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Zur freundlichen Erinnerung

Zur freundlichen Erinnerung

Titel: Zur freundlichen Erinnerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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nieder.
    "Was ich tun will?" sagte er endlich leichthin, als sei gar nichts vorgefallen,—"der wird mich schon nicht gleich herauswerfen. Ich gehe einfach heute wieder zur Schicht und fertig. Und die Rienken—die wird schon wieder aufhören mit ihrem Geschimpfe, wenn sie müd ist." Anna blickte auf einmal auf zu ihm. "Ist doch ein netter Kerl, dieser Hochvogel. Mit dem läßt sich doch reden," brummte er. Der arglose Ernst, die Selbstverständlichkeit dieser Worte bezwangen. Tatsächlich wurde sie vollkommen ruhig und glaubte zuletzt wirklich, daß dies der einzig glückliche Weg sei, mit einem Schlag alles Mißliche beheben würde.
    "Herrgott, ich bin ja auch so dumm! Ich laß mich von jedem ins
Bockshorn jagen," schalt sie sich selbst, wischte sich schnell die
Tränen ab und stellte Kaffeewasser auf. Ganz munter wurde sie wieder.
    Als sie dann wieder am Tisch saßen, begann sie über die Rienken zu schimpfen und über Hochvogel und erzählte im Laufe des Gesprächs alles mögliche von den beiden.
    "Es war ganz richtig, daß du ihm mal heimgeleuchtet hast," sagte sie, "die ganze Sippschaft glaubt immer, sie könnte Schindluder mit einem treiben!—Was hat er mir nicht alles angetragen, wenn ich mit ihm schlafen würde! Und wie hat die Rienken gekuppelt und jetzt—jetzt spielt sie sich auf, diese Sau, diese alte!"
    Sie blickte immer wieder wie verlegen zu Johann herüber, wurde aber, da er vollkommen ruhig war, immer weitschweifiger und erzählte mehr und immer mehr. Sein Gleichmut quälte sie. Sie berichtete dreister, anzüglicher.
    "Er hat das Geld gerade so weggeworfen. Die Bluse hat er mir aufgerissen, einmal. Er hat immer seine Hand unter meinem Rock gehabt, der Drecksack! Von den Hosen hat er einmal ein halbes Dutzend dahergebracht und wollte, daß ich's vor ihm anziehen soll—und die Bienken half mit und verschwand immer, wenn er anfing," sagte sie und fuhr fort: "Einmal wollt' ich ihn schon heraufnehmen in der Frühe und abwarten, bis du von der Fabrik kämst."
    Johann verzog keine Miene.
    "Jaja—das Loch und das Geld," brummte er beiläufig. "Es geht immer rundum."
    Ihre Hände bewegten sich in einem fort. Nervös zerrieb sie die
Brotkrumen mit den Fingern. Sie erzählte nichts mehr. Sie schwieg. Als
er fortgegangen war, fiel ihr Kopf auf den Tisch und ein wüstes
Schluchzen brach aus ihr.—
    Johann kam ohne Hindernis durch die Fabrikpforte. Im Umkleideraum trafen ihn bereits befremdende Gesichter. Keiner sprach ihn mehr an und als er in den Maschinenraum hinuntersteigen wollte, kam der Schichtmeister rasch auf ihn zu und rief: "Sie sind doch entlassen, was wollen Sie denn noch hier?" Einige Arbeiter blieben mit verwunderten Mienen stehen. Das rüttelte ihn aus der Fassung. Er sah beklommen auf den Schichtmeister, auf die Arbeiter und hilflos im Raum herum.
    "Sie sind nun einmal bestimmt entlassen, das weiß ich," rief der
Schichtmeister resoluter, "ich kann gar nicht verstehen, daß Sie der
Pförtner hereingelassen hat, der hat es doch gewußt! Hat er Sie denn
nicht darauf aufmerksam gemacht?"
    Johann schüttelte stumm den Kopf, blieb beharrlich stehen, dumm und kindisch. Die beiden anderen Arbeiter trotteten weiter.
    Der Schichtmeister holte den Portier. Zeternd redete er auf denselben ein, als er mit ihm ankam.
    "Wie konnten Sie denn den Mann hereinlassen. Der Chef hat's doch ausdrücklich gesagt, daß er entlassen ist," bellte er.
    Der Portier sah verärgert auf Johann und sagte ebenfalls: "Jaja, ich hab' Sie nur nicht gesehen. Sie sind entlassen. Sie haben hier nichts mehr zu suchen."
    Johann knickte zusammen.
    "Ja—ja, nu ja, dann muß ich gehn," stotterte er endlich heraus, ging in den Ankleideraum und entfernte sich. Niedergedrückt, fast beschämt trat er durch das große Fabrikportal ins Freie. Zermürbt kam er zu Hause an.
    "Ja," sagte er tonlos zu Anna, "man hat mich rausgesetzt!"
    "Da hast du es nun!" stieß diese heraus, "Trottel!" Die Vorwürfe begannen von neuem.
    "Ich muß mich eben wieder um was anderes umsehn," brummte er ärgerlich.
    "Und ich?! Wenn die Rienken uns hinaussetzt, was ist dann! Glaubst du, ich hab' mir umsonst meine Füße ausgerannt, daß wir ein wenig anständiger leben konnten! Du keine Arbeit, kein Geld, ich nichts zu tun—ich danke!" belferte sie.
    "Nu ja, in Gottesnamen, es wird schon wieder werden!" schloß er und legte sich zu Bett. Machtlos stand Anna vor diesem Stumpfsinn. Vor Verbitterung zitterte sie am ganzen Körper und faustete in einem fort die

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