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Zurueck in der Hoelle

Titel: Zurueck in der Hoelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joachim Masannek
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hämisch. »Und dieses ›Liebesnest‹ … oder wie soll ich es nennen?« Er seufzte übertrieben und dachte nach. »Dieses P.M.S.V.A.G., oh, du musst mich entschuldigen: Ich meine natürlich dieses Piraten-Märchenschloss von außergewöhnlicher Glückseligkeit. Der siebte Himmel des Räuberglücks. Hier liebten sich also Blacky und Chen. Ich meine Blind Black Soul Whistle und die alte Witwe. Da möchte man gar nicht mehr aufwachen, oder? Da möchte man nur noch schlafen und schlafen, damit man niemals erfährt, was aus den beiden geworden ist.«
    »Du bist doch nur eifersüchtig«, sagte Will.
    »Ach ja, und auf wen?«, blaffte Moses Kahiki. »Auf Whistle, den Fettsack, der blind ist und stinkt, und dem diese schnuckeldi-oh-so-süße Chinesin, die ihn hier noch so schmalzig bewundert, zusammen mit seinen Augen auch das Herz geraubt hat? Oder redest du etwa von Honky Tonk Hannah? Unserer Hannah?«
    Will ballte die Fäuste. »Wieso ›unsere‹ Hannah?«
    »Aha!« Moses hob eine Braue und musterte ihn durch den Vorhang aus Rastalocken, die ihm ins Gesicht fielen. »Sie gehört also dir. Hey, Tanja, Theres, Tabea, Tujana! Habt ihr das gehört? Will ist der neue Besitzer von Honky Tonk Hannah. Ihm gehört jetzt die beste Piratin der Welt.«
    Er lachte eher künstlich als amüsiert.
    »Das ist sie doch jetzt, oder irre ich mich?« Moses sprang vom Thron und strich über die Lehne. »Weißt du, es gibt hier nur diesen einen Thron. Nur den, keinen zweiten. Und wer, meinst du, hat sich wohl auf ihn gesetzt? Chen oder Whistle? Und wer trug den Ring?«
    Will fasste an seine Hosentasche. »Den Ring, den hab ich! Nun, den werden wir teilen.« Er sagte das trotzig. »Hannah und ich werden ihn abwechselnd tragen.«
    »Und dann sitzt ihr abwechselnd auf diesem Thron? Mal bist du Schoßhündchen und wärmst ihr die Füße und dann tut sie das natürlich für dich.«
    Moses legte den Kopf schief und tippte sich in einer eindeutigen Geste mit dem Finger gegen die Stirn.
    »Glaubst du das wirklich? Bist du wirklich so … blöd, ähm, ich meine: verliebt? O mein Gott, Will. Hannah war schon mal hier. Sie hat es allein versucht. Sie will den Ring, ja, aber nicht für dich, Dummkopf. Kapierst du das endlich? Wenn man der Beste ist, küsst man keinem die Füße. Da will man die Füße geküsst bekommen. Ich zeig dir was, komm!«
    Er packte den Jungen und zog ihn nach draußen auf die vereiste Terrasse des Schlosses. Dort war es schon dunkel und hinter dem Rochen, der zwischen den Eisbergen vor Anker lag, erhob sich die dünne Sichel des Monds.
    »Warum ist sie dort auf dem Rochen? Und warum sind wir hier?« Moses sah Will vielsagend an.
    »Weil sie sich für das Fest umziehen will«, seufzte der Junge. »Du kennst sie doch, Moses.«
    »Ja«, nickte der. »Und ich habe die Schränke von Chen gesehen. Oben im Turm über der Halle im Schloss. Sie bersten vor Kleidern und du weißt, dass sich Hannah so einen Schatz niemals im Leben entgehen lassen würde. »
    Er hielt kurz inne und schielte zu Will. Er wollte ganz sicher gehen, dass der ihn verstand.
    »Und wenn du das weißt, dann wunderst du dich bestimmt genauso wie ich, dass kein Boot hier vor uns am Steg vertäut liegt. Alle Boote sind bei ihr.«
    »Ja«, erklärte ihm Will, »aber nur, weil sie mit dem Boot, mit dem Tule und Teh vom Rochen zu uns gekommen sind, zu ihm zurückgerudert ist.«
    »Genau. Und deshalb hängt dieses Boot jetzt vertäut an Deck. Ist das nicht merkwürdig, Will, wenn Hannah angeblich, nachdem sie sich umgezogen hat, zu uns zurückkehren will?«
    Will schluckte und blickte hinüber zum Rochen. Der lag majestätisch im nachtschwarzen Wasser und die Sichel des Mondes umrahmte ihn wie ein Heiligenschein. Das Bild war so schön. Es war wie ein Traum, den man mit offenen Augen träumt, und er wollte nicht glauben, was Moses ihm sagte.
    Doch der ließ nicht locker. »Hannah ist ein Pirat«, sagte er ruhig und sachlich. Dann zog er ein Röhrchen aus der Krempe seines Hutes. »Nein. Sie ist kein Pirat. Sie ist eine Piratin . Und wenn man einer Piratin vertraut, dann ist das so, als würde man glauben …«
    Er sah, wie Will schniefte. Er sah, wie er sich mit dem Ärmel den Rotz von der Nase wischte und sich die blonden Haarsträhnen, die unter der Pelzmütze herausfielen, trotzig aus den Augen blies.
    »Wenn man einer Piratin vertraut, dann ist das so, als würde man glauben, dass man Träume wahr machen kann. Doch das ist unmöglich, Will. Egal, wie sehr du und ich

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