Zurueck Aus Afrika
Kühe, Kamele wurden geraubt, nichts ist geblieben. Alle Leute sind geflohen und leben nun in Maralal. In den Dörfern Barsaloi, Baragoi, Opiroi wohnt niemand mehr. Die Menschen leben wie Flüchtlinge, sie haben nichts zu essen. Auch haben wir nicht genug Platz in Maralal. Es gibt zu wenige Häuser, um darin zu leben. Ich glaube, dass viele Menschen an der Armut sterben werden. Es gibt keinen Unterricht mehr, weil die Leute weggelaufen sind. Auch die Schule in Maralal ist nun leer. Vielleicht hast du es im Radio gehört oder in den Zeitungen gelesen, dass Banditen mit dem Helikopter kamen und unseren Distrikt-Officer und zwei Polizisten getötet haben. Zwischen Weihnachten und dem Neuen Jahr war für uns eine ganz schlimme Zeit. Deshalb haben wir nicht gefeiert. Meine Familie lebt nun in der Nähe von Maralal bei der Schule. Ich hoffe, du weißt noch, wo das ist. Niemand von ihnen hat ein Haus oder Tiere und sie sind auf das Essen von anderen Leuten angewiesen.
Corinne und Napirai, ich hoffe, euch geht es gut. Bitte hilf uns über mein Konto, damit wir etwas zu essen kaufen können. Wenn ich die Chance habe, nach Barsaloi zu kommen, will ich dir die Fotos von einer Zeremonie senden, die letzten Monat stattfand. Doch die Leute dort kämpfen immer noch und es gibt keinen Frieden im Samburu-Distrikt. Die Menschen gehen alle fort.
Ich wünsche dir und Napirai und deinen Freunden ein glückliches Neues Jahr 1997. Gott gebe euch Frieden und ein gutes Leben.
Dein James
Alle aus der Familie lassen dich und Napirai grüßen
Bei der Vorstellung, wie schlecht es diesen Menschen geht, läuft mir ein Schauer über den Rücken. Die geliebte Mama musste nach Maralal fliehen, sie, die in ihrem ganzen Leben nur einmal in diesem kleinen Städtchen war. Nie wollte sie in meinem Auto mitfahren, denn das Stadtleben empfand sie als erschreckend. Sie liebte ihr Barsaloi und lebte, außer wenn eine Zeremonie das Umziehen an einen anderen Ort erforderte, ausschließlich und zufrieden um ihre Manyatta herum. Und nun das! Sicher mussten sie durch den gefährlichen Lorroki-Dschungel flüchten, und das mit mehreren Kleinkindern. Während ich mir das Schicksal meiner Samburu-Familie ausmale, wird mir schlagartig klar, dass ich jetzt ebenfalls vor dem Nichts stehen würde, wenn die Beziehung zwischen Lketinga und mir gut gegangen wäre. Spätestens jetzt würde mich die letzte Kraft verlassen. Bei diesem Gedanken spüre ich eine große Erleichterung, in der sicheren Schweiz zu leben, fühle mich gleichzeitig aber unendlich verbunden mit diesen Menschen. Dass es immer diejenigen treffen muss, die ohnehin schon bescheiden leben! Sofort fahre ich zur Bank, um einen größeren Betrag zu überweisen, damit sie Nahrungsmittel und Ziegen kaufen können und bete für sie. Ein tröstender Brief geht ebenfalls zur Post.
Anfang März fahre ich erneut zu einer Fortbildung, diesmal nach Holland. Die neue Produkt-Palette imponiert mir und ich kann mich von Anfang an gut damit identifizieren. Richtig aufgekratzt komme ich aus Holland zurück und möchte mein Wissen auch anwenden. Weil ich dafür aber einige Minuten Aufmerksamkeit von den Zahnärzten brauche, wechsle ich die Taktik, damit ich nicht schon an der Theke abgespeist werde. Ich besuche in einer Stadt alle Zahnärzte und versuche, einen Termin für die nächsten Tage zu bekommen. Da wir attraktive Einführungsangebote haben, klappt das fast bei der Hälfte der besuchten Praxen. Mein Terminkalender füllt sich und nach einem halben Jahr stellt sich langsam der Erfolg ein.
Eine Nachbarin erzählt mir von einer Neubauwohnung in unserem Dorf, die noch frei ist und die man besichtigen kann. Obwohl mir die Miete zu teuer erscheint, schaue ich sie mir dennoch an. Und natürlich kommt es, wie es kommen musste! Diese Wohnung ist absolut die schönste, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Sie hat große Fenster, ist offen und sehr geräumig. Ich bin begeistert, wenngleich ich alles nur mit Taschenlampe besichtigen kann, da noch kein Strom angeschlossen ist. Die Höhe der Miete ist plötzlich unwichtig und meine Entscheidung sofort gefällt. Zum Glück bekomme ich diese Traumwohnung zugesprochen. Am 1. April ziehen wir bereits ein. Der Abschied von der alten Umgebung fällt uns allerdings sehr schwer. Die Mädchen sind eine verschworene Gemeinschaft geworden und auch ich fühlte mich in der Gesellschaft dieser Nachbarn wohl.
Das Einleben in der neuen Wohnung ist alles andere als einfach. Napirai schlief
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