Zurueck Aus Afrika
James unter den Angehörigen gerecht verteilt hat. Endlich liegen auch Fotos von Napirais Halbschwester bei. Auch sie ist ein hübsches Mädchen, doch sieht sie mit ihrem rasierten Kopf Napirai nicht sehr ähnlich. Allerdings haben beide Mädchen die gleichen Augen. Auf den Fotos, auf denen James während der Zeremonie abgebildet ist, die ihm nun erlaubt zu heiraten, sehe ich ihn zum ersten Mal mit der traditionellen Bemalung und nur mit einem Kanga bekleidet. Er kommt mir fremd vor, denn ich hatte ihn bisher nur in Schuluniform oder in seinen »normalen« Kleidern gesehen. Die wenigen Fotos tragen jedes Mal dazu bei, dass mein innerer Kontakt zu Kenia nicht abreißt.
Sensationeller Bucherfolg
Am 1. Februar 1998 unterzeichne ich den Vertrag für mein Buch »Die weiße Massai«, ohne zu ahnen, dass dieser Schritt mein Leben in einem halben Jahr in jeder Hinsicht völlig verändern wird und die Ereignisse wie eine Lawine über mich hereinbrechen werden.
Der Frühling und auch der Sommer verlaufen ruhig und angenehm. In meiner Arbeit bin ich nun sattelfest und verkaufe recht gut, da meine Stammkundschaft kontinuierlich wächst. Ich liebe meinen Beruf, verdiene auf leichte und angenehme Weise gutes Geld und bin mit meiner derzeitigen Situation sehr zufrieden. Immer wieder geht mir durch den Kopf, wie hart und entbehrungsreich dagegen unser Leben wäre, wenn wir in Kenia geblieben wären.
Mitte August erhalte ich ein Päckchen vom Verlag. Beim Öffnen beginnen meine Finger zu zittern, da ich weiß, dass es nur mein fertiges Buch sein kann. Tatsächlich liegt es nun vor mir und ich bin sprachlos. Das Buch hält sich so angenehm in den Händen, dass ich es gar nicht mehr loslassen möchte. Ich bin aufgewühlt und sehr ergriffen. Es kommt mir ein wenig so vor, als hätte ich ein zweites Kind geboren. Es ist überwältigend. Aufgeregt rufe ich meinen Chef an, den ich erst vor ein paar Wochen auf dieses Ereignis vorbereitet habe, und schwärme in den höchsten Tönen. Auch meine Freundinnen stecke ich mit meiner Euphorie an und am Abend wird spontan eine kleine Party bei mir zu Hause gefeiert. Alle kommen vorbei, bewundern »mein Werk« und jeder ist sich sicher, dass es ein Erfolg wird. Als um Mitternacht die Letzten gegangen sind, sitze ich da und betrachte noch lange voller Respekt »Die weiße Massai«. Noch in der gleichen Nacht schreibe ich einen langen Brief an James und berichte ihm von dem Buch, das von dem Leben bei seinem Stamm, von der großen Liebe und auch der Tragik, die ich in Kenia erleben durfte, erzählt. Mir ist klar, dass es für ihn nicht leicht sein wird, dies seiner Familie und den Leuten aus dem Dorf zu erklären.
Gegen Ende August erscheint der erste Bericht über das Buch und meine Geschichte in einem Frauenmagazin. Die Reportage ist ohne mein Dazutun entstanden, denn sie haben einfach die Bilder aus dem Buch verwendet. Noch am selben Tag, ich habe gerade meinen letzten Praxisbesuch in Utzwil hinter mir, entdecke ich das blinkende Handy in meinem Wagen. Beim Abhören der Combox bekomme ich nur verschwommen etwas von einer Redaktion Boulevard Bio, großer Liebe und Fernsehauftritt mit. Am Schluss ist eine Telefonnummer angegeben. Ich rufe sofort zurück und bin tatsächlich mit der Redaktion der Fernseh-Talkshow von Alfred Biolek verbunden.
Die Dame erklärt mir, dass sie gerade mein Buch durch die Presseagentur des Verlages erhalten und es regelrecht verschlungen habe. Am kommenden Dienstag, dem 1. September, sei das Talk-Thema »Die große Liebe«. Da einer der Gäste verhindert sei, wolle sie mich fragen, ob ich nicht Lust hätte, einzuspringen und bei Herrn Biolek über meine Erlebnisse zu berichten. Etwas Besseres kann mir gar nicht passieren! Natürlich sage ich zu. Nun kündigt die Redakteurin an, dass sie in zwei Tagen, also Sonntag, nach Zürich kommen wird, um mich auf »Fernsehtauglichkeit« zu prüfen. Alles Weitere werde sie mit dem Pressebüro vereinbaren. Ich lege den Hörer auf und stoße einen Jubelschrei aus, um die Anspannung loszuwerden. Mit zitternden Fingern wähle ich die Nummer des Verlages, um die Neuigkeit zu erzählen. Bei der Gelegenheit frage ich meinen Verleger, ob er nicht auch glaube, dass die erste Auflage mit 10.000 Stück zu gering bemessen sei. Lachend entgegnet er: »Die müssen erst einmal verkauft werden. Schließlich sind Sie eine unbekannte Autorin und wir sind ein kleiner Verlag.« Nun ja, wir werden sehen, was der Sonntag bringt. Am Samstag übe ich
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