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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Sturme auszuweichen, zog es mit unbegreiflicher Laune vor, demselben auf der Oberfläche Trotz zu bieten.
    Der Wind wehte aus Südwest, anfangs sehr frisch, d.h. mit einer Geschwindigkeit von fünfzehn Meter in der Secunde, und stieg gegen drei Uhr Nachmittags bis auf fünfundzwanzig, der Ziffer des Sturmes.
    Der Kapitän Nemo, gegen die Windstöße unerschütterlich, nahm seinen Platz auf der Plateform. Um dem Andringen ungeheurer Wogen widerstehen zu können, hatte er sich mit halbem Körper angebunden; ich folgte seinem Beispiel, um diesen Sturm zu bewundern, und zugleich den unvergleichlichen Mann, welcher ihm Trotz bot.
    Das entfesselte Meer wurde von großen Fetzen Gewölk, das in seine Fluthen tauchte, wie mit Besen gefegt.
    Von den kleinen mittleren Wellen, welche sich innerhalb der großen Höhlungen bilden, sah ich nichts mehr: nichts als lange rußfarbige Wogen, die so dicht sind, daß sich ihre Spitze nicht bricht. Sie nahmen an Höhe zu, thürmten sich gegen einander auf. Der Nautilus, bald auf der Seite liegend, bald wie ein Mast sich aufbäumend, schwankte und stampfte fürchterlich.
    Gegen fünf Uhr fiel ein Regen gleich einem reißenden Bergstrom; aber er stillte weder den Wind, noch das Meer. Der Orkan brach los mit einer Schnelligkeit von fünfundvierzig Meter die Secunde, d.h. bei vierzig Lieues in der Stunde. Bei solcher Stärke reißt er Häuser zu Boden, schleudert die Dachziegel durch die Thüren, zerbricht eiserne Gitter, rückt Vierundzwanzigpfünder-Kanonen von ihrer Stelle. Der Nautilus trotzte diesem Sturme, und rechtfertigte das Wort eines geschickten Ingenieurs: »Ein Schiff ist nicht richtig gebaut, wenn es nicht dem Meer Trotz bieten kann!« Es war nicht ein Fels, den solche Wogen zertrümmert hätten; es war eine Spindel von Stahl, folgsam und beweglich, ohne Takelwerk und Maste, gefahrlos ihrer Wuth trotzend.
    Inzwischen beobachtete ich achtsam diese entfesselten Wogen. Sie waren bis fünfzehn Meter hoch bei einer Länge von hundertundfünfzig bis hundertfünfundsiebenzig Meter, und die Geschwindigkeit, womit sie sich fortschoben, der des Windes zur Hälfte entsprechend, betrug fünfzehn Meter in der Secunde. Ihr Umfang und ihre Stärke wuchsen mit der Tiefe der Gewässer.
    Die Stärke des Sturmes nahm beim Herannahen der Nacht zu. Das Barometer sank bis auf siebenhundertundzehn Millimeter. Mit dem Sinken des Tages gewahrte ich am Horizont ein großes Schiff, das fürchterlich ankämpfte.
    Es war wohl ein Dampfer der Linie New-York, Liverpool oder Havre.
    Um zehn Uhr Abends war der Himmel wie in Feuer und Flammen, die Atmosphäre von Blitzen durchzuckt. Ich konnte den blendenden Glanz derselben nicht aushalten, während der Kapitän Nemo mit unverwandtem Blick die Seele des Sturmes in sich einzuathmen schien. Ein entsetzliches Getöse füllte die Luft, ein zusammengesetztes aus dem Tosen der gebrochenen Wellen, dem Heulen des Sturmwinds, dem Rollen des Donners. Der Wind sprang von allen Seiten des Horizonts über.
    Ja! dieser Golfstrom rechtfertigt wohl die Benennung König der Stürme! Er verursacht die fürchterlichen Wirbelwinde durch die Verschiedenheit der Temperatur der Luftschichten, welche über seiner Strömung sich befinden.
    Auf den Platzregen folgte ein Feuerregen. Die Wassertropfen verwandelten sich in leuchtende Strahlenbüschel. Man hätte meinen sollen, der Kapitän Nemo, nach einem Tode trachtend, der seiner würdig wäre, wolle vom Blitz getroffen werden. Bei einer erschrecklichen Stampfbewegung streckte der Nautilus seinen stählernen Schnabel in die Höhe gleich dem Schaft eines Blitzableiters, und ich sah lange Funken aus ihm sprühen.
    Erschöpft an Kräften rutschte ich auf plattem Leibe der Lucke zu, öffnete und stieg hinab in den Salon. Das Gewitter war eben auf dem Höhepunkt seiner Stärke. Im Inneren des Nautilus war es unmöglich, sich auf den Beinen zu halten.
    Der Kapitän Nemo erschien gegen Mitternacht wieder. Ich hörte, wie die Behälter sich allmälig füllten, und der Nautilus tauchte gemach unter die Oberfläche der Wellen.
    Durch die unverdeckten Fenster des Salons sah ich große Fische voll Bestürzung, die gleich Phantomen in den feurigen Gewässern schwammen. Einige wurden vor meinen Augen vom Blitz getroffen!
    Der Nautilus senkte sich fortwährend. Ich dachte, er werde in einer Tiefe von fünfzehn Meter wieder ruhiges Wasser finden. Nein. Die oberen Schichten waren zu gewaltig aufgeregt. Man mußte die Ruhe bis in der Tiefe von fünfzig

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