Zurueck Aus Afrika
Sie zeigen, was Sie können! Am 1. November beginnen Sie bei uns.« Völlig überrascht antworte ich lachend: »Wow, super! Ich freue mich wirklich sehr und werde mein Bestes geben.« »Ich weiß«, lacht auch er und verspricht, mir den Vertrag in den nächsten Tagen zuzusenden. Wieder einmal habe ich es geschafft! Von achtzig Bewerbern habe ich das Rennen gemacht. Ich bin überglücklich, dass meine Arbeitslosigkeit ein Ende hat und ich darüber hinaus eine gut bezahlte und interessante Stelle gefunden habe.
Im siebten Himmel schwebend komme ich nach Hause und finde im Briefkasten das erste zurückgesandte Manuskript. Es ist mit einem kleinen Anschreiben versehen, in dem steht: »Mit Dank zurück. Wir sehen keine Möglichkeit einer Herausgabe in unserem Verlagsprogramm.«
Ich schaue mein Manuskript an und habe den Eindruck, dass sich niemand die Mühe gemacht hat, wenigstens einmal die Nase hineinzustecken. Alle Blätter sehen wie frisch gedruckt, ordentlich und ungelesen aus. Sogar mein Begleitbrief liegt noch oben auf! Mir ist es egal. Ich habe gerade eine tolle Anstellung bekommen und werde die nächsten Jahre sicher nicht wechseln. Ich kann mir ein Geschäftsauto aussuchen, erhalte eine großzügige Spesenvergütung, ein gutes Gehalt und eine Umsatzbeteiligung. Das gebe ich so schnell nicht wieder auf, denke ich mir und räume das zurückgeschickte Manuskript in den Keller.
Bevor ich am 1. November die neue Stelle antrete, kommen nach und nach alle versandten Pakete zurück, immer mit der gleichen Begründung. Ein Verlag schreibt sogar: Es fehlt der Spannungsbogen! Dieser Ausdruck erstaunt mich. Da habe ich eine überirdische Liebe im tiefsten Busch erlebt mit allen Höhen und Tiefen, habe einer Tochter unter verrückten Umständen das Leben geschenkt, beschreibe gefährliche Szenen im Busch mit Büffeln und Elefanten und Autopannen, die mich fast das Leben kosteten, ganz zu schweigen von der Frau, die sich in meinem Auto ihr totes Baby vor meinen Augen aus dem Leib riss, so dass ich fast wahnsinnig wurde. Ja, wie viel Spannung wollen die Herren Lektoren denn noch?, frage ich mich, während ich nun alle Manuskripte wegpacke.
Eigentlich bin ich ganz froh darüber. Wer weiß, was so eine Veröffentlichung mit sich bringen würde. Mir geht es so gut wie schon lange nicht mehr. Ich habe eine intelligente, hübsche Tochter und eine interessante Arbeit. Nachdem ich mir meine afrikanische Geschichte fast therapeutisch von der Seele geschrieben habe, spüre ich, wie sich in mir langsam ein neues Lebensgefühl entwickelt und ich mich verändere. Nur meine Rückenschmerzen erinnern mich fast täglich an die Manuskripte zwei Stockwerke tiefer.
In unserer kleinen Wohnung fühle ich mich inzwischen beengt und denke auch, dass Napirai mit ihren sieben Jahren langsam ein eigenes Zimmer bräuchte. Bei Gelegenheit werde ich mich um eine größere Wohnung bemühen müssen, zumal ich sie mir finanziell jetzt leisten kann. Auch für die Gruppe der allein Erziehenden finde ich kaum noch Zeit und erfahre eines Tages, dass sie aufgelöst wird. Nur der intensive Kontakt zu zwei Frauen ist geblieben.
Ich arbeite mich langsam ein, denn es braucht seine Zeit, bis ich alle Produkte und deren Verwendungszweck kenne. Die zwei anderen Außendienstmitarbeiter sind ausgebildete Zahntechniker und arbeiten beide schon mehr als zehn Jahre in diesem Betrieb. Selbst abends studiere ich Bücher und Prospekte und habe manchmal den Eindruck, mir diese komplizierten Namen und Vorgänge nie merken zu können.
An einem freien Tag löse ich einen Massage-Gutschein ein, den ich vor drei Monaten von meiner deutschen Freundin Andrea zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, weil meine Rückenschmerzen nicht nachlassen. Während ich auf dem Massagebett liege, fragt mich die Masseurin, ob ich die Frau aus Afrika sei, die ein Buch geschrieben hat. Offensichtlich hat Andrea schon viel von mir erzählt. Nun möchte sie wissen, wann das Buch erscheint. »Wahrscheinlich nie, weil sich bis jetzt kein Verlag dafür interessiert hat«, gebe ich zur Antwort. »Das muss aber erscheinen«, sagt sie energisch und möchte wissen, ob sie sich bei einem befreundeten Buchhändler nach geeigneten Verlagsadressen erkundigen soll. Etwas zweifelnd nicke ich. Tatsächlich finde ich ein paar Tage danach einen Zettel mit vier verschiedenen Adressen von Kleinverlagen vor. Ich bin unschlüssig, ob ich mich überhaupt melden soll, da meine Welt im Moment völlig in Ordnung ist.
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