Zwei Jahre Ferien
daran, daß dieselben völlig flach waren. Der erkannte weißliche Fleck aber gehörte einem der Gletscher des Inneren an, und der flammende Berg war nur ein Vulkan der Magellans-Länder.
Uebrigens hatte, wie Briant bei aufmerksamer Betrachtung der Karte bemerkte, der Zufall sie immer nur nach solchen Punkten der Küste geführt, welche von den Nachbarinseln verhältnißmäßig entfernt lagen. Vielleicht hätte Doniphan bei seinem Besuche der Severn-shores die Südspitze der Insel Chatam erkennen müssen, wenn der von den Dunstmassen des bald ausbrechenden Sturmes erfüllte Horizont nicht blos in beschränktem Umkreise sichtbar gewesen wäre. Was die Deception-Bai angeht, welche ziemlich tief in die Insel Hannover einschneidet, so konnte man weder von der Mündung des East-river, noch vom Gipfel des Bear-rock etwas von dem im Osten gelegenen Eilande sehen, noch weniger natürlich von der Insel Esperance, welche etwa zwanzig Meilen weit entfernt liegt. Um die benachbarten Ländergebiete wahrnehmen zu können, hätte man sich nach dem North-Cape begeben müssen, von wo aus die untersten Theile der Insel Chatam und der Insel Madre de Dios jenseits der Conceptions-Straße sichtbar gewesen wären; oder nach dem South-Cape, von wo aus man die Spitzen der Insel der Königin Adelaide oder Cambridge hätte wahrzunehmen vermocht; oder endlich nach dem äußersten Küstenpunkte der Down-lands, welche die Höhe der Insel Owen oder die Gletscher der Länder im Südosten beherrschen.
Die jungen Colonisten hatten ihre Streifzüge jedoch niemals bis zu diesen entfernten Punkten ausgedehnt. Was die Karte François Baudoin’s betraf, so konnte sich Evans allerdings nicht erklären, warum jene Inseln und Ländermassen auf ihr nicht verzeichnet standen. Da der französische Schiffbrüchige im Stande gewesen war, die Umfassungslinie der Insel Hannover so richtig wiederzugeben, mußte er um dieselbe doch ganz herumgekommen sein. Sollte man nun annehmen, daß gerade bei seinem Besuche der genannten Punkte der bedeckte Himmel seinen Gesichtskreis auf nur wenige Meilen beschränkt hatte? Das war mindestens nicht unglaublich.
Und wenn es nun gelang, sich der Schaluppe vom »Severn« zu bemächtigen und diese wieder auszubessern, nach welcher Seite hin würde Evans sie wohl führen?
Diese Frage richtete Gordon gelegentlich an den Steuermann.
»Meine lieben Freunde, antwortete Evans, ich würde weder nach Norden, noch nach Osten hin zu segeln suchen. Je weiter wir zu Wasser gelangen können, desto besser. Gewiß könnte uns die Schaluppe bei günstigem Winde nach irgend einem Hafen Chiles bringen, wo wir sicherlich den besten Empfang fänden. Der Seegang an diesen Küsten ist aber stets ziemlich schwer, während die Canäle des Archipels uns immer eine bequeme Fahrt gestatten.
– Gewiß, erklärte Briant. Doch werden wir in jenen Gegenden auch Niederlassungen antreffen und in solchen Niederlassungen Gelegenheit, in die Heimat zurückzukehren?
– Daran zweifle ich nicht, erwiderte Evans. Hier, betrachtet einmal diese Karte. Wenn wir die Durchfahrten des Archipels der Königin Adelaide hinter uns haben, wohin gelangen wir dann durch den Smyth-Canal? In die Magellan-Straße, nicht wahr? Nun, ziemlich am Eingange der Meerenge liegt hier der Hafen Tamar, der zu Desolations-Land gehört, und hier wären wir schon so gut wie auf dem Rückwege.
– Ja, doch wenn wir daselbst kein Schiff finden, antwortete Briant, wollen wir da warten, bis eins vorüberkommt?
– Nein, Herr Briant. Folgen Sie mir nur etwas weiter durch die Magellan-Straße. Sehen Sie hier die große Halbinsel Braunschweig?… Hier, im Hintergrunde der Fortescue-Bai, im Port Galant, legen die Schiffe sehr häufig bei. Müßten wir noch weiter segeln und das Cap Forward im Süden der Halbinsel umschiffen, so finden wir da die Bougainville-Bai, wo die meisten Fahrzeuge anhalten, welche die Meerenge passiren. Ueber diesen Punkt hinaus liegt ferner noch Port Famine (der Hungerhafen), nördlich von Punta Arena.«
Der Steuermann hatte ganz Recht. Einmal in der Meerenge, mußte die Schaluppe zahlreiche Ankerplätze finden. Unter solchen Verhältnissen schien die Heimkehr gesichert, ohne zu erwähnen, daß man ja schon unterwegs Schiffe auf dem Wege nach Australien oder Neuseeland treffen konnte. Wenn Port-Tamar, Port-Galant und Port-Famine zwar nur wenig Hilfsquellen bieten, so ist Punta-Arena dagegen mit Allem versehen, was zur Nothdurft des Leibes und Lebens gehört. Diese
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