Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)
neiderfüllte Blicke der anderen Männer, wenn er sie ausführte, sie lachte unbekümmert – und das Beste: Sie wollte keine
Kinder.
Seinem Glück
mit der rothaarigen Rassefrau stand Kati im Weg. Natürlich.
Moralische
Skrupel banden ihn nicht an Frau und Kind, eher die finanziellen Stricke. Die Gärtnerei
hatte bis zur Eheschließung ihren Eltern gehört. Mit der Unterschrift auf dem Standesamt
wechselte sie in ihren Besitz – aber nicht in seinen. Auf Drängen des Schwiegervaters wurde Gütertrennung
vereinbart. Günter arbeitete im Betrieb, bezog ein gutes Gehalt, doch mehr war nicht
vorgesehen.
Nach einer
Scheidung wäre er arbeitslos, mittellos, obdachlos. Das würde Cordula nicht gefallen.
Wenn er
wenigstens wüsste, ob dieses Schreikind wirklich von ihm war! Erst neulich, als
der Kleine ihn so von schräg unten angebrüllt hatte, weil sein Schnuller aus dem
Kinderwagen gefallen war, kam es ihm so vor, als schaue er in Peters Augen. Die
Mundpartie glich, wenn der Junge wütend war, durchaus der von Marius. Je mehr er
darüber nachdachte, desto weniger ähnelte Katis Sohn seinem ›Zahlvater‹, wie Günter
sich in Gedanken nannte.
Seine Sehnsucht
nach einer gemeinsamen Zukunft mit Cordula wuchs von Tag zu Tag. Brannte dort, wo
er seine Seele vermutete, und beschäftigte sein Denken, sorgte für intensive Träume.
Sechs Monate später
Edeltraut Nowack lief über den Hof
der Gärtnerei zum Haus der Hannos.
Eigentlich
hatte sie schon vor einer Stunde zusammen mit ihrer 23-jährigen Tochter und dem
Baby in die Stadt fahren wollen, aber manchmal konnte eine Mutter Termine nicht
ganz pünktlich einhalten, Kinder waren eben unberechenbar. So lächelte Edeltraut
nachsichtig, beschloss, ihre Hilfe anzubieten. Auf ihr Klingeln öffnete niemand.
»Seltsam«,
murmelte die Großmutter. »Wahrscheinlich wickelt sie den Kleinen gerade, da kann
sie natürlich nicht weg«, fand sie eine befriedigende Erklärung.
Rüttelte
dennoch prüfend an der Tür – nichts.
Also umrundete sie das Gebäude, fand die Terrassentür nur angelehnt.
»Kati! Ich
bin’s!«, rief sie in die Stille. Auch das schien ungewöhnlich, bei ihrer Tochter
dudelte den ganzen Tag über laut Musik. »Kati!«, versuchte sie es erneut. Wieder
keine Antwort. Entschlossen durchkämmte Edeltraut nun das Haus. Keine Kati, kein
Dirk.
Im Bad lag
eine zusammengerollte Windel auf der Wickelauflage. Offensichtlich vor Kurzem gewechselt.
Besorgt stöberte die Großmutter durch die anderen Räume. Schließlich entdeckte sie
in der Küche im Gläschenwärmer eine vorbereitete Mahlzeit für Dirk, ein Lätzchen
hing über der Lehne des Hochstuhls.
Kati konnte
also nicht weit sein! Ihre Angst nahm zu.
Sie erinnerte
sich an Berichte ihrer Tochter über Wutausbrüche ihres Mannes, seinen Ärger über
das Geschrei des Kleinen, sein Gerede über die Zweifel an seiner Vaterschaft. Vor
wenigen Tagen erst hatte er gedroht, den Kleinen in der Badewanne zu ertränken,
wenn sich das nächtliche Gebrüll nicht anders abstellen lasse.
Kati hatte
das nicht ernst genommen, Edeltraut dagegen schon.
»Polizei?«,
flüsterte die besorgte Oma wenig später in den Hörer. »Ich glaube, meiner Tochter
und meinem Enkel ist etwas Schreckliches zugestoßen!«
Kommissar Paul Schelter ging wenig
später gemeinsam mit Edeltraut durch alle Zimmer. »Fehlt irgendetwas?«, wollte er
wissen.
Die Großmutter
schüttelte den Kopf.
»Haben Sie
überprüft, ob das Auto Ihrer Tochter in der Garage steht?«, erkundigte Schelter
sich freundlich.
»Nein!«
Edeltraut sah beschämt zur Seite. Daran hätte ich natürlich denken müssen, schalt
sie sich, am Ende ist sie doch nur schnell zum Supermarkt gefahren. Sie führte Schelter
zu einem Schuppen gegenüber des Wohnhauses. Die Tür war nicht verschlossen. »Sie
schließen nicht ab. Hier kommt so gut wie nie jemand vorbei.«
»Der rote
Polo gehört Ihrer Tochter?«
»Ja. Sie
wollte mich abholen. Aber«, Edeltraut stockte einen Moment, »im Auto ist ja gar
kein Kindersitz!«, fuhr sie aufgeregt fort. »Der ist sonst immer auf dem Rücksitz!
So ein schwarzer mit einem orangefarbenen Tisch.«
»Wo ist
denn Ihr Schwiegersohn im Augenblick?«
»Der Günter
ist zu einem Bekannten gefahren. Der züchtet eine neue Variante der Gentiana lutea,
das ist so ein Enzian. Er will das auch für Katis Betrieb übernehmen, weil die Kunden
schon danach gefragt haben.«
Schelter
rekapitulierte in Gedanken: offene Wohnungstür, Mutter und Kind
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