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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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durch’s Mittelländische Meer hatte ihm nicht gestattet sein Vorhaben in Ausführung zu bringen, und er konnte sein Mißbehagen kaum verheimlichen.
    Als die Thüre meines Zimmers geschlossen war, setzte er sich nieder, und sah mich schweigend an.
    »Freund Ned, sagte ich zu ihm, ich verstehe Sie, aber Sie haben sich keinen Vorwurf zu machen. Unter den Umständen der Fahrt des Nautilus wäre der Gedanke an ein Entfliehen Narrheit gewesen!«
    Ned-Land schwieg. Aus seinen zusammengepreßten Lippen, der gerunzelten Stirn konnte man abnehmen, daß er stark von einer fixen Idee befangen war.
    »Sehen wir, fuhr ich fort, es ist noch nichts verloren. Wir fahren längs der portugiesischen Küste, sind nicht weit von Frankreich und England, wo wir leicht eine Zufluchtsstätte finden würden. Ja, wenn der Nautilus, als wir aus der Straße von Gibraltar herauskamen, sogleich südwärts gesteuert wäre; hätte er uns in Gegenden geschleppt, wo die Continente mangeln, so würde ich Ihre Unruhe theilen, aber wir wissen jetzt, der Kapitän Nemo meidet nicht die civilisirten Länder, und ich glaube, daß Sie in einigen Tagen mit einiger Sicherheit werden handeln können.«
    Ned-Land sah mich noch starrer an, öffnete endlich die Lippen und sprach: »Diesen Abend soll’s sein.«
    Ich nahm mich schnell zusammen. Ich war, gestehe ich, auf diese Mittheilung nicht gefaßt. Gerne hätte ich dem Canadier geantwortet, aber es versagten mir die Worte.
    »Wir waren darüber einig, eine Gelegenheit abzuwarten, fuhr Ned-Land fort. Eine solche ist nun da. Wir werden diesen Abend nur einige Meilen von der spanischen Küste entfernt sein. Die Nacht ist dunkel; der Wind weht günstig. Ich habe Ihr Wort, Herr Arronax, und ich rechne auf Sie.«
    Da ich fortwährend schwieg, stand der Canadier auf, trat zu mir heran und sprach:
    »Diesen Abend um neun Uhr. Ich hab’s Conseil schon gesagt. Dann wird der Kapitän Nemo in seiner Kammer sein, und wahrscheinlich schon zu Bette. Weder die Maschinisten, noch jemand von der Mannschaft kann uns sehen. Conseil und ich werden uns auf die Centralleiter begeben; Sie, Herr Arronax, werden in der Bibliothek sich aufhalten und auf mein Signal warten. Ruder, Mast und Segel befinden sich schon im Boot. Ich habe sogar einige Lebensmittel hingeschafft. Ich habe mir einen Schraubenschlüssel verschafft, um das Boot vom Nautilus los zu machen. So ist alles vorbereitet. Also diesen Abend.
    – Das Meer ist nicht günstig, sagte ich.
    – Ich geb’s zu, erwiderte der Canadier, aber man muß es riskiren. Die Freiheit will bezahlt sein. Uebrigens ist das Boot solid, und einige Meilen mit treibendem Wind haben nicht viel auf sich. Wer weiß, ob wir nicht binnen heut’ und morgen hundert Meilen weit in die hohe See kommen? Wenn uns die Umstände günstig sind, werden wir zwischen zehn und elf Uhr an einem Punkt des festen Landes ausgeschifft, oder nicht mehr unter den Lebenden sein. Darum, Gott befohlen, und diesen Abend!«
    Nach dieser Aeußerung zog sich der Canadier zurück und ließ mich in ziemlicher Bestürzung. Ich hatte gedacht, wann der Fall einträte, würde ich Zeit zu überlegen, zum Besprechen haben. Mein starrköpfiger Genosse gestattete mir dies nicht. Was hätte ich ihm auch trotzdem sagen können? Ned-Land hatte hundertmal Recht. Es war beinahe ein günstiger Umstand, den er benutzen wollte. Konnte ich die Verantwortlichkeit übernehmen, aus persönlichem Interesse die Zukunft meiner Gefährten zu beeinträchtigen? Konnte nicht morgen der Kapitän Nemo uns in die weite See hinaus nach allen Weltgegenden hin schleppen?
    In diesem Augenblick gab mir ein ziemlich starkes Zischen zu erkennen, daß die Behälter gefüllt wurden, und der Nautilus tauchte unter in die Atlantischen Wogen.
    Ich blieb auf meinem Zimmer. Ich wollte dem Kapitän aus dem Wege gehen, um die Bewegung, welche mich beherrschte, ihm zu verbergen. So brachte ich einen traurigen Tag hin im Schwanken zwischen dem Wunsch, wieder in Besitz meiner freien Verfügung über mich zu gelangen, und dem Bedauern, diesen merkwürdigen Nautilus zu verlassen, ohne meine unterseeischen Studien zu vollenden; diesen meinen Ocean, wie ich ihn schon gerne nannte, ohne seine tiefsten Schichten untersucht, ohne die Geheimnisse, welche mir die Gewässer der Indischen Meere und des Stillen Oceans enthüllt hatten, auch ihm abzulauschen! Mein Roman fiel mir beim ersten Band aus den Händen, mein Traum zerrann im schönsten Moment! Schlimme Stunden waren dies,

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