Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)
weg, trotz Verabredung,
Flaschenwärmer an, Kindersitz im Auto weg – für ihn sah das zusammengenommen nicht nach ›normal‹ aus. Bei ihm
läuteten längst die Alarmglocken. Paul Schelter telefonierte kurz mit seiner Dienststelle.
Wenigstens die Suche nach der Vermissten kann ich schon mal in die Wege leiten,
das beruhigt die Großmutter und sinnvoll ist es ohnehin, selbst wenn sich am Ende
herausstellen sollte, dass sich alle unnötig Sorgen gemacht hatten, dachte er. »Hm.
Unsere Streifenwagen sind informiert. Wenn Ihre Tochter irgendwo gesehen wird, gebe
ich Bescheid.«
»Aber sie
hat nicht einmal den Kinderwagen mitgenommen! Sie kann nicht zu einem Spaziergang
losgegangen sein! Außerdem haben wir heute Früh miteinander telefoniert, um uns
zu verabreden. Das kann sie unmöglich direkt danach wieder vergessen haben!«
Schelter,
selbst Vater zweier Töchter, hatte ein mulmiges Gefühl. Ihm war bewusst, dass die
Mutter nicht mit einem hungrigen Kind aufgebrochen sein konnte. Der Junge hätte
doch lautstark sein Frühstück eingefordert.
»Wie heißt
denn der Kinderarzt Ihrer Tochter?«, beschäftigte ihn ein neuer Gedanke. »Vielleicht
hat der Kleine ganz plötzlich hohes Fieber bekommen. Oder es gab einen häuslichen
Unfall, der Kleine war verletzt.«
Edeltraut
wurde noch eine Nuance blasser. »Und da lässt sie das Auto stehen? Nimmt den Kindersitz
mit und lässt den Kinderwagen zurück?«
Gut, musste
der Kommissar einräumen, logisch klang das wirklich nicht. »Sie könnte sich kurzfristig
entschlossen haben, ihren Mann zu diesem Bekannten zu begleiten. Sie holt den Sitz
aus ihrem Auto und los geht’s!«
»Wissen
Sie eigentlich, wie sehr Dirk dann gebrüllt hätte? Ohne zweites Frühstück los? Nein!
Ausgeschlossen. Außerdem hätte sie mich dann angerufen!«
Kati und ihr Sohn blieben verschwunden.
Günter, der am Nachmittag zurückkehrte, gab sich schockiert, entsetzt, besorgt.
»Hat es
in letzter Zeit Streit zwischen Ihnen und Ihrer Frau gegeben?«, erkundigte sich
Schelter vorsichtig.
Günter nickte
trübsinnig. Es hatte keinen Sinn, diese offensichtliche Tatsache zu bestreiten.
»Seit der Geburt des Kindes hatten wir öfter Meinungsverschiedenheiten. Dirk ist
ein Schreikind. Er brüllt den ganzen Tag und nachts schläft er nur in sehr kurzen
Intervallen. Kati meint, das wächst sich aus. Ich halte es eher für ein Erziehungsproblem«,
antwortete der Vater traurig.
Der Kommissar
registrierte, dass Günter Hanno im Präsens von seiner Familie sprach. Glaubte er
demnach nicht, dass den beiden etwas zugestoßen sein konnte – oder war das nur ein geschickter
Schachzug, um ihn genau das denken zu lassen?
»Was könnte
passiert sein?«
Hanno zuckte
mit den Schultern. »Ich habe keine Vorstellung. Aber ein Schlüsselbund fehlt. Sieht
so aus, als wäre Kati einfach gegangen, hat mich verlassen.«
Dann stellte
Schelter die Frage, die ihn schon den ganzen Tag beschäftigt hatte. »Wir erkundigen
uns bei allen Angehörigen und Freunden, Sie sollten das also nicht falsch verstehen.
Wo waren Sie heute so gegen 10 Uhr?«
Hanno verzog
das Gesicht zu einer Grimasse. »Der Ehemann ist immer verdächtig, wie? Alle Polizisten
denken in denselben eingefahrenen Gleisen! Frau weg – Mann war’s!«
Der Kommissar
zuckte mit keinem Muskel. Diese Anfeindungen perlten an ihm ab. »Die meisten Beziehungen
bergen Aggressionspotenzial. Also?«
Unerwartet
begann Hanno rumzudrucksen. »Muss das sein? Also ehrlich, ich habe mit dem Verschwinden
von Kati und Dirk nichts zu tun.«
Die linke
Augenbraue des Ermittlers schoss Richtung Haaransatz. Diese Einleitung kannte er
nur zu gut, wusste schon, was für eine Aussage er jetzt zu erwarten hatte. »Also?«,
hakte er streng nach.
Auf allzu
großen Widerstand stieß er nun nicht mehr. »Na ja, Sie finden es ohnehin schnell
raus, könnte ich mir vorstellen. Aber das muss unter uns Betschwestern bleiben,
ist klar, oder?«
»Kommt drauf
an, was die weiteren Ermittlungen noch enthüllen.«
»Es ist
so: Wenn Kati morgen früh auf der Matte steht, heulend, weil sie es doch nicht übers
Herz brachte, mich sitzen zu lassen, und wieder nach Hause möchte, dann könnte mir
meine Aussage finanziell das Genick brechen. Ich wäre also ziemlich blöd, wenn ich
Ihnen nun die Wahrheit sagen und das Kati zu Ohren kommen würde.«
Schelter
wartete. Kommentarlos.
Hanno seufzte.
»Also schön! Ich war bei einer guten Bekannten. Cordula Bauer.«
Nun, Schelter
war zufrieden, das
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