Zurueck in die Nacht
streng an. „Du bist schließlich die einzige,
die wahrscheinlich noch nicht auf ihrer Fahndungsliste steht.“
„Also soll ich
einfach in Ruhe nach Hause zurückkehren und euch den ganzen Spaß überlassen?“
Sie stemmt die Arme in die Seiten.
„Interessante
Idee von Spaß hast du“, schimpft Mike. Ich merke, dass er sich ernsthaft Sorgen
um sie macht, was ich ihm nicht verdenken kann. Nur hätte er sich das
vielleicht überlegen sollen, bevor er sie auf dieses Himmelfahrtskommando
mitgeschleppt hat. Jetzt steckt sie wirklich zu tief mit drin.
„Vielleicht
sollten wir erstmal überlegen, ob es überhaupt irgendeine Möglichkeit gibt,
Clarissa zu befreien“, mischt sich Raphael ein. „Dann können wir immer noch
überlegen, wer mitmacht.“
Ich stimme ihm
zu. Die Diskussion zieht sich stundenlang hin, aber am Ende kommt eigentlich
nur dabei heraus, dass wir keine Chance haben, egal, was wir tun. Die Wächter
sind in der absoluten Überzahl, ihre Burg ist schon schwer zu verlassen, aber
noch viel schwerer zu erstürmen, und sie werden nach unserer Flucht mit
Sicherheit noch weitere, diesmal sozusagen bombensichere, Vorkehrungen
getroffen haben, Clarissa festzuhalten. Wenn sie nicht sowieso schon tot ist.
Aber da
widerspricht Claire. „Das glaube ich nicht. Sie ist eine Wächterin. Ich kann
mir nicht vorstellen, dass Jehudiel ihren Tod zulassen würde. Das kann er
nicht. Dafür ist sie zu wichtig für ihn. Ich frage mich sowieso, was ihr Verrat
für ihn bedeutet. So etwas gibt es unter Wächtern einfach nicht. Sobald ein
Mensch das Bündnis eingeht, verändert sich seine Persönlichkeit normalerweise
so stark, dass er nur noch denkt und will und fühlt, was sein Engel fühlt. Ich
habe noch nie davon gehört, dass es mal anders war. Ich weiß auch nicht, woher
Clarissa die Kraft genommen hat, gegen seinen Willen zu handeln.“ Sie sieht
mich nachdenklich an. „Sie muss dich wirklich sehr lieben.“
Ich fühle, wie
mein Hals eng wird. „Genau. Und weil sie mich so liebt, hat sie sich dem
erstbesten Wächter an den Hals geworfen, um mit ihm gemeinsam Jagd auf mich zu
machen. Und mir dann zu sagen, dass sie hofft, dass ich sobald wie möglich tot
bin.“
„Und dann hat
sie alles daran gesetzt, dich zu retten“, entgegnet Claire ruhig. „Ariel.“ Sie
sieht mich ernst an. „Ich weiß nicht, was du ihr getan hast, dass sie dieses
Bündnis eingegangen ist. Aber den Wunsch, dich zu fangen und zu vernichten, hat
sie bestimmt erst danach gespürt. Als Wächterin. Du siehst doch, dass ihre
Gefühle für dich stärker sein müssen als alles andere. Sonst wärst du jetzt
nicht hier. Und ich auch nicht.“
Der Schmerz
überwältigt mich so plötzlich, dass ich mein Gesicht in den Händen verberge.
Und es stört mich noch nicht einmal, dass alle es sehen. Es ist mir vollkommen
egal.
Am Ende sieht
unser Plan so aus: Mike, Patti und ich (mehr passen nicht aufs Motorrad, und
wir sind die erfahrensten Kämpfer) fahren zurück zur Burg, versuchen, über die
Klippen einzusteigen und mit Clarissa Kontakt aufzunehmen. Wir suchen sie,
befreien sie und hauen mit ihr ab. Und wenn es nach mir geht, bringen wir auf
unserem Weg noch möglichst viele Wächter um. Falls wir jemals lebend da
rauskommen (was alle von uns stark bezweifeln in Anbetracht der vielen
Vielleichts), flüchten wir, so weit wir nur können, und verbringen den Rest
unseres Lebens versteckt.
Ein bescheuerter
Plan. Für Mike, Claire, Raphael und mich klingt er schon schlimm genug. Aber
für Patti und Clarissa, die ja Eltern und Familie haben, muss er die Hölle
sein. Clarissa hat natürlich keine Wahl. Doch auch Patti besteht zu meiner
Überraschung immer noch vehement darauf, mitzukommen. So, wie sie Mike ansieht,
wenn er es nicht merkt, scheint sie auf irgendein Wunder zu hoffen, das doch
noch zu einem Happy End führen könnte. Aber auch, wenn ich weiß, dass diese
Hoffnung so gut wie sicher vergeblich ist, sage ich nichts. Denn auch ich habe,
wider alle Vernunft, noch eine klitzekleine Hoffnung. Bescheuert.
Die Fahrt
verläuft ereignislos. Zum Glück hat Mike es bei unserer Flucht geschafft, die
Zeit im Auge zu behalten, denn ich hätte keine Ahnung, wo wir hin müssen. Wir
suchen uns ein neues Versteck für die Motorräder, dann begeben wir uns auf
einem Umweg zum Meer hinunter, auf die Seite der Burg, an der wir nicht waren.
Um die Wahrscheinlichkeit, Wächtern zu begegnen, noch zu verringern, haben wir
außerdem etwa zwei Wochen nach unserer
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