, daß man doch nicht zu den Nächstbesten gehöre und man müsse jetzt eine neue Wohnung haben. Was der Umzug schon koste! Alles klang wie ein zaghafter Vorwurf. "Warten hättest du sollen. Der Herr mit dem Schwedenpunsch ist so nett. Du könntest da gut unterkommen."
    Eine Zeitlang ging es auf solche Weise hin und her. Johann war die ganze Rederei schon widerwärtig.
    "Was du doch alles erzählst! Sind wir denn weiß der Teufel was?!" sagte er endlich fester: "Mein Vater hat sein Leben lang gearbeitet. Meine Mutter stand noch mit siebzig Jahren früh um vier Uhr auf—und wir, wir bilden uns auf einmal ein, etwas Besonderes zu sein!" Während des Redens schon bekam sein Gesicht langsam eine bestimmtere Haltung.
    Schließlich, als aller Spruch und Widerspruch allmählich erlahmte, einigte man sich aber doch, und Johann willigte beiläufig ein, sich in der Fabrik des Herrn, der bei der Rienken jeden Abend Schwedenpunsch bezahle, vorzustellen.
    Mit jedem Tag wurde er nun auch mißvergnügter. Es gefiel ihm nicht mehr in seiner Fabrik. Er wurde mürrisch gegen jedermann und kam zuletzt plötzlich nicht mehr. Nach einigen Tagen stellte er sich in dem anderen Betrieb vor. Er wurde merkwürdig freundlich empfangen und ging besinnungslos darauf ein, Nachtschicht zu machen.
    Anna behandelte ihn zärtlicher als je, wenn er frühmorgens ankam. Nicht lange darauf fand sie auch eine Wohnung im dritten Stock des Rienkeschen Hauses und alles machte einen glücklichen Anlauf. Sie brachte jetzt immer mehr mit. Pasteten, kalte Hühnerschenkel, Blumen, Zigaretten, halbe Flaschen Wein, ja zuletzt sogar Stoffe, Halsketten, einen Ring.
    Sie war in der fröhlichsten Laune jedesmal und erzählte von diesem und jenem Herrn, von den guten Gästen bei Rienkes und konnte sich nicht genug tun, den Chef Johanns zu loben.
    "Und was ich dir sage—er ist ein Mensch, der das Leben kennt. Er ist für die Arbeiter. Er läßt leben neben sich," plauderte sie.
    Und Johann lächelte hölzern und sah auf ihre Brüste, die schwammig und verbraucht nach unten sich sackten.
    "Ist für die Arbeiter—?" sagte er und sah sie dumm an.
    "Ist ein anständiger Mensch. Keiner von den Ausnützern, gar nicht so eingebildet und hochnäsig—und fidel, sag ich dir, fidel,—na ich danke, wenn der anfängt. Man kann sich schief lachen," erwiderte Anna und lachte auf, als erinnere sie sich an etwas sehr Drolliges.
    "Und—der gibt dir—so—solche Sachen?"
    Annas Mund zuckte ein wenig. Sie schlug schnell die Augen nieder und fand das Wort nicht gleich.
    "Hmhm," brachte sie dann heraus und schluckte etwas hinunter, setzte rasch hinzu: "Und die Rienken ist so nett zu mir."
    "So," brummte Johann nur noch, "nu ja, es geht immer rundum."
    Dann legte er sich schlafen.
    Am Abend schlüpfte er in seine Sonntagskleider und ging nicht in die Fabrik. Er durchwanderte etliche Male die Quergasse und trat dann in die "Tip-Top"-Bar.
    Es ging bereits fidel zu. Einige Herren in modischem Anzug saßen vorne am Büfett auf den hohen Stühlen und saugten an den Strohhalmen, die in schlanken gefüllten Gläsern mit glitzerndem Eis staken. In der einen Ecke spielte ein Befrackter Klavier und ein hagerer Geiger begleitete ihn. In den Nischen, die mit

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