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Zwanghafte Gier

Zwanghafte Gier

Titel: Zwanghafte Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hilary Norman
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versuchte, ihre Hand zu befreien. »Ich muss zu Patienten.«
    »Ich dachte, Sie wären gekommen, um nach Ihrer kranken Freundin zu sehen.«
    »Das bin ich auch«, erwiderte sie, und das Herz schlug ihr bis zum Hals. »Danach habe ich aber noch andere Patienten. Bitte, lassen Sie meine Hand los, Mr Bolin.«
    »Das kann ich nicht tun.« Er löste ihre Finger vom Türgriff. »Ich wünschte, es wäre anders.«
    »Lassen Sie mich los.« Alex schaute sich entsetzt um, sah aber niemanden auf dem Hügel, der ihr hätte helfen können. »Sie sollen mich loslassen! «
    »Maul halten«, befahl Bolin.
    »Das ist lächerlich.« Alex versuchte abermals, sich zu befreien. Blitzschnell fragte sie sich, ob sie schreien sollte und ob jemand sie hören würde, und falls ja, ob derjenige ihr helfen würde. Heutzutage hörte man immer wieder Geschichten über Menschen, die andere, die in Not waren, gar nicht beachteten.
    »Lassen Sie mich los .«
    »Wollen Sie nicht wissen, wo Ihr Freund ist?«, fragte Bolin.
    Alex hatte das Bein zurückgezogen, um ihn zu treten, hielt nun aber inne. »Was haben Sie mit ihm gemacht?«
    Bolin packte sie mit eisernem Griff und zerrte sie durch den Vorgarten.
    »Warten Sie ab«, antwortete er.

121
    Die A259 wirkte für Judes Augen, die wund waren von Salz und Wind, wie eine Oase aus Asphalt.
    Daneben gab es zwei weitere Visionen, die ihm der Himmel geschickt hatte: die alte, öffentliche Telefonzelle und der Honda, den er vor einer Million Stunden dort abgestellt hatte.
    Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass der Jeep verschwunden war, dass Bolin ihn weggefahren hatte, und so konnte er nur vermuten, dass Bolin es nicht als der Mühe wert erachtet hatte, wo er doch davon ausging, dass Jude inzwischen Fischfutter war.
    Fischfutter ...
    Vor Judes geistigem Auge erschien wieder das unheimliche, halb verfaulte Gesicht.
    Er schüttelte den Kopf, biss die Zähne zusammen und stapfte zum Telefon.
    Eine altmodische Redewendung kam ihm in den Sinn.
    Aus dem letzten Loch pfeifen.
    Während des langen Marschs hatte er versucht, sich abzulenken und ein wenig die Schönheit des Parks zu genießen. Er hoffte, damit seinen Schmerz und seine Müdigkeit ein wenig zu lindern und den Schrecken auszublenden. Dann hatte er die kreischenden Möwen gehört und sich gefragt, ob sie wohl schon an der Leiche des armen Kerls herumpickten. Zu spät fiel ihm ein, dass er den Leichnam mit irgendetwas hätte zudecken sollen, aber er hatte ohnehin nur seine alte Lederjacke, und die brauchte er, um sein eigenes Überleben zu sichern.
    So viel zum Thema Ablenkung.
    Telefon.
    Das Parkplatztor, das – da war Jude sicher – vergangene Nacht offen gestanden hatte, war nun geschlossen, was vermutlich bedeutete, dass irgendjemand in der Nähe war, und diesen Jemand zu finden und ihm alles zu erzählen, damit er die Sache übernehmen konnte, war ein verlockender Gedanke. Doch Jude wusste, dass er mit solch einer Suche nur noch mehr Zeit verschwenden würde. Dazu kam dann noch die Frage, wie es ihm gelingen sollte, einen normalen Menschen davon zu überzeugen, dass er nicht völlig wahnsinnig war, und dass sofort gehandelt und die Polizei angerufen werden musste.
    Letzteres konnte er ohnehin selbst tun, falls das Telefon funktionierte, und da er nun schon so weit gekommen war ...
    Er kramte in der Tasche nach Münzen, doch die waren genauso verschwunden wie das Handy und die Taschenlampe, und seine Knie waren wackelig, und er war nicht sicher, wie lange er sich noch auf den Beinen würde halten können. Außerdem war das Innere der Telefonzelle Vandalen zum Opfer gefallen, und es stank fürchterlich, aber das tat er auch, und das Telefon selbst schien zu funktionieren, und überhaupt ... um die 999 zu wählen, brauchte er keine Münzen.
    Nur dass es noch einen Anruf gab, den er zuerst erledigen wollte.
    Es gab da eine Stimme, die er dringend hören musste, bevor er sich auf das Erklärungsspiel mit der Polizei einließ.
    Jude steckte die Hand in die Gesäßtasche seiner noch immer triefend nassen Jeans, fand tatsächlich eine Pfundmünze, holte sie mit vor Erschöpfung zitternder Hand heraus, nahm den Hörer ab, warf das Geld ein und wählte die Nummer.
    Während es klingelte, fiel ihm ein, dass Alex in London war.
    Also hob er die Hand wieder und wollte den Anruf abbrechen, als jemand abhob.
    »Hallo?«
    Die Stimme war weiblich, gehörte aber nicht Alex.
    »Wer ist da?« Jude klang heiser.
    »Ist das Jude?«
    »Ja. Wer ist da?«
    »Jude, Gott

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