Zur freundlichen Erinnerung
dann immer unerträglicher.
Das Fenster stand offen. Es war Sommer. Klar fiel die Sonne in den Hof. Windel riß die Schranktüre auf, nahm seinen Regenmantel, schob die Frau beiseite und ging.
Vierzig Mark für ein Zimmer ist nicht viel und die Frau schnüffelte nicht, war uralt, hockte den ganzen Tag in der dumpfen Küche und lispelte Gebete. Unreinlich war sie nur von Zeit zu Zeit. Man mußte sie dann grob anschreien.—
Auf der Treppe fiel Peter ein, daß er "Die Elektrizität als Nutzkraft" vergessen hatte. Er drehte sich rasch um und ging zurück. Immer noch stand das Weib in der Zimmermitte, fast unbeweglich und wimmerte. Einen Augenblick maß sie Peter verärgert. Dann stampfte er mit dem Fuß auf den Boden.
"Herrgott nochmal!" stieß er heraus, warf seinen Mantel hin, riß die Bettlaken herunter, zog in aller Eile Decke und Kopfkissen ab und warf die ganze Wäsche der Frau vor die Füße, samt dem schmutzigen Handtuch. "Gehn Sie doch in die Küche mit Ihrem Lamentieren und legen Sie mir die Bettwäsche dann herein, ich mach's mir selber!" sagte er noch, nahm vom Nachtkasten das vergessene Buch und schmiß wütend die Türe zu.
"Meine Lies' … heut wird's das zweite Jahr!" wimmerte die Frau noch.
Und fiel wieder in ihr wimmerndes Weinen.—
Als Peter Windel tief in der Abendstunde nach Hause kam, lag sie quer auf dem Zimmerboden, den Kopf auf die Waschtischkante geschlagen, eine ziemlich große Wunde auf der Stirn—reglos, steif.
Eine kleine Lache geronnenes Blut umgab den Kopf. Die Tote mußte sich in den hingeworfenen Bettüchern mit den Füßen verwickelt haben und dann hingefallen sein.
Peter Windel stand und stand. Er fühlte das Brennen des angesteckten Streichholzes nicht auf den Fingern. Erst als es wieder dunkel war, zuckte er ein wenig, steckte schnell ein neues an und ließ es wieder verglimmen. Stand und stand.
Plötzlich gab er sich einen Ruck und lief wie ein Irrer davon, ließ die Türen offen, polterte die Treppen hinunter, rannte hastig und totenbleich an Leuten vorbei und meldete das Geschehene auf der Polizeiwache. Als er mit zwei Schutzleuten und dem Polizeiarzt zurückkam, waren schon Leute aus den Türen gekommen und musterten ihn, trippelten nach und blieben an der Eingangstüre stehen mit gereckten Hälsen, brummten, lispelten.
Der eine der Schutzleute schloß endlich die Türe. Man machte Licht in Peters Zimmer, schaute eine Zeitlang auf die Tote, nahm die zwei oder drei schwarzen, verkohlten Streichholzköpfe auf ein Papier und sagte zu Windel, der säulenstarr dastand: "Setzen Sie sich."
Der Arzt beugte sich üher die Tote, ein Schutzmann prüfte die
Waschtischkante. Der Arzt nickte.
"Setzen Sie sich!" sagte ein Schutzmann strenger.
Peter brach endlich in einen Stuhl.
Die drei lispelten in der Ecke.
Der Arzt steckte seine Instrumente ein, hustete und stellte sich neben die Tote.
Ein Schutzmann nahm neben Peter Platz, einer blieb an dessen Seite stehen.
"Wann haben Sie die Frau verlassen?" fragte der Schutzmann und notierte.
Fragte weiter, mit einer gewissen hämischen Herausforderung:
"Haben Sie Beziehungen zu der Hullinger gehabt?"
"Nein."
"Wie lange wohnen Sie hier?"
"Und haben schon öfters solche Streitigkeiten mit der Hullinger gehabt?"
"Ja," sagte Peter.
"Und diesmal?"
"Weil sie mir schon vier Wochen keine frische Bettwäsche mehr gab."
"Sie waren also grob zu ihr?"
"Ja."
Und noch, was er Gehalt hätte, was er bezahlen müsse für Logis, ob die Hullinger vielleicht eine größere Hinterlassenschaft in bar irgendwo aufbewahrt, beziehungsweise ob ihm bekannt wäre, in welchen Verhältnissen die Hullinger gelebt habe.
Peter antwortete meistens mit Ja oder Nein. Seine Stimme klang zerbrochen und schwer.
"Dann muß ich im Hotel schlafen … Herr Schutzmann … wenn die Leiche hier liegenbleiben muß," sagte er endlich hilflos. Er hatte diese Anordnung vom Arzt gehört.
Da stand der Schutzmann selbstbewußt auf, sagte: "Sie kommen mit!"-Alle Menschen waren noch auf dem dunklen Hof, und entsetzte Blicke fielen auf die Davongehenden.
III.
Wegen dringenden Verdachts, seine Logisfrau ermordet zu haben, wurde Peter Windel in Untersuchungshaft genommen und in einer Einzelzelle untergebracht. Vier hohe, glatte, mit kahler, graugrüner Ölfarbe gestrichene Wände umgaben ihn von nun ab. Unter der Lichtluke stand die hölzerne Pritsche, daneben der Abort. Auf dessen Deckel konnte man bei den Mahlzeiten den Eßnapf oder die blecherne Wasserkanne stellen.
Die
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